zen einen entschiedenen Abscheu bewieß. Was aber am seltsamsten schien, war, daß er das Wort: Wechsel, nicht aussprechen hören konnte, ohne krampfhaft zu erbeben, indem er versicherte, es sey ihm dabei so, als kratze man mit der Spitze des Messers auf einer Glasscheibe hin und her. Zum Kaufmanne, das mußte Herr Tyß einsehen, war daher Peregrinus von Haus aus verdorben, und so gern er es gesehen, daß der Sohn in seine Fußtapfen getreten, so stand er doch gern ab von diesem Wunsch, in der Voraussetzung, daß Peregrinus sich einem bestimmten Fach widmen werde. Herr Tyß hatte den Grundsatz, daß der reichste Mann ein Geschäft und durch dasselbe einen bestimm¬ ten Standpunkt im Leben haben müsse; geschäftslose Leute waren ihm ein Gräuel und eben zu dieser Ge¬ schäftslosigkeit neigte sich Peregrinus, bei allen Kennt¬ nissen die er nach seiner eigenen Weise erwarb, und die chaotisch durcheinander lagen, gänzlich hin. Das war nun des alten Tyß größte und drückendste Sorge. -- Peregrinus wollte von der wirklichen Welt nichts wis¬ sen, der Alte lebte nur in ihr und nicht anders konnt' es geschehen, als daß sich daraus, je älter Peregrinus wurde, ein desto ärgerer Zwiespalt entspann zwischen Vater und Sohn, zu nicht geringem Leidwesen der Mutter, die dem Peregrinus, der sonst gutmüthig,
zen einen entſchiedenen Abſcheu bewieß. Was aber am ſeltſamſten ſchien, war, daß er das Wort: Wechſel, nicht ausſprechen hören konnte, ohne krampfhaft zu erbeben, indem er verſicherte, es ſey ihm dabei ſo, als kratze man mit der Spitze des Meſſers auf einer Glasſcheibe hin und her. Zum Kaufmanne, das mußte Herr Tyß einſehen, war daher Peregrinus von Haus aus verdorben, und ſo gern er es geſehen, daß der Sohn in ſeine Fußtapfen getreten, ſo ſtand er doch gern ab von dieſem Wunſch, in der Vorausſetzung, daß Peregrinus ſich einem beſtimmten Fach widmen werde. Herr Tyß hatte den Grundſatz, daß der reichſte Mann ein Geſchäft und durch daſſelbe einen beſtimm¬ ten Standpunkt im Leben haben müſſe; geſchäftsloſe Leute waren ihm ein Gräuel und eben zu dieſer Ge¬ ſchäftsloſigkeit neigte ſich Peregrinus, bei allen Kennt¬ niſſen die er nach ſeiner eigenen Weiſe erwarb, und die chaotiſch durcheinander lagen, gänzlich hin. Das war nun des alten Tyß größte und drückendſte Sorge. — Peregrinus wollte von der wirklichen Welt nichts wiſ¬ ſen, der Alte lebte nur in ihr und nicht anders konnt' es geſchehen, als daß ſich daraus, je älter Peregrinus wurde, ein deſto ärgerer Zwieſpalt entſpann zwiſchen Vater und Sohn, zu nicht geringem Leidweſen der Mutter, die dem Peregrinus, der ſonſt gutmüthig,
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zen einen entſchiedenen Abſcheu bewieß. Was aber
am ſeltſamſten ſchien, war, daß er das Wort: Wechſel,
nicht ausſprechen hören konnte, ohne krampfhaft zu
erbeben, indem er verſicherte, es ſey ihm dabei ſo,
als kratze man mit der Spitze des Meſſers auf einer
Glasſcheibe hin und her. Zum Kaufmanne, das
mußte Herr Tyß einſehen, war daher Peregrinus von
Haus aus verdorben, und ſo gern er es geſehen, daß
der Sohn in ſeine Fußtapfen getreten, ſo ſtand er
doch gern ab von dieſem Wunſch, in der Vorausſetzung,
daß Peregrinus ſich einem beſtimmten Fach widmen
werde. Herr Tyß hatte den Grundſatz, daß der reichſte
Mann ein Geſchäft und durch daſſelbe einen beſtimm¬
ten Standpunkt im Leben haben müſſe; geſchäftsloſe
Leute waren ihm ein Gräuel und eben zu dieſer Ge¬
ſchäftsloſigkeit neigte ſich Peregrinus, bei allen Kennt¬
niſſen die er nach ſeiner eigenen Weiſe erwarb, und
die chaotiſch durcheinander lagen, gänzlich hin. Das
war nun des alten Tyß größte und drückendſte Sorge. —
Peregrinus wollte von der wirklichen Welt nichts wiſ¬
ſen, der Alte lebte nur in ihr und nicht anders konnt'
es geſchehen, als daß ſich daraus, je älter Peregrinus
wurde, ein deſto ärgerer Zwieſpalt entſpann zwiſchen
Vater und Sohn, zu nicht geringem Leidweſen der
Mutter, die dem Peregrinus, der ſonſt gutmüthig,
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/23>, abgerufen am 21.11.2024.
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