Jetzt wandte er sich, und mir kam aller Muth wieder, als ich ein fremdes Gesicht mit schwarzem verwildertem Barte erblickte, aus dessen Augen der gedankenlose Wahnsinn lachte: gewisse Züge erinnerten entfernt an Hermogen. -- Ich beschloß abzuwarten, was der Unbekannte beginnen werde, und nur irgend einer schädlichen Unternehmung Ein¬ halt zu thun. Mein Stilet lag neben mir, ich war deshalb und schon meiner körperli¬ chen Leibesstärke wegen, auf die ich bauen konnte, auch ohne weitere Hülfe des Frem¬ den mächtig. Er schien mit meinen Sachen wie ein Kind zu spielen, vorzüglich hatte er Freude an dem rothen Portefeuille, das er hin und her gegen das Fenster wandte, und dabei auf seltsame Weise in die Höhe sprang. Endlich fand er die Korbflasche mit dem Rest des geheimnißvollen Weins; er öffnete sie und roch daran, da bebte es ihm durch alle Glieder, er stieß einen Schrei aus, der dumpf und grauenvoll im Zimmer wieder klang.
Jetzt wandte er ſich, und mir kam aller Muth wieder, als ich ein fremdes Geſicht mit ſchwarzem verwildertem Barte erblickte, aus deſſen Augen der gedankenloſe Wahnſinn lachte: gewiſſe Zuͤge erinnerten entfernt an Hermogen. — Ich beſchloß abzuwarten, was der Unbekannte beginnen werde, und nur irgend einer ſchaͤdlichen Unternehmung Ein¬ halt zu thun. Mein Stilet lag neben mir, ich war deshalb und ſchon meiner koͤrperli¬ chen Leibesſtaͤrke wegen, auf die ich bauen konnte, auch ohne weitere Huͤlfe des Frem¬ den maͤchtig. Er ſchien mit meinen Sachen wie ein Kind zu ſpielen, vorzuͤglich hatte er Freude an dem rothen Portefeuille, das er hin und her gegen das Fenſter wandte, und dabei auf ſeltſame Weiſe in die Hoͤhe ſprang. Endlich fand er die Korbflaſche mit dem Reſt des geheimnißvollen Weins; er oͤffnete ſie und roch daran, da bebte es ihm durch alle Glieder, er ſtieß einen Schrei aus, der dumpf und grauenvoll im Zimmer wieder klang.
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Jetzt wandte er ſich, und mir kam aller
Muth wieder, als ich ein fremdes Geſicht
mit ſchwarzem verwildertem Barte erblickte,
aus deſſen Augen der gedankenloſe Wahnſinn
lachte: gewiſſe Zuͤge erinnerten entfernt an
Hermogen. — Ich beſchloß abzuwarten, was
der Unbekannte beginnen werde, und nur
irgend einer ſchaͤdlichen Unternehmung Ein¬
halt zu thun. Mein Stilet lag neben mir,
ich war deshalb und ſchon meiner koͤrperli¬
chen Leibesſtaͤrke wegen, auf die ich bauen
konnte, auch ohne weitere Huͤlfe des Frem¬
den maͤchtig. Er ſchien mit meinen Sachen
wie ein Kind zu ſpielen, vorzuͤglich hatte er
Freude an dem rothen Portefeuille, das er
hin und her gegen das Fenſter wandte, und
dabei auf ſeltſame Weiſe in die Hoͤhe ſprang.
Endlich fand er die Korbflaſche mit dem Reſt
des geheimnißvollen Weins; er oͤffnete ſie
und roch daran, da bebte es ihm durch alle
Glieder, er ſtieß einen Schrei aus, der dumpf
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/274>, abgerufen am 26.11.2024.
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