Die Dämmerung war eingebrochen, und wir standen vor dem Gebüsch, in dem die Hüh¬ ner liegen sollten; der Förster stellte mich auf meinen Platz, schärfte mir ein, weder zu sprechen, noch sonst mich viel zu regen, und mit gespanntem Hahn recht sorglich zu lau¬ schen. Die Jäger schlichen leise auf ihre Plätze, und ich stand einsam in der Dunkel¬ heit, die immer mehr zunahm. -- Da traten Gestalten aus meinem Leben hervor im dü¬ stern Walde. Ich sah meine Mutter, die Aebtissin, sie schauten mich an mit strafen¬ den Blicken. -- Euphemie rauschte auf mich zu mit todtenbleichem Gesicht, und starrte mich an mit ihren schwarzen glühenden Au¬ gen, sie erhob ihre blutigen Hände, mir dro¬ hend, ach es waren Blutstropfen Hermogens Todeswunde entquollen, ich schrie auf! -- Da schwirrte es über mir in starkem Flügelschlag, ich schoß blindlings in die Luft, und zwei Hühner stürzten getroffen herab. "Bravo!"
Die Daͤmmerung war eingebrochen, und wir ſtanden vor dem Gebuͤſch, in dem die Huͤh¬ ner liegen ſollten; der Foͤrſter ſtellte mich auf meinen Platz, ſchaͤrfte mir ein, weder zu ſprechen, noch ſonſt mich viel zu regen, und mit geſpanntem Hahn recht ſorglich zu lau¬ ſchen. Die Jaͤger ſchlichen leiſe auf ihre Plaͤtze, und ich ſtand einſam in der Dunkel¬ heit, die immer mehr zunahm. — Da traten Geſtalten aus meinem Leben hervor im duͤ¬ ſtern Walde. Ich ſah meine Mutter, die Aebtiſſin, ſie ſchauten mich an mit ſtrafen¬ den Blicken. — Euphemie rauſchte auf mich zu mit todtenbleichem Geſicht, und ſtarrte mich an mit ihren ſchwarzen gluͤhenden Au¬ gen, ſie erhob ihre blutigen Haͤnde, mir dro¬ hend, ach es waren Blutstropfen Hermogens Todeswunde entquollen, ich ſchrie auf! — Da ſchwirrte es uͤber mir in ſtarkem Fluͤgelſchlag, ich ſchoß blindlings in die Luft, und zwei Huͤhner ſtuͤrzten getroffen herab. „Bravo!“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0301"n="285"/>
Die Daͤmmerung war eingebrochen, und wir<lb/>ſtanden vor dem Gebuͤſch, in dem die Huͤh¬<lb/>
ner liegen ſollten; der Foͤrſter ſtellte mich auf<lb/>
meinen Platz, ſchaͤrfte mir ein, weder zu<lb/>ſprechen, noch ſonſt mich viel zu regen, und<lb/>
mit geſpanntem Hahn recht ſorglich zu lau¬<lb/>ſchen. Die Jaͤger ſchlichen leiſe auf ihre<lb/>
Plaͤtze, und ich ſtand einſam in der Dunkel¬<lb/>
heit, die immer mehr zunahm. — Da traten<lb/>
Geſtalten aus meinem Leben hervor im duͤ¬<lb/>ſtern Walde. Ich ſah meine Mutter, die<lb/>
Aebtiſſin, ſie ſchauten mich an mit ſtrafen¬<lb/>
den Blicken. — Euphemie rauſchte auf mich<lb/>
zu mit todtenbleichem Geſicht, und ſtarrte<lb/>
mich an mit ihren ſchwarzen gluͤhenden Au¬<lb/>
gen, ſie erhob ihre blutigen Haͤnde, mir dro¬<lb/>
hend, ach es waren Blutstropfen Hermogens<lb/>
Todeswunde entquollen, ich ſchrie auf! — Da<lb/>ſchwirrte es uͤber mir in ſtarkem Fluͤgelſchlag,<lb/>
ich ſchoß blindlings in die Luft, und zwei<lb/>
Huͤhner ſtuͤrzten getroffen herab. „Bravo!“<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[285/0301]
Die Daͤmmerung war eingebrochen, und wir
ſtanden vor dem Gebuͤſch, in dem die Huͤh¬
ner liegen ſollten; der Foͤrſter ſtellte mich auf
meinen Platz, ſchaͤrfte mir ein, weder zu
ſprechen, noch ſonſt mich viel zu regen, und
mit geſpanntem Hahn recht ſorglich zu lau¬
ſchen. Die Jaͤger ſchlichen leiſe auf ihre
Plaͤtze, und ich ſtand einſam in der Dunkel¬
heit, die immer mehr zunahm. — Da traten
Geſtalten aus meinem Leben hervor im duͤ¬
ſtern Walde. Ich ſah meine Mutter, die
Aebtiſſin, ſie ſchauten mich an mit ſtrafen¬
den Blicken. — Euphemie rauſchte auf mich
zu mit todtenbleichem Geſicht, und ſtarrte
mich an mit ihren ſchwarzen gluͤhenden Au¬
gen, ſie erhob ihre blutigen Haͤnde, mir dro¬
hend, ach es waren Blutstropfen Hermogens
Todeswunde entquollen, ich ſchrie auf! — Da
ſchwirrte es uͤber mir in ſtarkem Fluͤgelſchlag,
ich ſchoß blindlings in die Luft, und zwei
Huͤhner ſtuͤrzten getroffen herab. „Bravo!“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/301>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.