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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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vom Fenster fort und ließ die Jalousie herunter."
"War es denn gewiß ein Bild?" fragte ich noch¬
mahls ganz bestürzt. "Trauen Sie meinen Au¬
gen," erwiederte der Alte. "Daß Sie nur den
Reflex des Bildes im Spiegel sahen, vermehrte
gewiß sehr die optische Täuschung und -- wie ich
noch in Ihren Jahren war, hätt' ich nicht auch
das Bild eines schönen Mädchens, kraft meiner
Fantasie, ins Leben gerufen?" "Aber Hand und
Arm bewegten sich doch," fiel ich ein. "Ja, ja,
sie regten sich, alles regte sich," sprach der Alte,
lächelnd und sanft mich auf die Schulter klopfend.
Dann stand er auf und verließ mich, höflich sich
verbeugend, mit den Worten: "Nehmen Sie Sich
doch vor Taschenspiegeln in Acht, die so häßlich lügen.
-- Ganz gehorsamster Diener." -- Ihr könnt
denken, wie mir zu Muthe war, als ich mich so als
einen thörichten, blödsichtigen Fantasten behandelt
sah. Mir kam die Ueberzeugung, daß der Alte
Recht hatte, und daß nur in mir selbst das tolle
Gaukelspiel aufgegangen, das mich mit dem öden

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vom Fenſter fort und ließ die Jalouſie herunter.“
„War es denn gewiß ein Bild?“ fragte ich noch¬
mahls ganz beſtuͤrzt. „Trauen Sie meinen Au¬
gen,“ erwiederte der Alte. „Daß Sie nur den
Reflex des Bildes im Spiegel ſahen, vermehrte
gewiß ſehr die optiſche Taͤuſchung und — wie ich
noch in Ihren Jahren war, haͤtt' ich nicht auch
das Bild eines ſchoͤnen Maͤdchens, kraft meiner
Fantaſie, ins Leben gerufen?“ „Aber Hand und
Arm bewegten ſich doch,“ fiel ich ein. „Ja, ja,
ſie regten ſich, alles regte ſich,“ ſprach der Alte,
laͤchelnd und ſanft mich auf die Schulter klopfend.
Dann ſtand er auf und verließ mich, hoͤflich ſich
verbeugend, mit den Worten: „Nehmen Sie Sich
doch vor Taſchenſpiegeln in Acht, die ſo haͤßlich luͤgen.
— Ganz gehorſamſter Diener.“ — Ihr koͤnnt
denken, wie mir zu Muthe war, als ich mich ſo als
einen thoͤrichten, bloͤdſichtigen Fantaſten behandelt
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[35/0043] vom Fenſter fort und ließ die Jalouſie herunter.“ „War es denn gewiß ein Bild?“ fragte ich noch¬ mahls ganz beſtuͤrzt. „Trauen Sie meinen Au¬ gen,“ erwiederte der Alte. „Daß Sie nur den Reflex des Bildes im Spiegel ſahen, vermehrte gewiß ſehr die optiſche Taͤuſchung und — wie ich noch in Ihren Jahren war, haͤtt' ich nicht auch das Bild eines ſchoͤnen Maͤdchens, kraft meiner Fantaſie, ins Leben gerufen?“ „Aber Hand und Arm bewegten ſich doch,“ fiel ich ein. „Ja, ja, ſie regten ſich, alles regte ſich,“ ſprach der Alte, laͤchelnd und ſanft mich auf die Schulter klopfend. Dann ſtand er auf und verließ mich, hoͤflich ſich verbeugend, mit den Worten: „Nehmen Sie Sich doch vor Taſchenſpiegeln in Acht, die ſo haͤßlich luͤgen. — Ganz gehorſamſter Diener.“ — Ihr koͤnnt denken, wie mir zu Muthe war, als ich mich ſo als einen thoͤrichten, bloͤdſichtigen Fantaſten behandelt ſah. Mir kam die Ueberzeugung, daß der Alte Recht hatte, und daß nur in mir ſelbſt das tolle Gaukelſpiel aufgegangen, das mich mit dem oͤden C 2

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/43>, abgerufen am 21.11.2024.