Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

lich die Spur eines Blutstropfens! -- Vielleicht
wußte Adelheid in jenen Augenblicken des bewußt¬
losen Wahnsinns, der mich am letzten Tage er¬
griffen, mir dies Andenken geschickt zuzustellen,
aber warum der Blutstropfe, der mich Entsetzli¬
ches ahnen ließ, und jenes beinahe zu schäfermä¬
ßige Pfand zur schauervollen Mahnung an eine
Leidenschaft, die theures Herzblut kosten konnte,
hinaufsteigerte? -- Das war jenes weiße Band,
das mich, zum ersten Mal Seraphinen nahe, wie
im leichten losen Spiel umflatterte, und dem nun
die dunkle Nacht das Wahrzeichen der Verletzung
zum Tode gegeben. Nicht spielen soll der Knabe
mit der Waffe, deren Gefährlichkeit er nicht er¬
mißt! --

Endlich hatten die Frühlingsstürme zu toben
aufgehört, der Sommer behauptete sein Recht,
und war erst die Kälte unerträglich, so wurd' es
nun, als der Julius begonnen, die Hitze. Der
Alte erkräftigte sich zusehends, und zog, wie er
sonst zu thun pflegte, in einen Garten der Vor¬

lich die Spur eines Blutstropfens! — Vielleicht
wußte Adelheid in jenen Augenblicken des bewußt¬
loſen Wahnſinns, der mich am letzten Tage er¬
griffen, mir dies Andenken geſchickt zuzuſtellen,
aber warum der Blutstropfe, der mich Entſetzli¬
ches ahnen ließ, und jenes beinahe zu ſchaͤfermaͤ¬
ßige Pfand zur ſchauervollen Mahnung an eine
Leidenſchaft, die theures Herzblut koſten konnte,
hinaufſteigerte? — Das war jenes weiße Band,
das mich, zum erſten Mal Seraphinen nahe, wie
im leichten loſen Spiel umflatterte, und dem nun
die dunkle Nacht das Wahrzeichen der Verletzung
zum Tode gegeben. Nicht ſpielen ſoll der Knabe
mit der Waffe, deren Gefaͤhrlichkeit er nicht er¬
mißt! —

Endlich hatten die Fruͤhlingsſtuͤrme zu toben
aufgehoͤrt, der Sommer behauptete ſein Recht,
und war erſt die Kaͤlte unertraͤglich, ſo wurd' es
nun, als der Julius begonnen, die Hitze. Der
Alte erkraͤftigte ſich zuſehends, und zog, wie er
ſonſt zu thun pflegte, in einen Garten der Vor¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0179" n="171"/>
lich die Spur eines Blutstropfens! &#x2014; Vielleicht<lb/>
wußte Adelheid in jenen Augenblicken des bewußt¬<lb/>
lo&#x017F;en Wahn&#x017F;inns, der mich am letzten Tage er¬<lb/>
griffen, mir dies Andenken ge&#x017F;chickt zuzu&#x017F;tellen,<lb/>
aber warum der Blutstropfe, der mich Ent&#x017F;etzli¬<lb/>
ches ahnen ließ, und jenes beinahe zu &#x017F;cha&#x0364;ferma&#x0364;¬<lb/>
ßige Pfand zur &#x017F;chauervollen Mahnung an eine<lb/>
Leiden&#x017F;chaft, die theures Herzblut ko&#x017F;ten konnte,<lb/>
hinauf&#x017F;teigerte? &#x2014; Das war jenes weiße Band,<lb/>
das mich, zum er&#x017F;ten Mal Seraphinen nahe, wie<lb/>
im leichten lo&#x017F;en Spiel umflatterte, und dem nun<lb/>
die dunkle Nacht das Wahrzeichen der Verletzung<lb/>
zum Tode gegeben. Nicht &#x017F;pielen &#x017F;oll der Knabe<lb/>
mit der Waffe, deren Gefa&#x0364;hrlichkeit er nicht er¬<lb/>
mißt! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Endlich hatten die Fru&#x0364;hlings&#x017F;tu&#x0364;rme zu toben<lb/>
aufgeho&#x0364;rt, der Sommer behauptete &#x017F;ein Recht,<lb/>
und war er&#x017F;t die Ka&#x0364;lte unertra&#x0364;glich, &#x017F;o wurd' es<lb/>
nun, als der Julius begonnen, die Hitze. Der<lb/>
Alte erkra&#x0364;ftigte &#x017F;ich zu&#x017F;ehends, und zog, wie er<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t zu thun pflegte, in einen Garten der Vor¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0179] lich die Spur eines Blutstropfens! — Vielleicht wußte Adelheid in jenen Augenblicken des bewußt¬ loſen Wahnſinns, der mich am letzten Tage er¬ griffen, mir dies Andenken geſchickt zuzuſtellen, aber warum der Blutstropfe, der mich Entſetzli¬ ches ahnen ließ, und jenes beinahe zu ſchaͤfermaͤ¬ ßige Pfand zur ſchauervollen Mahnung an eine Leidenſchaft, die theures Herzblut koſten konnte, hinaufſteigerte? — Das war jenes weiße Band, das mich, zum erſten Mal Seraphinen nahe, wie im leichten loſen Spiel umflatterte, und dem nun die dunkle Nacht das Wahrzeichen der Verletzung zum Tode gegeben. Nicht ſpielen ſoll der Knabe mit der Waffe, deren Gefaͤhrlichkeit er nicht er¬ mißt! — Endlich hatten die Fruͤhlingsſtuͤrme zu toben aufgehoͤrt, der Sommer behauptete ſein Recht, und war erſt die Kaͤlte unertraͤglich, ſo wurd' es nun, als der Julius begonnen, die Hitze. Der Alte erkraͤftigte ſich zuſehends, und zog, wie er ſonſt zu thun pflegte, in einen Garten der Vor¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/179
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/179>, abgerufen am 23.05.2024.