Anwesenden, ein als scharfsinniger Beobachter be¬ kannter Mediziner, an, "das Wichtigste von Allem bleibt mir immer, daß der Magnetismus manches Geheimniß, das wir als gemeine schlichte Lebens¬ erfahrung nun eben für kein Geheimniß erkennen wollen, zu erschließen scheint. Nur müssen wir frei¬ lich behutsam zu Werke gehn. -- Wie kommt es denn, daß ohne allen äußern oder innern uns be¬ kannten Anlaß, ja unsere Ideenkette zerreißend, irgend eine Person, oder wohl gar das treue Bild irgend einer Begebenheit so lebendig, so sich unsers ganzen Ichs bemeisternd in den Sinn kommt, daß wir selbst darüber erstaunen. Am merkwürdigsten ist es, daß wir oft im Traume auffahren. Das ganze Traumbild ist in den schwarzen Abgrund ver¬ sunken, und im neuen, von jenem Bilde ganz un¬ abhängigen Traum tritt uns mit voller Kraft des Lebens ein Bild entgegen, das uns in ferne Gegen¬ den versetzt und plötzlich scheinbar uns ganz fremd gewordene Personen, an die wir seit Jahren nicht mehr dachten, uns entgegenführt. Ja, noch mehr!
Anweſenden, ein als ſcharfſinniger Beobachter be¬ kannter Mediziner, an, „das Wichtigſte von Allem bleibt mir immer, daß der Magnetismus manches Geheimniß, das wir als gemeine ſchlichte Lebens¬ erfahrung nun eben fuͤr kein Geheimniß erkennen wollen, zu erſchließen ſcheint. Nur muͤſſen wir frei¬ lich behutſam zu Werke gehn. — Wie kommt es denn, daß ohne allen aͤußern oder innern uns be¬ kannten Anlaß, ja unſere Ideenkette zerreißend, irgend eine Perſon, oder wohl gar das treue Bild irgend einer Begebenheit ſo lebendig, ſo ſich unſers ganzen Ichs bemeiſternd in den Sinn kommt, daß wir ſelbſt daruͤber erſtaunen. Am merkwuͤrdigſten iſt es, daß wir oft im Traume auffahren. Das ganze Traumbild iſt in den ſchwarzen Abgrund ver¬ ſunken, und im neuen, von jenem Bilde ganz un¬ abhaͤngigen Traum tritt uns mit voller Kraft des Lebens ein Bild entgegen, das uns in ferne Gegen¬ den verſetzt und ploͤtzlich ſcheinbar uns ganz fremd gewordene Perſonen, an die wir ſeit Jahren nicht mehr dachten, uns entgegenfuͤhrt. Ja, noch mehr!
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Anweſenden, ein als ſcharfſinniger Beobachter be¬
kannter Mediziner, an, „das Wichtigſte von Allem
bleibt mir immer, daß der Magnetismus manches
Geheimniß, das wir als gemeine ſchlichte Lebens¬
erfahrung nun eben fuͤr kein Geheimniß erkennen
wollen, zu erſchließen ſcheint. Nur muͤſſen wir frei¬
lich behutſam zu Werke gehn. — Wie kommt es
denn, daß ohne allen aͤußern oder innern uns be¬
kannten Anlaß, ja unſere Ideenkette zerreißend,
irgend eine Perſon, oder wohl gar das treue Bild
irgend einer Begebenheit ſo lebendig, ſo ſich unſers
ganzen Ichs bemeiſternd in den Sinn kommt, daß
wir ſelbſt daruͤber erſtaunen. Am merkwuͤrdigſten
iſt es, daß wir oft im Traume auffahren. Das
ganze Traumbild iſt in den ſchwarzen Abgrund ver¬
ſunken, und im neuen, von jenem Bilde ganz un¬
abhaͤngigen Traum tritt uns mit voller Kraft des
Lebens ein Bild entgegen, das uns in ferne Gegen¬
den verſetzt und ploͤtzlich ſcheinbar uns ganz fremd
gewordene Perſonen, an die wir ſeit Jahren nicht
mehr dachten, uns entgegenfuͤhrt. Ja, noch mehr!
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/53>, abgerufen am 24.11.2024.
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