bis er die Stadt hinter sich und ein nahegelegenes Ge¬ büsch erreicht hatte. Da es ferner in einer roman¬ haften Historie keinem Gebüsch an rauschenden Blät¬ tern, seufzenden, lispelnden Abendlüften, murmelnden Quellen, geschwätzigen Bächen u. s. w. fehlen darf, so ist zu denken, daß Peregrinus das alles an seinem Zufluchtsorte fand. Auf einen bemoosten Stein, der zur Hälfte im spiegelhellen Bache lag, dessen Wellen kräuselnd um ihn her plätscherten, ließ sich Peregri¬ nus nieder, mit dem festen Vorsatz, die seltsamen Abentheuer des Augenblicks überdenkend, den Ariad¬ nen Faden zu suchen und zu finden, der ihm den Rückweg aus dem Labyrinth der wunderlichsten Räth¬ sel zeigen sollte.
Es mag wohl seyn, daß das in abgemessenen Pau¬ sen wiederkehrende Geflüster der Büsche, das eintö¬ nige Rauschen der Gewässer, das gleichmäßige Klap¬ pern einer entfernten Mühle bald sich als Grund¬ ton gestaltet, nach dem sich die Gedanken zügeln und formen, so, daß sie nicht mehr ohne Rythmus und Takt durcheinander brausen, sondern zu deutlicher Me¬ lodie werden. So kam denn auch Peregrinus, nach¬ dem er einige Zeit sich an dem anmuthigen Orte be¬ funden, zu ruhiger Betrachtung.
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bis er die Stadt hinter ſich und ein nahegelegenes Ge¬ büſch erreicht hatte. Da es ferner in einer roman¬ haften Hiſtorie keinem Gebüſch an rauſchenden Blät¬ tern, ſeufzenden, lispelnden Abendlüften, murmelnden Quellen, geſchwätzigen Bächen u. ſ. w. fehlen darf, ſo iſt zu denken, daß Peregrinus das alles an ſeinem Zufluchtsorte fand. Auf einen bemoosten Stein, der zur Hälfte im ſpiegelhellen Bache lag, deſſen Wellen kräuſelnd um ihn her plätſcherten, ließ ſich Peregri¬ nus nieder, mit dem feſten Vorſatz, die ſeltſamen Abentheuer des Augenblicks überdenkend, den Ariad¬ nen Faden zu ſuchen und zu finden, der ihm den Rückweg aus dem Labyrinth der wunderlichſten Räth¬ ſel zeigen ſollte.
Es mag wohl ſeyn, daß das in abgemeſſenen Pau¬ ſen wiederkehrende Geflüſter der Büſche, das eintö¬ nige Rauſchen der Gewäſſer, das gleichmäßige Klap¬ pern einer entfernten Mühle bald ſich als Grund¬ ton geſtaltet, nach dem ſich die Gedanken zügeln und formen, ſo, daß ſie nicht mehr ohne Rythmus und Takt durcheinander brauſen, ſondern zu deutlicher Me¬ lodie werden. So kam denn auch Peregrinus, nach¬ dem er einige Zeit ſich an dem anmuthigen Orte be¬ funden, zu ruhiger Betrachtung.
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bis er die Stadt hinter ſich und ein nahegelegenes Ge¬
büſch erreicht hatte. Da es ferner in einer roman¬
haften Hiſtorie keinem Gebüſch an rauſchenden Blät¬
tern, ſeufzenden, lispelnden Abendlüften, murmelnden
Quellen, geſchwätzigen Bächen u. ſ. w. fehlen darf,
ſo iſt zu denken, daß Peregrinus das alles an ſeinem
Zufluchtsorte fand. Auf einen bemoosten Stein, der
zur Hälfte im ſpiegelhellen Bache lag, deſſen Wellen
kräuſelnd um ihn her plätſcherten, ließ ſich Peregri¬
nus nieder, mit dem feſten Vorſatz, die ſeltſamen
Abentheuer des Augenblicks überdenkend, den Ariad¬
nen Faden zu ſuchen und zu finden, der ihm den
Rückweg aus dem Labyrinth der wunderlichſten Räth¬
ſel zeigen ſollte.
Es mag wohl ſeyn, daß das in abgemeſſenen Pau¬
ſen wiederkehrende Geflüſter der Büſche, das eintö¬
nige Rauſchen der Gewäſſer, das gleichmäßige Klap¬
pern einer entfernten Mühle bald ſich als Grund¬
ton geſtaltet, nach dem ſich die Gedanken zügeln und
formen, ſo, daß ſie nicht mehr ohne Rythmus und
Takt durcheinander brauſen, ſondern zu deutlicher Me¬
lodie werden. So kam denn auch Peregrinus, nach¬
dem er einige Zeit ſich an dem anmuthigen Orte be¬
funden, zu ruhiger Betrachtung.
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/166>, abgerufen am 17.02.2025.
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