Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

innere Spannung Allem, was ich sprach, einen
besondern Schwung gab, genug, das Fräulein
wurde aufmerksamer und aufmerksamer, ja zuletzt
unwiderstehlich hineingezogen in die bunte Welt
stets wechselnder Bilder, die ich ihr aufgehen ließ.
Sie war, wie gesagt, nicht ohne Geist, und so
geschah es bald, daß unser Gespräch, ganz unab¬
hängig von den vielen Worten der Gäste, die hin
und her streiften, auf seine eigene Hand lebte und
dorthin, wohin ich es haben wollte, einige Blitze
sandte. Wohl merkt' ich nemlich, daß das
Fräulein der Baronin bedeutende Blicke zuwarf,
und daß diese sich mühte uns zu hören. Vorzüglich
war dies der Fall, als ich, da das Gespräch sich
auf Musik gewandt, mit voller Begeisterung von
der herrlichen, heiligen Kunst sprach und zuletzt
nicht verheelte, daß ich, trockner, langweiliger Ju¬
risterei, der ich mich ergeben, unerachtet, den Flü¬
gel mit ziemlicher Fertigkeit spiele, singe und auch
wohl schon manches Lied gesetzt habe -- Man war
in den andern Saal getreten, um Kaffee und

innere Spannung Allem, was ich ſprach, einen
beſondern Schwung gab, genug, das Fraͤulein
wurde aufmerkſamer und aufmerkſamer, ja zuletzt
unwiderſtehlich hineingezogen in die bunte Welt
ſtets wechſelnder Bilder, die ich ihr aufgehen ließ.
Sie war, wie geſagt, nicht ohne Geiſt, und ſo
geſchah es bald, daß unſer Geſpraͤch, ganz unab¬
haͤngig von den vielen Worten der Gaͤſte, die hin
und her ſtreiften, auf ſeine eigene Hand lebte und
dorthin, wohin ich es haben wollte, einige Blitze
ſandte. Wohl merkt' ich nemlich, daß das
Fraͤulein der Baronin bedeutende Blicke zuwarf,
und daß dieſe ſich muͤhte uns zu hoͤren. Vorzuͤglich
war dies der Fall, als ich, da das Geſpraͤch ſich
auf Muſik gewandt, mit voller Begeiſterung von
der herrlichen, heiligen Kunſt ſprach und zuletzt
nicht verheelte, daß ich, trockner, langweiliger Ju¬
riſterei, der ich mich ergeben, unerachtet, den Fluͤ¬
gel mit ziemlicher Fertigkeit ſpiele, ſinge und auch
wohl ſchon manches Lied geſetzt habe — Man war
in den andern Saal getreten, um Kaffee und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0122" n="114"/>
innere Spannung Allem, was ich &#x017F;prach, einen<lb/>
be&#x017F;ondern Schwung gab, genug, das Fra&#x0364;ulein<lb/>
wurde aufmerk&#x017F;amer und aufmerk&#x017F;amer, ja zuletzt<lb/>
unwider&#x017F;tehlich hineingezogen in die bunte Welt<lb/>
&#x017F;tets wech&#x017F;elnder Bilder, die ich ihr aufgehen ließ.<lb/>
Sie war, wie ge&#x017F;agt, nicht ohne Gei&#x017F;t, und &#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;chah es bald, daß un&#x017F;er Ge&#x017F;pra&#x0364;ch, ganz unab¬<lb/>
ha&#x0364;ngig von den vielen Worten der Ga&#x0364;&#x017F;te, die hin<lb/>
und her &#x017F;treiften, auf &#x017F;eine eigene Hand lebte und<lb/>
dorthin, wohin ich es haben wollte, einige Blitze<lb/>
&#x017F;andte. Wohl merkt' ich nemlich, daß das<lb/>
Fra&#x0364;ulein der Baronin bedeutende Blicke zuwarf,<lb/>
und daß die&#x017F;e &#x017F;ich mu&#x0364;hte uns zu ho&#x0364;ren. Vorzu&#x0364;glich<lb/>
war dies der Fall, als ich, da das Ge&#x017F;pra&#x0364;ch &#x017F;ich<lb/>
auf Mu&#x017F;ik gewandt, mit voller Begei&#x017F;terung von<lb/>
der herrlichen, heiligen Kun&#x017F;t &#x017F;prach und zuletzt<lb/>
nicht verheelte, daß ich, trockner, langweiliger Ju¬<lb/>
ri&#x017F;terei, der ich mich ergeben, unerachtet, den Flu&#x0364;¬<lb/>
gel mit ziemlicher Fertigkeit &#x017F;piele, &#x017F;inge und auch<lb/>
wohl &#x017F;chon manches Lied ge&#x017F;etzt habe &#x2014; Man war<lb/>
in den andern Saal getreten, um Kaffee und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0122] innere Spannung Allem, was ich ſprach, einen beſondern Schwung gab, genug, das Fraͤulein wurde aufmerkſamer und aufmerkſamer, ja zuletzt unwiderſtehlich hineingezogen in die bunte Welt ſtets wechſelnder Bilder, die ich ihr aufgehen ließ. Sie war, wie geſagt, nicht ohne Geiſt, und ſo geſchah es bald, daß unſer Geſpraͤch, ganz unab¬ haͤngig von den vielen Worten der Gaͤſte, die hin und her ſtreiften, auf ſeine eigene Hand lebte und dorthin, wohin ich es haben wollte, einige Blitze ſandte. Wohl merkt' ich nemlich, daß das Fraͤulein der Baronin bedeutende Blicke zuwarf, und daß dieſe ſich muͤhte uns zu hoͤren. Vorzuͤglich war dies der Fall, als ich, da das Geſpraͤch ſich auf Muſik gewandt, mit voller Begeiſterung von der herrlichen, heiligen Kunſt ſprach und zuletzt nicht verheelte, daß ich, trockner, langweiliger Ju¬ riſterei, der ich mich ergeben, unerachtet, den Fluͤ¬ gel mit ziemlicher Fertigkeit ſpiele, ſinge und auch wohl ſchon manches Lied geſetzt habe — Man war in den andern Saal getreten, um Kaffee und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/122
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/122>, abgerufen am 23.11.2024.