Sie mein Jagdabenteuer so lustig, so zum Bespötteln geeignet? "Mit nichten," erwiderte der Alte, "mit nichten Herr Vetter, aber du glaubst nicht, welch' komisches Gesicht solch ein Kiek in die Welt, wie du, schneidet, und wie er sich überhaupt so possierlich da¬ bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal würdigt, was besonderes ihm passiren zu lassen. -- Ich hatte einen akademischen Freund, der ein stiller, besonne¬ ner, mit sich einiger Mensch war. Der Zufall ver¬ wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in eine Ehrensache, und er, den die mehresten Burschen für einen Schwächling, für einen Pinsel hielten, benahm sich dabei mit solchem ernstem entschlossenem Muthe, daß alle ihn höchlich bewunderten. Aber seit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem fleißigen besonnenen Jünglinge wurde ein prahlhaf¬ ter, unausstehlicher, Raufbold. Er kommerschirte und jubelte, und schlug, dummer Kinderei halber, sich so lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬ schaft, die er auf pöbelhafte Weise beleidigt, im Duell niederstieß. -- Ich erzähle dir das nur so, Vetter,
Sie mein Jagdabenteuer ſo luſtig, ſo zum Beſpoͤtteln geeignet? „Mit nichten,“ erwiderte der Alte, „mit nichten Herr Vetter, aber du glaubſt nicht, welch' komiſches Geſicht ſolch ein Kiek in die Welt, wie du, ſchneidet, und wie er ſich uͤberhaupt ſo poſſierlich da¬ bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal wuͤrdigt, was beſonderes ihm paſſiren zu laſſen. — Ich hatte einen akademiſchen Freund, der ein ſtiller, beſonne¬ ner, mit ſich einiger Menſch war. Der Zufall ver¬ wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in eine Ehrenſache, und er, den die mehreſten Burſchen fuͤr einen Schwaͤchling, fuͤr einen Pinſel hielten, benahm ſich dabei mit ſolchem ernſtem entſchloſſenem Muthe, daß alle ihn hoͤchlich bewunderten. Aber ſeit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem fleißigen beſonnenen Juͤnglinge wurde ein prahlhaf¬ ter, unausſtehlicher, Raufbold. Er kommerſchirte und jubelte, und ſchlug, dummer Kinderei halber, ſich ſo lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬ ſchaft, die er auf poͤbelhafte Weiſe beleidigt, im Duell niederſtieß. — Ich erzaͤhle dir das nur ſo, Vetter,
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bei macht, wenn der liebe Gott ihn einmal wuͤrdigt,
was beſonderes ihm paſſiren zu laſſen. — Ich hatte
einen akademiſchen Freund, der ein ſtiller, beſonne¬
ner, mit ſich einiger Menſch war. Der Zufall ver¬
wickelte ihn, der nie Anlaß zu dergleichen gab, in
eine Ehrenſache, und er, den die mehreſten Burſchen
fuͤr einen Schwaͤchling, fuͤr einen Pinſel hielten,
benahm ſich dabei mit ſolchem ernſtem entſchloſſenem
Muthe, daß alle ihn hoͤchlich bewunderten. Aber
ſeit der Zeit war er auch umgewandelt. Aus dem
fleißigen beſonnenen Juͤnglinge wurde ein prahlhaf¬
ter, unausſtehlicher, Raufbold. Er kommerſchirte
und jubelte, und ſchlug, dummer Kinderei halber,
ſich ſo lange, bis ihn der Senior einer Landsmann¬
ſchaft, die er auf poͤbelhafte Weiſe beleidigt, im Duell
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/159>, abgerufen am 18.12.2024.
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