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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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wie Sie heute gesehen haben, ruhig an den
Tisch, und ißt von den ungenießbaren Spei¬
sen für drei Mann. Jedes Jahr erhält er
einen starken Wechsel; dann sagt er mir ganz
wehmüthig Lebewohl, er nennt mich seinen
besten Freund, und vergießt Thränen, wobei
mir auch die Thränen über die Backen lau¬
fen, aber vor unterdrücktem Lachen. Nach¬
dem er noch, Lebens und Sterbens halber, sei¬
nen letzten Willen aufgesetzt, und, wie er
sagt, meiner ältesten Tochter sein Vermögen
vermacht hat, reitet er ganz langsam und
betrübt nach der Stadt. Den dritten oder
höchstens vierten Tag ist er aber wieder hier,
und bringt zwei Kaffebraune Röcke, drei
fuchsrothe Perrücken, eine gleißender, wie die
andere, sechs Hemden, einen neuen grauen
Hut und andere Bedürfnisse seines Anzuges,
meiner ältesten Tochter, seiner Lieblingin, aber
ein Tütchen Zuckerwerk mit, wie einem Kinde,
unerachtet sie nun schon achtzehn Jahr alt
worden. Er denkt dann weder an seinen

wie Sie heute geſehen haben, ruhig an den
Tiſch, und ißt von den ungenießbaren Spei¬
ſen fuͤr drei Mann. Jedes Jahr erhaͤlt er
einen ſtarken Wechſel; dann ſagt er mir ganz
wehmuͤthig Lebewohl, er nennt mich ſeinen
beſten Freund, und vergießt Thraͤnen, wobei
mir auch die Thraͤnen uͤber die Backen lau¬
fen, aber vor unterdruͤcktem Lachen. Nach¬
dem er noch, Lebens und Sterbens halber, ſei¬
nen letzten Willen aufgeſetzt, und, wie er
ſagt, meiner aͤlteſten Tochter ſein Vermoͤgen
vermacht hat, reitet er ganz langſam und
betruͤbt nach der Stadt. Den dritten oder
hoͤchſtens vierten Tag iſt er aber wieder hier,
und bringt zwei Kaffebraune Roͤcke, drei
fuchsrothe Perruͤcken, eine gleißender, wie die
andere, ſechs Hemden, einen neuen grauen
Hut und andere Beduͤrfniſſe ſeines Anzuges,
meiner aͤlteſten Tochter, ſeiner Lieblingin, aber
ein Tuͤtchen Zuckerwerk mit, wie einem Kinde,
unerachtet ſie nun ſchon achtzehn Jahr alt
worden. Er denkt dann weder an ſeinen

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[341/0357] wie Sie heute geſehen haben, ruhig an den Tiſch, und ißt von den ungenießbaren Spei¬ ſen fuͤr drei Mann. Jedes Jahr erhaͤlt er einen ſtarken Wechſel; dann ſagt er mir ganz wehmuͤthig Lebewohl, er nennt mich ſeinen beſten Freund, und vergießt Thraͤnen, wobei mir auch die Thraͤnen uͤber die Backen lau¬ fen, aber vor unterdruͤcktem Lachen. Nach¬ dem er noch, Lebens und Sterbens halber, ſei¬ nen letzten Willen aufgeſetzt, und, wie er ſagt, meiner aͤlteſten Tochter ſein Vermoͤgen vermacht hat, reitet er ganz langſam und betruͤbt nach der Stadt. Den dritten oder hoͤchſtens vierten Tag iſt er aber wieder hier, und bringt zwei Kaffebraune Roͤcke, drei fuchsrothe Perruͤcken, eine gleißender, wie die andere, ſechs Hemden, einen neuen grauen Hut und andere Beduͤrfniſſe ſeines Anzuges, meiner aͤlteſten Tochter, ſeiner Lieblingin, aber ein Tuͤtchen Zuckerwerk mit, wie einem Kinde, unerachtet ſie nun ſchon achtzehn Jahr alt worden. Er denkt dann weder an ſeinen

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/357>, abgerufen am 27.11.2024.