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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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zu vollenden, und um den nackt gezeichneten
Körper legten in anmuthigen Falten sich züch¬
tige Gewänder, ein dunkelrothes Kleid und
ein azurblauer Mantel. Die Capuzinermön¬
che hatten in dem Schreiben an den Maler
Francesko nur des Bildes der heiligen Ro¬
salia gedacht, ohne weiter zu bestimmen, ob
dabei nicht eine denkwürdige Geschichte ihres
Lebens der Vorwurf des Malers seyn solle,
und eben daher hatte Francesko auch nur
in der Mitte des Blatts die Gestalt der Hei¬
ligen entworfen; aber nun mahlte er, vom
Geiste getrieben, allerlei Figuren rings um¬
her, die sich wunderbarlich zusammenfügten,
um das Martyrium der Heiligen darzustellen.
Francesko war in sein Bild ganz und gar
versunken, oder vielmehr das Bild war selbst
der mächtige Geist worden, der ihn mit star¬
ken Armen umfaßte und emporhielt über
das freveliche Weltleben, das er bisher ge¬
trieben. Nicht zu vollenden vermochte er
aber das Gesicht der Heiligen, und das wur¬

zu vollenden, und um den nackt gezeichneten
Koͤrper legten in anmuthigen Falten ſich zuͤch¬
tige Gewaͤnder, ein dunkelrothes Kleid und
ein azurblauer Mantel. Die Capuzinermoͤn¬
che hatten in dem Schreiben an den Maler
Francesko nur des Bildes der heiligen Ro¬
ſalia gedacht, ohne weiter zu beſtimmen, ob
dabei nicht eine denkwuͤrdige Geſchichte ihres
Lebens der Vorwurf des Malers ſeyn ſolle,
und eben daher hatte Francesko auch nur
in der Mitte des Blatts die Geſtalt der Hei¬
ligen entworfen; aber nun mahlte er, vom
Geiſte getrieben, allerlei Figuren rings um¬
her, die ſich wunderbarlich zuſammenfuͤgten,
um das Martyrium der Heiligen darzuſtellen.
Francesko war in ſein Bild ganz und gar
verſunken, oder vielmehr das Bild war ſelbſt
der maͤchtige Geiſt worden, der ihn mit ſtar¬
ken Armen umfaßte und emporhielt uͤber
das freveliche Weltleben, das er bisher ge¬
trieben. Nicht zu vollenden vermochte er
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[213/0221] zu vollenden, und um den nackt gezeichneten Koͤrper legten in anmuthigen Falten ſich zuͤch¬ tige Gewaͤnder, ein dunkelrothes Kleid und ein azurblauer Mantel. Die Capuzinermoͤn¬ che hatten in dem Schreiben an den Maler Francesko nur des Bildes der heiligen Ro¬ ſalia gedacht, ohne weiter zu beſtimmen, ob dabei nicht eine denkwuͤrdige Geſchichte ihres Lebens der Vorwurf des Malers ſeyn ſolle, und eben daher hatte Francesko auch nur in der Mitte des Blatts die Geſtalt der Hei¬ ligen entworfen; aber nun mahlte er, vom Geiſte getrieben, allerlei Figuren rings um¬ her, die ſich wunderbarlich zuſammenfuͤgten, um das Martyrium der Heiligen darzuſtellen. Francesko war in ſein Bild ganz und gar verſunken, oder vielmehr das Bild war ſelbſt der maͤchtige Geiſt worden, der ihn mit ſtar¬ ken Armen umfaßte und emporhielt uͤber das freveliche Weltleben, das er bisher ge¬ trieben. Nicht zu vollenden vermochte er aber das Geſicht der Heiligen, und das wur¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/221>, abgerufen am 26.11.2024.