Lichter brennt ihm ins Gesicht! -- Der Sand¬ mann, der fürchterliche Sandmann ist der alte Advokat Coppelius, der manchmal bei uns zu Mittage ißt! --
Aber die gräßlichste Gestalt hätte mir nicht tieferes Entsetzen erregen können, als eben dieser Coppelius. -- Denke Dir einen großen breit¬ schultrigen Mann mit einem unförmlich dicken Kopf, erdgelbem Gesicht, buschigten grauen Augenbrau¬ en, unter denen ein paar grünliche Katzenaugen stechend hervorfunkeln, großer, starker über die Oberlippe gezogener Nase. Das schiefe Maul ver¬ zieht sich oft zum hämischen Lachen; dann wer¬ den auf den Backen ein paar dunkelrothe Flecke sichtbar und ein seltsam zischender Ton fährt durch die zusammengekniffenen Zähne. Coppelius erschien immer in einem altmodisch zugeschnittenen aschgrauen Rocke, eben solcher Weste und gleichen Beinkleidern, aber dazu schwarze Strümpfe und Schuhe mit kleinen Steinschnallen. Die kleine Perücke reichte kaum bis über den Kopfwirbel heraus, die Kleblocken standen hoch über den
Lichter brennt ihm ins Geſicht! — Der Sand¬ mann, der fuͤrchterliche Sandmann iſt der alte Advokat Coppelius, der manchmal bei uns zu Mittage ißt! —
Aber die graͤßlichſte Geſtalt haͤtte mir nicht tieferes Entſetzen erregen koͤnnen, als eben dieſer Coppelius. — Denke Dir einen großen breit¬ ſchultrigen Mann mit einem unfoͤrmlich dicken Kopf, erdgelbem Geſicht, buſchigten grauen Augenbrau¬ en, unter denen ein paar gruͤnliche Katzenaugen ſtechend hervorfunkeln, großer, ſtarker uͤber die Oberlippe gezogener Naſe. Das ſchiefe Maul ver¬ zieht ſich oft zum haͤmiſchen Lachen; dann wer¬ den auf den Backen ein paar dunkelrothe Flecke ſichtbar und ein ſeltſam ziſchender Ton faͤhrt durch die zuſammengekniffenen Zaͤhne. Coppelius erſchien immer in einem altmodiſch zugeſchnittenen aſchgrauen Rocke, eben ſolcher Weſte und gleichen Beinkleidern, aber dazu ſchwarze Struͤmpfe und Schuhe mit kleinen Steinſchnallen. Die kleine Peruͤcke reichte kaum bis uͤber den Kopfwirbel heraus, die Kleblocken ſtanden hoch uͤber den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0018"n="10"/>
Lichter brennt ihm ins Geſicht! — Der Sand¬<lb/>
mann, der fuͤrchterliche Sandmann iſt der alte<lb/>
Advokat <hirendition="#g">Coppelius</hi>, der manchmal bei uns<lb/>
zu Mittage ißt! —</p><lb/><p>Aber die graͤßlichſte Geſtalt haͤtte mir nicht<lb/>
tieferes Entſetzen erregen koͤnnen, als eben dieſer<lb/><hirendition="#g">Coppelius</hi>. — Denke Dir einen großen breit¬<lb/>ſchultrigen Mann mit einem unfoͤrmlich dicken Kopf,<lb/>
erdgelbem Geſicht, buſchigten grauen Augenbrau¬<lb/>
en, unter denen ein paar gruͤnliche Katzenaugen<lb/>ſtechend hervorfunkeln, großer, ſtarker uͤber die<lb/>
Oberlippe gezogener Naſe. Das ſchiefe Maul ver¬<lb/>
zieht ſich oft zum haͤmiſchen Lachen; dann wer¬<lb/>
den auf den Backen ein paar dunkelrothe Flecke<lb/>ſichtbar und ein ſeltſam ziſchender Ton faͤhrt durch<lb/>
die zuſammengekniffenen Zaͤhne. <hirendition="#g">Coppelius</hi><lb/>
erſchien immer in einem altmodiſch zugeſchnittenen<lb/>
aſchgrauen Rocke, eben ſolcher Weſte und gleichen<lb/>
Beinkleidern, aber dazu ſchwarze Struͤmpfe und<lb/>
Schuhe mit kleinen Steinſchnallen. Die kleine<lb/>
Peruͤcke reichte kaum bis uͤber den Kopfwirbel<lb/>
heraus, die Kleblocken ſtanden hoch uͤber den<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[10/0018]
Lichter brennt ihm ins Geſicht! — Der Sand¬
mann, der fuͤrchterliche Sandmann iſt der alte
Advokat Coppelius, der manchmal bei uns
zu Mittage ißt! —
Aber die graͤßlichſte Geſtalt haͤtte mir nicht
tieferes Entſetzen erregen koͤnnen, als eben dieſer
Coppelius. — Denke Dir einen großen breit¬
ſchultrigen Mann mit einem unfoͤrmlich dicken Kopf,
erdgelbem Geſicht, buſchigten grauen Augenbrau¬
en, unter denen ein paar gruͤnliche Katzenaugen
ſtechend hervorfunkeln, großer, ſtarker uͤber die
Oberlippe gezogener Naſe. Das ſchiefe Maul ver¬
zieht ſich oft zum haͤmiſchen Lachen; dann wer¬
den auf den Backen ein paar dunkelrothe Flecke
ſichtbar und ein ſeltſam ziſchender Ton faͤhrt durch
die zuſammengekniffenen Zaͤhne. Coppelius
erſchien immer in einem altmodiſch zugeſchnittenen
aſchgrauen Rocke, eben ſolcher Weſte und gleichen
Beinkleidern, aber dazu ſchwarze Struͤmpfe und
Schuhe mit kleinen Steinſchnallen. Die kleine
Peruͤcke reichte kaum bis uͤber den Kopfwirbel
heraus, die Kleblocken ſtanden hoch uͤber den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/18>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.