Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

mit elektrischer Wärme durchglüht. "Sie haben
da einen niedlichen Spiegel," sprach eine Stimme
neben mir. Ich erwachte aus dem Traum und war
nicht wenig betroffen, als ich neben mir von beiden
Seiten mich zweideutig anlächelnde Gesichter er¬
blickte. Mehrere Personen hatten auf derselben
Bank Platz genommen, und nichts war gewisser,
als daß ich ihnen mit dem starren Hineinblicken in
den Spiegel und vielleicht auch mit einigen seltsa¬
men Gesichtern, die ich in meinem exaltirtem Zu¬
stande schnitt, auf meine Kosten ein ergötzliches
Schauspiel gegeben. "Sie haben da einen nied¬
lichen Spiegel," wiederholte der Mann, als ich
nicht antwortete, mit einem Blick, der jener Frage
noch hinzufügte: "Aber sagen Sie mir, was soll
das wahnsinnige Hineinstarren, erscheinen Ihnen
Geister" etc. Der Mann, schon ziemlich hoch in
Jahren, sehr sauber gekleidet, hatte im Ton der
Rede, im Blick etwas ungemein Gutmüthiges und
Zutrauen Erweckendes. Ich nahm gar keinen An¬
stand, ihm geradehin zu sagen, daß ich im Spie¬

C

mit elektriſcher Waͤrme durchgluͤht. „Sie haben
da einen niedlichen Spiegel,“ ſprach eine Stimme
neben mir. Ich erwachte aus dem Traum und war
nicht wenig betroffen, als ich neben mir von beiden
Seiten mich zweideutig anlaͤchelnde Geſichter er¬
blickte. Mehrere Perſonen hatten auf derſelben
Bank Platz genommen, und nichts war gewiſſer,
als daß ich ihnen mit dem ſtarren Hineinblicken in
den Spiegel und vielleicht auch mit einigen ſeltſa¬
men Geſichtern, die ich in meinem exaltirtem Zu¬
ſtande ſchnitt, auf meine Koſten ein ergoͤtzliches
Schauſpiel gegeben. „Sie haben da einen nied¬
lichen Spiegel,“ wiederholte der Mann, als ich
nicht antwortete, mit einem Blick, der jener Frage
noch hinzufuͤgte: „Aber ſagen Sie mir, was ſoll
das wahnſinnige Hineinſtarren, erſcheinen Ihnen
Geiſter“ ꝛc. Der Mann, ſchon ziemlich hoch in
Jahren, ſehr ſauber gekleidet, hatte im Ton der
Rede, im Blick etwas ungemein Gutmuͤthiges und
Zutrauen Erweckendes. Ich nahm gar keinen An¬
ſtand, ihm geradehin zu ſagen, daß ich im Spie¬

C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="33"/>
mit elektri&#x017F;cher Wa&#x0364;rme durchglu&#x0364;ht. &#x201E;Sie haben<lb/>
da einen niedlichen Spiegel,&#x201C; &#x017F;prach eine Stimme<lb/>
neben mir. Ich erwachte aus dem Traum und war<lb/>
nicht wenig betroffen, als ich neben mir von beiden<lb/>
Seiten mich zweideutig anla&#x0364;chelnde Ge&#x017F;ichter er¬<lb/>
blickte. Mehrere Per&#x017F;onen hatten auf der&#x017F;elben<lb/>
Bank Platz genommen, und nichts war gewi&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
als daß ich ihnen mit dem &#x017F;tarren Hineinblicken in<lb/>
den Spiegel und vielleicht auch mit einigen &#x017F;elt&#x017F;<lb/>
men Ge&#x017F;ichtern, die ich in meinem exaltirtem Zu¬<lb/>
&#x017F;tande &#x017F;chnitt, auf meine Ko&#x017F;ten ein ergo&#x0364;tzliches<lb/>
Schau&#x017F;piel gegeben. &#x201E;Sie haben da einen nied¬<lb/>
lichen Spiegel,&#x201C; wiederholte der Mann, als ich<lb/>
nicht antwortete, mit einem Blick, der jener Frage<lb/>
noch hinzufu&#x0364;gte: &#x201E;Aber &#x017F;agen Sie mir, was &#x017F;oll<lb/>
das wahn&#x017F;innige Hinein&#x017F;tarren, er&#x017F;cheinen Ihnen<lb/>
Gei&#x017F;ter&#x201C; &#xA75B;c. Der Mann, &#x017F;chon ziemlich hoch in<lb/>
Jahren, &#x017F;ehr &#x017F;auber gekleidet, hatte im Ton der<lb/>
Rede, im Blick etwas ungemein Gutmu&#x0364;thiges und<lb/>
Zutrauen Erweckendes. Ich nahm gar keinen An¬<lb/>
&#x017F;tand, ihm geradehin zu &#x017F;agen, daß ich im Spie¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0041] mit elektriſcher Waͤrme durchgluͤht. „Sie haben da einen niedlichen Spiegel,“ ſprach eine Stimme neben mir. Ich erwachte aus dem Traum und war nicht wenig betroffen, als ich neben mir von beiden Seiten mich zweideutig anlaͤchelnde Geſichter er¬ blickte. Mehrere Perſonen hatten auf derſelben Bank Platz genommen, und nichts war gewiſſer, als daß ich ihnen mit dem ſtarren Hineinblicken in den Spiegel und vielleicht auch mit einigen ſeltſa¬ men Geſichtern, die ich in meinem exaltirtem Zu¬ ſtande ſchnitt, auf meine Koſten ein ergoͤtzliches Schauſpiel gegeben. „Sie haben da einen nied¬ lichen Spiegel,“ wiederholte der Mann, als ich nicht antwortete, mit einem Blick, der jener Frage noch hinzufuͤgte: „Aber ſagen Sie mir, was ſoll das wahnſinnige Hineinſtarren, erſcheinen Ihnen Geiſter“ ꝛc. Der Mann, ſchon ziemlich hoch in Jahren, ſehr ſauber gekleidet, hatte im Ton der Rede, im Blick etwas ungemein Gutmuͤthiges und Zutrauen Erweckendes. Ich nahm gar keinen An¬ ſtand, ihm geradehin zu ſagen, daß ich im Spie¬ C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/41
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/41>, abgerufen am 23.11.2024.