Keller des heiligen Antonias." Der angebli¬ che Doktor hatte eine Flasche unter dem Mantel hervorgezogen, die er jetzt öffnete. Es stieg ein seltsamlicher Duft aus der Fla¬ sche, der die Jünglinge betäubte, so daß sie, wie von Schläfrigkeit übernommen, in die Sessel sanken und die Augen schlossen. Aber Francesko riß in wilder Wuth, verhöhnt zu seyn als ein ohnmächtiger Schwächling, die Flasche dem Doktor aus den Händen und trank in vollen Zügen. "Wohl bekomm Dir's" rief der Jüngling, der nun wieder sein ju¬ gendliches Gesicht und seinen kräftigen Gang angenommen hatte. Dann rief er die an¬ dern Jünglinge aus dem Schlafe auf, wo¬ rin sie versunken, und sie taumelten mit ihm die Treppe hinab. -- So wie der Berg Ve¬ suv in wildem Brausen verzehrende Flam¬ men aussprüht, so tobte es jetzt in Feuer¬ strömen heraus aus Francesko's Innern. Al¬ le heidnische Geschichten, die er jemals ge¬ malt, sah er vor Augen, als ob sie leben¬
Keller des heiligen Antonias.“ Der angebli¬ che Doktor hatte eine Flaſche unter dem Mantel hervorgezogen, die er jetzt oͤffnete. Es ſtieg ein ſeltſamlicher Duft aus der Fla¬ ſche, der die Juͤnglinge betaͤubte, ſo daß ſie, wie von Schlaͤfrigkeit uͤbernommen, in die Seſſel ſanken und die Augen ſchloſſen. Aber Francesko riß in wilder Wuth, verhoͤhnt zu ſeyn als ein ohnmaͤchtiger Schwaͤchling, die Flaſche dem Doktor aus den Haͤnden und trank in vollen Zuͤgen. „Wohl bekomm Dir's“ rief der Juͤngling, der nun wieder ſein ju¬ gendliches Geſicht und ſeinen kraͤftigen Gang angenommen hatte. Dann rief er die an¬ dern Juͤnglinge aus dem Schlafe auf, wo¬ rin ſie verſunken, und ſie taumelten mit ihm die Treppe hinab. — So wie der Berg Ve¬ ſuv in wildem Brauſen verzehrende Flam¬ men ausſpruͤht, ſo tobte es jetzt in Feuer¬ ſtroͤmen heraus aus Francesko's Innern. Al¬ le heidniſche Geſchichten, die er jemals ge¬ malt, ſah er vor Augen, als ob ſie leben¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0225"n="217"/>
Keller des heiligen Antonias.“ Der angebli¬<lb/>
che Doktor hatte eine Flaſche unter dem<lb/>
Mantel hervorgezogen, die er jetzt oͤffnete.<lb/>
Es ſtieg ein ſeltſamlicher Duft aus der Fla¬<lb/>ſche, der die Juͤnglinge betaͤubte, ſo daß ſie,<lb/>
wie von Schlaͤfrigkeit uͤbernommen, in die<lb/>
Seſſel ſanken und die Augen ſchloſſen. Aber<lb/>
Francesko riß in wilder Wuth, verhoͤhnt zu<lb/>ſeyn als ein ohnmaͤchtiger Schwaͤchling, die<lb/>
Flaſche dem Doktor aus den Haͤnden und<lb/>
trank in vollen Zuͤgen. „Wohl bekomm Dir's“<lb/>
rief der Juͤngling, der nun wieder ſein ju¬<lb/>
gendliches Geſicht und ſeinen kraͤftigen Gang<lb/>
angenommen hatte. Dann rief er die an¬<lb/>
dern Juͤnglinge aus dem Schlafe auf, wo¬<lb/>
rin ſie verſunken, und ſie taumelten mit ihm<lb/>
die Treppe hinab. — So wie der Berg Ve¬<lb/>ſuv in wildem Brauſen verzehrende Flam¬<lb/>
men ausſpruͤht, ſo tobte es jetzt in Feuer¬<lb/>ſtroͤmen heraus aus Francesko's Innern. Al¬<lb/>
le heidniſche Geſchichten, die er jemals ge¬<lb/>
malt, ſah er vor Augen, als ob ſie leben¬<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[217/0225]
Keller des heiligen Antonias.“ Der angebli¬
che Doktor hatte eine Flaſche unter dem
Mantel hervorgezogen, die er jetzt oͤffnete.
Es ſtieg ein ſeltſamlicher Duft aus der Fla¬
ſche, der die Juͤnglinge betaͤubte, ſo daß ſie,
wie von Schlaͤfrigkeit uͤbernommen, in die
Seſſel ſanken und die Augen ſchloſſen. Aber
Francesko riß in wilder Wuth, verhoͤhnt zu
ſeyn als ein ohnmaͤchtiger Schwaͤchling, die
Flaſche dem Doktor aus den Haͤnden und
trank in vollen Zuͤgen. „Wohl bekomm Dir's“
rief der Juͤngling, der nun wieder ſein ju¬
gendliches Geſicht und ſeinen kraͤftigen Gang
angenommen hatte. Dann rief er die an¬
dern Juͤnglinge aus dem Schlafe auf, wo¬
rin ſie verſunken, und ſie taumelten mit ihm
die Treppe hinab. — So wie der Berg Ve¬
ſuv in wildem Brauſen verzehrende Flam¬
men ausſpruͤht, ſo tobte es jetzt in Feuer¬
ſtroͤmen heraus aus Francesko's Innern. Al¬
le heidniſche Geſchichten, die er jemals ge¬
malt, ſah er vor Augen, als ob ſie leben¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/225>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.