sche hin auf die Fensterbank und verschwand hinter dem Vorhange. Erstarrt blieb ich stehen, ein son¬ derbar bänglich wonniges Gefühl durchströmte mit elektrischer Wärme mein Inneres, unverwandt blickte ich herauf nach dem verhängnißvollen Fenster, und wohl mag ein sehnsuchtsvoller Seufzer meiner Brust entflohen seyn. Ich wurde endlich wach und fand mich umringt von vielen Menschen allerlei Standes, die so wie ich mit neugierigen Gesichtern herauf guckten. Das verdroß mich, aber gleich fiel mir ein, daß jedes Hauptstadtvolk jenem glei¬ che, das zahllos vor dem Hause versammelt, nicht zu gaffen und sich darüber zu verwundern aufhören konnte, daß eine Schlafmütze aus dem sechsten Stock herabgestürzt, ohne eine Masche zu zer¬ reißen. -- Ich schlich mich leise fort, und der pro¬ saische Dämon flüsterte mir sehr vernehmlich in die Ohren, daß so eben die reiche, sonntäglich geschmückte Conditorsfrau eine geleerte Flasche feinen Rosen¬ wassers o. s. auf die Fensterbank gestellt. -- Seltner Fall! -- mir kam urplötzlich ein sehr
ſche hin auf die Fenſterbank und verſchwand hinter dem Vorhange. Erſtarrt blieb ich ſtehen, ein ſon¬ derbar baͤnglich wonniges Gefuͤhl durchſtroͤmte mit elektriſcher Waͤrme mein Inneres, unverwandt blickte ich herauf nach dem verhaͤngnißvollen Fenſter, und wohl mag ein ſehnſuchtsvoller Seufzer meiner Bruſt entflohen ſeyn. Ich wurde endlich wach und fand mich umringt von vielen Menſchen allerlei Standes, die ſo wie ich mit neugierigen Geſichtern herauf guckten. Das verdroß mich, aber gleich fiel mir ein, daß jedes Hauptſtadtvolk jenem glei¬ che, das zahllos vor dem Hauſe verſammelt, nicht zu gaffen und ſich daruͤber zu verwundern aufhoͤren konnte, daß eine Schlafmuͤtze aus dem ſechsten Stock herabgeſtuͤrzt, ohne eine Maſche zu zer¬ reißen. — Ich ſchlich mich leiſe fort, und der pro¬ ſaiſche Daͤmon fluͤſterte mir ſehr vernehmlich in die Ohren, daß ſo eben die reiche, ſonntaͤglich geſchmuͤckte Conditorsfrau eine geleerte Flaſche feinen Roſen¬ waſſers o. ſ. auf die Fenſterbank geſtellt. — Seltner Fall! — mir kam urploͤtzlich ein ſehr
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ſche hin auf die Fenſterbank und verſchwand hinter
dem Vorhange. Erſtarrt blieb ich ſtehen, ein ſon¬
derbar baͤnglich wonniges Gefuͤhl durchſtroͤmte mit
elektriſcher Waͤrme mein Inneres, unverwandt
blickte ich herauf nach dem verhaͤngnißvollen Fenſter,
und wohl mag ein ſehnſuchtsvoller Seufzer meiner
Bruſt entflohen ſeyn. Ich wurde endlich wach und
fand mich umringt von vielen Menſchen allerlei
Standes, die ſo wie ich mit neugierigen Geſichtern
herauf guckten. Das verdroß mich, aber gleich
fiel mir ein, daß jedes Hauptſtadtvolk jenem glei¬
che, das zahllos vor dem Hauſe verſammelt, nicht
zu gaffen und ſich daruͤber zu verwundern aufhoͤren
konnte, daß eine Schlafmuͤtze aus dem ſechsten
Stock herabgeſtuͤrzt, ohne eine Maſche zu zer¬
reißen. — Ich ſchlich mich leiſe fort, und der pro¬
ſaiſche Daͤmon fluͤſterte mir ſehr vernehmlich in die
Ohren, daß ſo eben die reiche, ſonntaͤglich geſchmuͤckte
Conditorsfrau eine geleerte Flaſche feinen Roſen¬
waſſers o. ſ. auf die Fenſterbank geſtellt. —
Seltner Fall! — mir kam urploͤtzlich ein ſehr
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/22>, abgerufen am 21.11.2024.
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