de ihm zu einer höllischen Qual, die, wie mit spitzen Stacheln, in sein inneres Gemüth bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬ bildes, wohl aber war es ihm, als sähe er den alten Meister Leonardo, der ihn anblick¬ te mit kläglicher Geberde, und ganz ängst¬ lich und schmerzlich sprach: Ach, ich wollte Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du mußt erst entsagen allem sündhaften Streben, und in tiefer Reue und Demuth die Für¬ bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du gefrevelt hast. -- Die Jünglinge, welche Francesko so lange geflohen, suchten ihn auf in seiner Werkstatt und fanden ihn, wie ei¬ nen ohnmächtigen Kranken, ausgestreckt auf seinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬ nen seine Noth klagte, wie er, als ha¬ be ein böser Geist seine Kraft gebrochen, nicht das Bild der heiligen Rosalia fertig zu machen vermöge, da lachten sie alle auf und sprachen: "ey mein Bruder, wie bist Du denn mit einem mahl so krank worden? --
de ihm zu einer hoͤlliſchen Qual, die, wie mit ſpitzen Stacheln, in ſein inneres Gemuͤth bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬ bildes, wohl aber war es ihm, als ſaͤhe er den alten Meiſter Leonardo, der ihn anblick¬ te mit klaͤglicher Geberde, und ganz aͤngſt¬ lich und ſchmerzlich ſprach: Ach, ich wollte Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du mußt erſt entſagen allem ſuͤndhaften Streben, und in tiefer Reue und Demuth die Fuͤr¬ bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du gefrevelt haſt. — Die Juͤnglinge, welche Francesko ſo lange geflohen, ſuchten ihn auf in ſeiner Werkſtatt und fanden ihn, wie ei¬ nen ohnmaͤchtigen Kranken, ausgeſtreckt auf ſeinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬ nen ſeine Noth klagte, wie er, als ha¬ be ein boͤſer Geiſt ſeine Kraft gebrochen, nicht das Bild der heiligen Roſalia fertig zu machen vermoͤge, da lachten ſie alle auf und ſprachen: „ey mein Bruder, wie biſt Du denn mit einem mahl ſo krank worden? —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0222"n="214"/>
de ihm zu einer hoͤlliſchen Qual, die, wie<lb/>
mit ſpitzen Stacheln, in ſein inneres Gemuͤth<lb/>
bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬<lb/>
bildes, wohl aber war es ihm, als ſaͤhe er<lb/>
den alten Meiſter Leonardo, der ihn anblick¬<lb/>
te mit klaͤglicher Geberde, und ganz aͤngſt¬<lb/>
lich und ſchmerzlich ſprach: Ach, ich wollte<lb/>
Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du<lb/>
mußt erſt entſagen allem ſuͤndhaften Streben,<lb/>
und in tiefer Reue und Demuth die Fuͤr¬<lb/>
bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du<lb/>
gefrevelt haſt. — Die Juͤnglinge, welche<lb/>
Francesko ſo lange geflohen, ſuchten ihn auf<lb/>
in ſeiner Werkſtatt und fanden ihn, wie ei¬<lb/>
nen ohnmaͤchtigen Kranken, ausgeſtreckt auf<lb/>ſeinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬<lb/>
nen ſeine Noth klagte, wie er, als ha¬<lb/>
be ein boͤſer Geiſt ſeine Kraft gebrochen,<lb/>
nicht das Bild der heiligen Roſalia fertig zu<lb/>
machen vermoͤge, da lachten ſie alle auf und<lb/>ſprachen: „ey mein Bruder, wie biſt Du<lb/>
denn mit einem mahl ſo krank worden? —<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[214/0222]
de ihm zu einer hoͤlliſchen Qual, die, wie
mit ſpitzen Stacheln, in ſein inneres Gemuͤth
bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬
bildes, wohl aber war es ihm, als ſaͤhe er
den alten Meiſter Leonardo, der ihn anblick¬
te mit klaͤglicher Geberde, und ganz aͤngſt¬
lich und ſchmerzlich ſprach: Ach, ich wollte
Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du
mußt erſt entſagen allem ſuͤndhaften Streben,
und in tiefer Reue und Demuth die Fuͤr¬
bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du
gefrevelt haſt. — Die Juͤnglinge, welche
Francesko ſo lange geflohen, ſuchten ihn auf
in ſeiner Werkſtatt und fanden ihn, wie ei¬
nen ohnmaͤchtigen Kranken, ausgeſtreckt auf
ſeinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬
nen ſeine Noth klagte, wie er, als ha¬
be ein boͤſer Geiſt ſeine Kraft gebrochen,
nicht das Bild der heiligen Roſalia fertig zu
machen vermoͤge, da lachten ſie alle auf und
ſprachen: „ey mein Bruder, wie biſt Du
denn mit einem mahl ſo krank worden? —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/222>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.