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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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beschloß, das Werk, das er aus Abscheu
gegen alle christliche Heiligen nicht unterneh¬
men wollte, nun schnell zu vollenden um
das Geld zu erhalten. Er gedachte die Heili¬
ge nackt, und in Form und Bildung des Ge¬
sichts jenem Venusbilde gleich, darzustellen.
Der Entwurf gerieth über die Maaßen wohl,
und die frevelichen Jünglinge priesen hoch
Francesko's verruchten Einfall, den frommen
Mönchen, statt der christlichen Heiligen, ein
heidnisches Götzenbild in die Kirche zu stel¬
len. Aber wie Francesko zu malen begann,
siehe, da gestaltete sich alles anders, als er
es in Sinn und Gedanken getragen, und ein
mächtigerer Geist überwältigte den Geist der
schnöden Lüge der ihn beherrscht hatte. Das
Gesicht eines Engels aus dem hohen Him¬
melreiche fing an, aus düstern Nebeln her¬
vor zu dämmern; aber als wie von scheuer
Angst, das Heilige zu verletzen und dann
dem Strafgericht des Herrn zu erliegen, er¬
griffen, wagte Francesko nicht, das Gesicht

beſchloß, das Werk, das er aus Abſcheu
gegen alle chriſtliche Heiligen nicht unterneh¬
men wollte, nun ſchnell zu vollenden um
das Geld zu erhalten. Er gedachte die Heili¬
ge nackt, und in Form und Bildung des Ge¬
ſichts jenem Venusbilde gleich, darzuſtellen.
Der Entwurf gerieth uͤber die Maaßen wohl,
und die frevelichen Juͤnglinge prieſen hoch
Francesko's verruchten Einfall, den frommen
Moͤnchen, ſtatt der chriſtlichen Heiligen, ein
heidniſches Goͤtzenbild in die Kirche zu ſtel¬
len. Aber wie Francesko zu malen begann,
ſiehe, da geſtaltete ſich alles anders, als er
es in Sinn und Gedanken getragen, und ein
maͤchtigerer Geiſt uͤberwaͤltigte den Geiſt der
ſchnoͤden Luͤge der ihn beherrſcht hatte. Das
Geſicht eines Engels aus dem hohen Him¬
melreiche fing an, aus duͤſtern Nebeln her¬
vor zu daͤmmern; aber als wie von ſcheuer
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dem Strafgericht des Herrn zu erliegen, er¬
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[212/0220] beſchloß, das Werk, das er aus Abſcheu gegen alle chriſtliche Heiligen nicht unterneh¬ men wollte, nun ſchnell zu vollenden um das Geld zu erhalten. Er gedachte die Heili¬ ge nackt, und in Form und Bildung des Ge¬ ſichts jenem Venusbilde gleich, darzuſtellen. Der Entwurf gerieth uͤber die Maaßen wohl, und die frevelichen Juͤnglinge prieſen hoch Francesko's verruchten Einfall, den frommen Moͤnchen, ſtatt der chriſtlichen Heiligen, ein heidniſches Goͤtzenbild in die Kirche zu ſtel¬ len. Aber wie Francesko zu malen begann, ſiehe, da geſtaltete ſich alles anders, als er es in Sinn und Gedanken getragen, und ein maͤchtigerer Geiſt uͤberwaͤltigte den Geiſt der ſchnoͤden Luͤge der ihn beherrſcht hatte. Das Geſicht eines Engels aus dem hohen Him¬ melreiche fing an, aus duͤſtern Nebeln her¬ vor zu daͤmmern; aber als wie von ſcheuer Angſt, das Heilige zu verletzen und dann dem Strafgericht des Herrn zu erliegen, er¬ griffen, wagte Francesko nicht, das Geſicht

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/220>, abgerufen am 26.11.2024.