ihn dann als Genosse jener kühnen Frevelthat er¬ kennen und angeben werde. Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er die folternde Quaal des bösen Gewissens, und doch hatte ihn nur die Liebe zu seinem Weibe, zu dem Knaben, gezwun¬ gen, dem frevelichen Ansinnen Denners nach¬ zugeben.
Alle Nachforschungen blieben fruchtlos, es war unmöglich den Räubern auf die Spur zu kommen, und Andres überzeugte sich bald, daß Denner Wort gehalten und die Gegend mit seiner Bande verlassen hatte. Das Geld, wel¬ ches er noch von Denner's Geschenken übrig behalten, so wie die goldene Nadel, legte er zu den Kleinodien in das Kistchen; denn er wollte nicht noch mehr Sünde auf sich laden und von geraubtem Gelde sich gütlich thun. So kam es denn, daß Andres bald wieder in die vorige Dürftigkeit und Armuth gerieth; aber immer mehr erheiterte sich sein Inneres, je längere Zeit ver¬ strich, ohne daß irgend etwas sein ruhiges Leben
ihn dann als Genoſſe jener kuͤhnen Frevelthat er¬ kennen und angeben werde. Zum erſtenmal in ſeinem Leben fuͤhlte er die folternde Quaal des boͤſen Gewiſſens, und doch hatte ihn nur die Liebe zu ſeinem Weibe, zu dem Knaben, gezwun¬ gen, dem frevelichen Anſinnen Denners nach¬ zugeben.
Alle Nachforſchungen blieben fruchtlos, es war unmoͤglich den Raͤubern auf die Spur zu kommen, und Andres uͤberzeugte ſich bald, daß Denner Wort gehalten und die Gegend mit ſeiner Bande verlaſſen hatte. Das Geld, wel¬ ches er noch von Denner's Geſchenken uͤbrig behalten, ſo wie die goldene Nadel, legte er zu den Kleinodien in das Kiſtchen; denn er wollte nicht noch mehr Suͤnde auf ſich laden und von geraubtem Gelde ſich guͤtlich thun. So kam es denn, daß Andres bald wieder in die vorige Duͤrftigkeit und Armuth gerieth; aber immer mehr erheiterte ſich ſein Inneres, je laͤngere Zeit ver¬ ſtrich, ohne daß irgend etwas ſein ruhiges Leben
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ihn dann als Genoſſe jener kuͤhnen Frevelthat er¬
kennen und angeben werde. Zum erſtenmal in
ſeinem Leben fuͤhlte er die folternde Quaal des
boͤſen Gewiſſens, und doch hatte ihn nur die
Liebe zu ſeinem Weibe, zu dem Knaben, gezwun¬
gen, dem frevelichen Anſinnen Denners nach¬
zugeben.
Alle Nachforſchungen blieben fruchtlos, es
war unmoͤglich den Raͤubern auf die Spur zu
kommen, und Andres uͤberzeugte ſich bald, daß
Denner Wort gehalten und die Gegend mit
ſeiner Bande verlaſſen hatte. Das Geld, wel¬
ches er noch von Denner's Geſchenken uͤbrig
behalten, ſo wie die goldene Nadel, legte er zu
den Kleinodien in das Kiſtchen; denn er wollte
nicht noch mehr Suͤnde auf ſich laden und von
geraubtem Gelde ſich guͤtlich thun. So kam es
denn, daß Andres bald wieder in die vorige
Duͤrftigkeit und Armuth gerieth; aber immer mehr
erheiterte ſich ſein Inneres, je laͤngere Zeit ver¬
ſtrich, ohne daß irgend etwas ſein ruhiges Leben
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/142>, abgerufen am 21.11.2024.
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