Es thut selten gut, wenn der Autor sich unter¬ fängt, dem geneigten Leser genau zu beschreiben, wie diese oder jene sehr schöne Person die in seiner Geschichte vorkommt, ausgesehen, was Wuchs, Größe, Stel¬ lung, Farbe der Augen, der Haare betrifft, und scheint es dagegen viel besser, denselben ohne diesen Detailhandel die ganze Person in den Kauf zu geben. Genügen würde es auch hier vollkommen, zu versichern, daß das Frauenzimmer, welches dem zum Tode er¬ schrockenen Peregrinus entgegentrat, über die Maaßen hübsch und anmuthig war, käme es nicht durchaus darauf an, gewisser Eigenthümlichkeiten zu erwähnen, die die kleine Person an sich trug.
Klein und zwar etwas kleiner, als gerade recht, war nämlich das Frauenzimmer in der That, dabei aber sehr fein und zierlich gebaut. Ihr Antlitz, sonst schön geformt und voller Ausdruck, erhielt aber da¬ durch etwas fremdes und seltsames, daß die Augäpfel stärker waren und die schwarzen feingezeichneten Au¬ genbraunen höher standen, als gewöhnlich. Gekleidet oder vielmehr geputzt war das Dämchen, als käme es so eben vom Ball. Ein prächtiges Diadem blitzte in den schwarzen Haaren, reiche Kanten bedeckten nur halb den vollen Busen, das lila und gelb gegatterte Kleid von schwerer Seide, schmiegte sich um den schlan¬
Es thut ſelten gut, wenn der Autor ſich unter¬ fängt, dem geneigten Leſer genau zu beſchreiben, wie dieſe oder jene ſehr ſchöne Perſon die in ſeiner Geſchichte vorkommt, ausgeſehen, was Wuchs, Größe, Stel¬ lung, Farbe der Augen, der Haare betrifft, und ſcheint es dagegen viel beſſer, denſelben ohne dieſen Detailhandel die ganze Perſon in den Kauf zu geben. Genügen würde es auch hier vollkommen, zu verſichern, daß das Frauenzimmer, welches dem zum Tode er¬ ſchrockenen Peregrinus entgegentrat, über die Maaßen hübſch und anmuthig war, käme es nicht durchaus darauf an, gewiſſer Eigenthümlichkeiten zu erwähnen, die die kleine Perſon an ſich trug.
Klein und zwar etwas kleiner, als gerade recht, war nämlich das Frauenzimmer in der That, dabei aber ſehr fein und zierlich gebaut. Ihr Antlitz, ſonſt ſchön geformt und voller Ausdruck, erhielt aber da¬ durch etwas fremdes und ſeltſames, daß die Augäpfel ſtärker waren und die ſchwarzen feingezeichneten Au¬ genbraunen höher ſtanden, als gewöhnlich. Gekleidet oder vielmehr geputzt war das Dämchen, als käme es ſo eben vom Ball. Ein prächtiges Diadem blitzte in den ſchwarzen Haaren, reiche Kanten bedeckten nur halb den vollen Buſen, das lila und gelb gegatterte Kleid von ſchwerer Seide, ſchmiegte ſich um den ſchlan¬
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Es thut ſelten gut, wenn der Autor ſich unter¬
fängt, dem geneigten Leſer genau zu beſchreiben, wie
dieſe oder jene ſehr ſchöne Perſon die in ſeiner Geſchichte
vorkommt, ausgeſehen, was Wuchs, Größe, Stel¬
lung, Farbe der Augen, der Haare betrifft, und
ſcheint es dagegen viel beſſer, denſelben ohne dieſen
Detailhandel die ganze Perſon in den Kauf zu geben.
Genügen würde es auch hier vollkommen, zu verſichern,
daß das Frauenzimmer, welches dem zum Tode er¬
ſchrockenen Peregrinus entgegentrat, über die Maaßen
hübſch und anmuthig war, käme es nicht durchaus
darauf an, gewiſſer Eigenthümlichkeiten zu erwähnen,
die die kleine Perſon an ſich trug.
Klein und zwar etwas kleiner, als gerade recht,
war nämlich das Frauenzimmer in der That, dabei
aber ſehr fein und zierlich gebaut. Ihr Antlitz, ſonſt
ſchön geformt und voller Ausdruck, erhielt aber da¬
durch etwas fremdes und ſeltſames, daß die Augäpfel
ſtärker waren und die ſchwarzen feingezeichneten Au¬
genbraunen höher ſtanden, als gewöhnlich. Gekleidet
oder vielmehr geputzt war das Dämchen, als käme es
ſo eben vom Ball. Ein prächtiges Diadem blitzte in
den ſchwarzen Haaren, reiche Kanten bedeckten nur
halb den vollen Buſen, das lila und gelb gegatterte
Kleid von ſchwerer Seide, ſchmiegte ſich um den ſchlan¬
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/35>, abgerufen am 04.05.2024.
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