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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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de ihm zu einer höllischen Qual, die, wie
mit spitzen Stacheln, in sein inneres Gemüth
bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬
bildes, wohl aber war es ihm, als sähe er
den alten Meister Leonardo, der ihn anblick¬
te mit kläglicher Geberde, und ganz ängst¬
lich und schmerzlich sprach: Ach, ich wollte
Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du
mußt erst entsagen allem sündhaften Streben,
und in tiefer Reue und Demuth die Für¬
bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du
gefrevelt hast. -- Die Jünglinge, welche
Francesko so lange geflohen, suchten ihn auf
in seiner Werkstatt und fanden ihn, wie ei¬
nen ohnmächtigen Kranken, ausgestreckt auf
seinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬
nen seine Noth klagte, wie er, als ha¬
be ein böser Geist seine Kraft gebrochen,
nicht das Bild der heiligen Rosalia fertig zu
machen vermöge, da lachten sie alle auf und
sprachen: "ey mein Bruder, wie bist Du
denn mit einem mahl so krank worden? --

de ihm zu einer hoͤlliſchen Qual, die, wie
mit ſpitzen Stacheln, in ſein inneres Gemuͤth
bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬
bildes, wohl aber war es ihm, als ſaͤhe er
den alten Meiſter Leonardo, der ihn anblick¬
te mit klaͤglicher Geberde, und ganz aͤngſt¬
lich und ſchmerzlich ſprach: Ach, ich wollte
Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du
mußt erſt entſagen allem ſuͤndhaften Streben,
und in tiefer Reue und Demuth die Fuͤr¬
bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du
gefrevelt haſt. — Die Juͤnglinge, welche
Francesko ſo lange geflohen, ſuchten ihn auf
in ſeiner Werkſtatt und fanden ihn, wie ei¬
nen ohnmaͤchtigen Kranken, ausgeſtreckt auf
ſeinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬
nen ſeine Noth klagte, wie er, als ha¬
be ein boͤſer Geiſt ſeine Kraft gebrochen,
nicht das Bild der heiligen Roſalia fertig zu
machen vermoͤge, da lachten ſie alle auf und
ſprachen: „ey mein Bruder, wie biſt Du
denn mit einem mahl ſo krank worden? —

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[214/0222] de ihm zu einer hoͤlliſchen Qual, die, wie mit ſpitzen Stacheln, in ſein inneres Gemuͤth bohrte. Er gedachte nicht mehr des Venus¬ bildes, wohl aber war es ihm, als ſaͤhe er den alten Meiſter Leonardo, der ihn anblick¬ te mit klaͤglicher Geberde, und ganz aͤngſt¬ lich und ſchmerzlich ſprach: Ach, ich wollte Dir wohl helfen, aber ich darf es nicht, Du mußt erſt entſagen allem ſuͤndhaften Streben, und in tiefer Reue und Demuth die Fuͤr¬ bitte der Heiligen erflehen, gegen die Du gefrevelt haſt. — Die Juͤnglinge, welche Francesko ſo lange geflohen, ſuchten ihn auf in ſeiner Werkſtatt und fanden ihn, wie ei¬ nen ohnmaͤchtigen Kranken, ausgeſtreckt auf ſeinem Lager liegen. Da aber Francesko ih¬ nen ſeine Noth klagte, wie er, als ha¬ be ein boͤſer Geiſt ſeine Kraft gebrochen, nicht das Bild der heiligen Roſalia fertig zu machen vermoͤge, da lachten ſie alle auf und ſprachen: „ey mein Bruder, wie biſt Du denn mit einem mahl ſo krank worden? —

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/222>, abgerufen am 26.11.2024.