Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

verstört hätte. Nach zwei Jahren gebar ihm
sein Weib noch einen Knaben, ohne jedoch, wie
das erstemal, zu erkranken, wiewol sie sich herzlich
nach jener bessern Kost und Pflege sehnte, die
ihr damals so wohl gethan. Andres saß einst
in der Abenddämmerung traulich mit seinem Wei¬
be zusammen, die den jüngstgebornen Knaben an
der Brust hatte, während der Aeltere sich mit
dem großen Hunde herumbalgte, der, als Liebling
seines Herrn, wol in der Stube seyn durfte. Da
kam der Knecht hinein, und sagte, wie ein
Mensch, der ihm ganz verdächtig vorkomme, schon
seit beinahe einer Stunde um das Haus herum¬
schleiche. Andres war im Begriff mit seiner
Büchse hinauszugehen, als er vor dem Hause
seinen Namen rufen hörte. Er öffnete das Fen¬
ster und erkannte auf den ersten Blick den ver¬
haßten Ignaz Denner, der sich wieder in den
grauen Kaufmannshabit geworfen hatte, und ein
Felleisen unter dem Arme trug. "Andres," rief
Denner, "Du mußt mir diese Nacht Herberge

verſtoͤrt haͤtte. Nach zwei Jahren gebar ihm
ſein Weib noch einen Knaben, ohne jedoch, wie
das erſtemal, zu erkranken, wiewol ſie ſich herzlich
nach jener beſſern Koſt und Pflege ſehnte, die
ihr damals ſo wohl gethan. Andres ſaß einſt
in der Abenddaͤmmerung traulich mit ſeinem Wei¬
be zuſammen, die den juͤngſtgebornen Knaben an
der Bruſt hatte, waͤhrend der Aeltere ſich mit
dem großen Hunde herumbalgte, der, als Liebling
ſeines Herrn, wol in der Stube ſeyn durfte. Da
kam der Knecht hinein, und ſagte, wie ein
Menſch, der ihm ganz verdaͤchtig vorkomme, ſchon
ſeit beinahe einer Stunde um das Haus herum¬
ſchleiche. Andres war im Begriff mit ſeiner
Buͤchſe hinauszugehen, als er vor dem Hauſe
ſeinen Namen rufen hoͤrte. Er oͤffnete das Fen¬
ſter und erkannte auf den erſten Blick den ver¬
haßten Ignaz Denner, der ſich wieder in den
grauen Kaufmannshabit geworfen hatte, und ein
Felleiſen unter dem Arme trug. „Andres,“ rief
Denner, „Du mußt mir dieſe Nacht Herberge

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="135"/>
ver&#x017F;to&#x0364;rt ha&#x0364;tte. Nach zwei Jahren gebar ihm<lb/>
&#x017F;ein Weib noch einen Knaben, ohne jedoch, wie<lb/>
das er&#x017F;temal, zu erkranken, wiewol &#x017F;ie &#x017F;ich herzlich<lb/>
nach jener be&#x017F;&#x017F;ern Ko&#x017F;t und Pflege &#x017F;ehnte, die<lb/>
ihr damals &#x017F;o wohl gethan. <hi rendition="#g">Andres</hi> &#x017F;aß ein&#x017F;t<lb/>
in der Abendda&#x0364;mmerung traulich mit &#x017F;einem Wei¬<lb/>
be zu&#x017F;ammen, die den ju&#x0364;ng&#x017F;tgebornen Knaben an<lb/>
der Bru&#x017F;t hatte, wa&#x0364;hrend der Aeltere &#x017F;ich mit<lb/>
dem großen Hunde herumbalgte, der, als Liebling<lb/>
&#x017F;eines Herrn, wol in der Stube &#x017F;eyn durfte. Da<lb/>
kam der Knecht hinein, und &#x017F;agte, wie ein<lb/>
Men&#x017F;ch, der ihm ganz verda&#x0364;chtig vorkomme, &#x017F;chon<lb/>
&#x017F;eit beinahe einer Stunde um das Haus herum¬<lb/>
&#x017F;chleiche. <hi rendition="#g">Andres</hi> war im Begriff mit &#x017F;einer<lb/>
Bu&#x0364;ch&#x017F;e hinauszugehen, als er vor dem Hau&#x017F;e<lb/>
&#x017F;einen Namen rufen ho&#x0364;rte. Er o&#x0364;ffnete das Fen¬<lb/>
&#x017F;ter und erkannte auf den er&#x017F;ten Blick den ver¬<lb/>
haßten <hi rendition="#g">Ignaz Denner</hi>, der &#x017F;ich wieder in den<lb/>
grauen Kaufmannshabit geworfen hatte, und ein<lb/>
Fellei&#x017F;en unter dem Arme trug. &#x201E;<hi rendition="#g">Andres</hi>,&#x201C; rief<lb/><hi rendition="#g">Denner</hi>, &#x201E;Du mußt mir die&#x017F;e Nacht Herberge<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0143] verſtoͤrt haͤtte. Nach zwei Jahren gebar ihm ſein Weib noch einen Knaben, ohne jedoch, wie das erſtemal, zu erkranken, wiewol ſie ſich herzlich nach jener beſſern Koſt und Pflege ſehnte, die ihr damals ſo wohl gethan. Andres ſaß einſt in der Abenddaͤmmerung traulich mit ſeinem Wei¬ be zuſammen, die den juͤngſtgebornen Knaben an der Bruſt hatte, waͤhrend der Aeltere ſich mit dem großen Hunde herumbalgte, der, als Liebling ſeines Herrn, wol in der Stube ſeyn durfte. Da kam der Knecht hinein, und ſagte, wie ein Menſch, der ihm ganz verdaͤchtig vorkomme, ſchon ſeit beinahe einer Stunde um das Haus herum¬ ſchleiche. Andres war im Begriff mit ſeiner Buͤchſe hinauszugehen, als er vor dem Hauſe ſeinen Namen rufen hoͤrte. Er oͤffnete das Fen¬ ſter und erkannte auf den erſten Blick den ver¬ haßten Ignaz Denner, der ſich wieder in den grauen Kaufmannshabit geworfen hatte, und ein Felleiſen unter dem Arme trug. „Andres,“ rief Denner, „Du mußt mir dieſe Nacht Herberge

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/143
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/143>, abgerufen am 21.11.2024.