oft schauen wir auf eben die Weise ganz fremde un¬ bekannte Personen, die wir vielleicht Jahre nach¬ her erst kennen lernen. Das Bekannte: Mein Gott, der Mann, die Frau, kommt mir so zum Erstaunen bekannt vor, ich dächt' ich hätt' ihn, sie, schon irgendwo gesehen, ist vielleicht, da dies oft schlechterdings unmöglich, die dunkle Erinnerung an ein solches Traumbild. Wie wenn dies plötz¬ liche Hineinspringen fremder Bilder in unsere Ideenreihe, die uns gleich mit besonderer Kraft zu ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes psychisches Prinzip veranlaßt würde? Wie wenn es dem frem¬ den Geiste unter gewissen Umständen möglich wäre, den magnetischen Rapport auch ohne Vorbereitung so herbei zu führen, daß wir uns willenlos ihm fügen müßten?" "So kämen wir," fiel ein An¬ derer lachend ein, "mit einem gar nicht zu großen Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬ bildern, Spiegeln und andern unsinnigen abergläu¬ bischen Fantastereien längst verjährter alberner Zeit." "Ei," unterbrach der Mediziner den Un¬
oft ſchauen wir auf eben die Weiſe ganz fremde un¬ bekannte Perſonen, die wir vielleicht Jahre nach¬ her erſt kennen lernen. Das Bekannte: Mein Gott, der Mann, die Frau, kommt mir ſo zum Erſtaunen bekannt vor, ich daͤcht' ich haͤtt' ihn, ſie, ſchon irgendwo geſehen, iſt vielleicht, da dies oft ſchlechterdings unmoͤglich, die dunkle Erinnerung an ein ſolches Traumbild. Wie wenn dies ploͤtz¬ liche Hineinſpringen fremder Bilder in unſere Ideenreihe, die uns gleich mit beſonderer Kraft zu ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes pſychiſches Prinzip veranlaßt wuͤrde? Wie wenn es dem frem¬ den Geiſte unter gewiſſen Umſtaͤnden moͤglich waͤre, den magnetiſchen Rapport auch ohne Vorbereitung ſo herbei zu fuͤhren, daß wir uns willenlos ihm fuͤgen muͤßten?“ „So kaͤmen wir,“ fiel ein An¬ derer lachend ein, „mit einem gar nicht zu großen Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬ bildern, Spiegeln und andern unſinnigen aberglaͤu¬ biſchen Fantaſtereien laͤngſt verjaͤhrter alberner Zeit.“ „Ei,“ unterbrach der Mediziner den Un¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0054"n="46"/>
oft ſchauen wir auf eben die Weiſe ganz fremde un¬<lb/>
bekannte Perſonen, die wir vielleicht Jahre nach¬<lb/>
her erſt kennen lernen. Das Bekannte: Mein<lb/>
Gott, der Mann, die Frau, kommt mir ſo zum<lb/>
Erſtaunen bekannt vor, ich daͤcht' ich haͤtt' ihn, ſie,<lb/>ſchon irgendwo geſehen, iſt vielleicht, da dies oft<lb/>ſchlechterdings unmoͤglich, die dunkle Erinnerung<lb/>
an ein ſolches Traumbild. Wie wenn dies ploͤtz¬<lb/>
liche Hineinſpringen fremder Bilder in unſere<lb/>
Ideenreihe, die uns gleich mit beſonderer Kraft zu<lb/>
ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes pſychiſches<lb/>
Prinzip veranlaßt wuͤrde? Wie wenn es dem frem¬<lb/>
den Geiſte unter gewiſſen Umſtaͤnden moͤglich waͤre,<lb/>
den magnetiſchen Rapport auch ohne Vorbereitung<lb/>ſo herbei zu fuͤhren, daß wir uns willenlos ihm<lb/>
fuͤgen muͤßten?“„So kaͤmen wir,“ fiel ein An¬<lb/>
derer lachend ein, „mit einem gar nicht zu großen<lb/>
Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬<lb/>
bildern, Spiegeln und andern unſinnigen aberglaͤu¬<lb/>
biſchen Fantaſtereien laͤngſt verjaͤhrter alberner<lb/>
Zeit.“„Ei,“ unterbrach der Mediziner den Un¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[46/0054]
oft ſchauen wir auf eben die Weiſe ganz fremde un¬
bekannte Perſonen, die wir vielleicht Jahre nach¬
her erſt kennen lernen. Das Bekannte: Mein
Gott, der Mann, die Frau, kommt mir ſo zum
Erſtaunen bekannt vor, ich daͤcht' ich haͤtt' ihn, ſie,
ſchon irgendwo geſehen, iſt vielleicht, da dies oft
ſchlechterdings unmoͤglich, die dunkle Erinnerung
an ein ſolches Traumbild. Wie wenn dies ploͤtz¬
liche Hineinſpringen fremder Bilder in unſere
Ideenreihe, die uns gleich mit beſonderer Kraft zu
ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes pſychiſches
Prinzip veranlaßt wuͤrde? Wie wenn es dem frem¬
den Geiſte unter gewiſſen Umſtaͤnden moͤglich waͤre,
den magnetiſchen Rapport auch ohne Vorbereitung
ſo herbei zu fuͤhren, daß wir uns willenlos ihm
fuͤgen muͤßten?“ „So kaͤmen wir,“ fiel ein An¬
derer lachend ein, „mit einem gar nicht zu großen
Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬
bildern, Spiegeln und andern unſinnigen aberglaͤu¬
biſchen Fantaſtereien laͤngſt verjaͤhrter alberner
Zeit.“ „Ei,“ unterbrach der Mediziner den Un¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/54>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.