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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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die albernste Thorheit, die nur in einem dummen Ge¬
hirn hausen kann, denn außer der Distel Zeherit, gibt
es in der ganzen Welt nur noch ein einziges Wesen,
dem die schöne Gamaheh angehören darf, und dieses
Wesen wird vielleicht auch ganz vergeblich in den Kampf
treten, mit der Distel Zeherit. Denn bald blühet
die Distel um Mitternacht auf, in voller Pracht und
Kraft und in dem Liebestod dämmert die Morgen¬
röthe des höhern Lebens. -- Ich selbst bin aber die
Distel Zeherit und eben daher könnet ihr mirs nicht
verdenken, ihr guten Leute, wenn ich ergrimmt bin
auf jene Verräther und mir überhaupt die ganze Ge¬
schichte gar sehr zu Herzen nehme.

Die Leute rissen die Augen weit auf und glotz¬
ten den Pepusch sprachlos an mit offnem Munde.
Sie waren, wie man zu sagen pflegt, aus den Wol¬
ken gefallen und der Kopf dröhnte ihnen, vom jähen
Sturz.

Pepusch stürzte einen großen Römer Wein hin¬
unter, und sprach dann, sich zum Wirth wendend:
Ja ja, Herr Wirth, bald werdet Ihr's erleben, bald
blühe ich als Cactus grandiflorus und in der ganzen
Gegend wird es unmenschlich nach der schönsten Va¬
nille riechen; ihr könnet mir das glauben.

die albernſte Thorheit, die nur in einem dummen Ge¬
hirn hauſen kann, denn außer der Diſtel Zeherit, gibt
es in der ganzen Welt nur noch ein einziges Weſen,
dem die ſchöne Gamaheh angehören darf, und dieſes
Weſen wird vielleicht auch ganz vergeblich in den Kampf
treten, mit der Diſtel Zeherit. Denn bald blühet
die Diſtel um Mitternacht auf, in voller Pracht und
Kraft und in dem Liebestod dämmert die Morgen¬
röthe des höhern Lebens. — Ich ſelbſt bin aber die
Diſtel Zeherit und eben daher könnet ihr mirs nicht
verdenken, ihr guten Leute, wenn ich ergrimmt bin
auf jene Verräther und mir überhaupt die ganze Ge¬
ſchichte gar ſehr zu Herzen nehme.

Die Leute riſſen die Augen weit auf und glotz¬
ten den Pepuſch ſprachlos an mit offnem Munde.
Sie waren, wie man zu ſagen pflegt, aus den Wol¬
ken gefallen und der Kopf dröhnte ihnen, vom jähen
Sturz.

Pepuſch ſtürzte einen großen Römer Wein hin¬
unter, und ſprach dann, ſich zum Wirth wendend:
Ja ja, Herr Wirth, bald werdet Ihr's erleben, bald
blühe ich als Cactus grandiflorus und in der ganzen
Gegend wird es unmenſchlich nach der ſchönſten Va¬
nille riechen; ihr könnet mir das glauben.

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[185/0190] die albernſte Thorheit, die nur in einem dummen Ge¬ hirn hauſen kann, denn außer der Diſtel Zeherit, gibt es in der ganzen Welt nur noch ein einziges Weſen, dem die ſchöne Gamaheh angehören darf, und dieſes Weſen wird vielleicht auch ganz vergeblich in den Kampf treten, mit der Diſtel Zeherit. Denn bald blühet die Diſtel um Mitternacht auf, in voller Pracht und Kraft und in dem Liebestod dämmert die Morgen¬ röthe des höhern Lebens. — Ich ſelbſt bin aber die Diſtel Zeherit und eben daher könnet ihr mirs nicht verdenken, ihr guten Leute, wenn ich ergrimmt bin auf jene Verräther und mir überhaupt die ganze Ge¬ ſchichte gar ſehr zu Herzen nehme. Die Leute riſſen die Augen weit auf und glotz¬ ten den Pepuſch ſprachlos an mit offnem Munde. Sie waren, wie man zu ſagen pflegt, aus den Wol¬ ken gefallen und der Kopf dröhnte ihnen, vom jähen Sturz. Pepuſch ſtürzte einen großen Römer Wein hin¬ unter, und ſprach dann, ſich zum Wirth wendend: Ja ja, Herr Wirth, bald werdet Ihr's erleben, bald blühe ich als Cactus grandiflorus und in der ganzen Gegend wird es unmenſchlich nach der ſchönſten Va¬ nille riechen; ihr könnet mir das glauben.

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/190>, abgerufen am 23.11.2024.