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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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oft schauen wir auf eben die Weise ganz fremde un¬
bekannte Personen, die wir vielleicht Jahre nach¬
her erst kennen lernen. Das Bekannte: Mein
Gott, der Mann, die Frau, kommt mir so zum
Erstaunen bekannt vor, ich dächt' ich hätt' ihn, sie,
schon irgendwo gesehen, ist vielleicht, da dies oft
schlechterdings unmöglich, die dunkle Erinnerung
an ein solches Traumbild. Wie wenn dies plötz¬
liche Hineinspringen fremder Bilder in unsere
Ideenreihe, die uns gleich mit besonderer Kraft zu
ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes psychisches
Prinzip veranlaßt würde? Wie wenn es dem frem¬
den Geiste unter gewissen Umständen möglich wäre,
den magnetischen Rapport auch ohne Vorbereitung
so herbei zu führen, daß wir uns willenlos ihm
fügen müßten?" "So kämen wir," fiel ein An¬
derer lachend ein, "mit einem gar nicht zu großen
Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬
bildern, Spiegeln und andern unsinnigen abergläu¬
bischen Fantastereien längst verjährter alberner
Zeit." "Ei," unterbrach der Mediziner den Un¬

oft ſchauen wir auf eben die Weiſe ganz fremde un¬
bekannte Perſonen, die wir vielleicht Jahre nach¬
her erſt kennen lernen. Das Bekannte: Mein
Gott, der Mann, die Frau, kommt mir ſo zum
Erſtaunen bekannt vor, ich daͤcht' ich haͤtt' ihn, ſie,
ſchon irgendwo geſehen, iſt vielleicht, da dies oft
ſchlechterdings unmoͤglich, die dunkle Erinnerung
an ein ſolches Traumbild. Wie wenn dies ploͤtz¬
liche Hineinſpringen fremder Bilder in unſere
Ideenreihe, die uns gleich mit beſonderer Kraft zu
ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes pſychiſches
Prinzip veranlaßt wuͤrde? Wie wenn es dem frem¬
den Geiſte unter gewiſſen Umſtaͤnden moͤglich waͤre,
den magnetiſchen Rapport auch ohne Vorbereitung
ſo herbei zu fuͤhren, daß wir uns willenlos ihm
fuͤgen muͤßten?“ „So kaͤmen wir,“ fiel ein An¬
derer lachend ein, „mit einem gar nicht zu großen
Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬
bildern, Spiegeln und andern unſinnigen aberglaͤu¬
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[46/0054] oft ſchauen wir auf eben die Weiſe ganz fremde un¬ bekannte Perſonen, die wir vielleicht Jahre nach¬ her erſt kennen lernen. Das Bekannte: Mein Gott, der Mann, die Frau, kommt mir ſo zum Erſtaunen bekannt vor, ich daͤcht' ich haͤtt' ihn, ſie, ſchon irgendwo geſehen, iſt vielleicht, da dies oft ſchlechterdings unmoͤglich, die dunkle Erinnerung an ein ſolches Traumbild. Wie wenn dies ploͤtz¬ liche Hineinſpringen fremder Bilder in unſere Ideenreihe, die uns gleich mit beſonderer Kraft zu ergreifen pflegen, eben durch ein fremdes pſychiſches Prinzip veranlaßt wuͤrde? Wie wenn es dem frem¬ den Geiſte unter gewiſſen Umſtaͤnden moͤglich waͤre, den magnetiſchen Rapport auch ohne Vorbereitung ſo herbei zu fuͤhren, daß wir uns willenlos ihm fuͤgen muͤßten?“ „So kaͤmen wir,“ fiel ein An¬ derer lachend ein, „mit einem gar nicht zu großen Schritt auf die Lehre von Verhexungen, Zauber¬ bildern, Spiegeln und andern unſinnigen aberglaͤu¬ biſchen Fantaſtereien laͤngſt verjaͤhrter alberner Zeit.“ „Ei,“ unterbrach der Mediziner den Un¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/54>, abgerufen am 21.11.2024.