Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.Hochzeit-Gedichte. Sind zu Jerusalem ein stinckend Gottesdienst.Ja die mit brunst sich unterstehen In GOttes heiligthum zu gehen/ Bekommen fluch zu lohn/ und straffe zu gewinst. Wie ist denn er/ vertrauter freund/ Der GOtte dienen muß und beym altare wachen/ Nicht auch der süssen liebe feind? Schickt sichs/ ein priester seyn/ und gleichwohl hochzeit machen? Ja ja! gar wol! was GOttes liebes kind/ Was die natur den seelen eingesämet/ Steh't auch für GOtt im tempeln unbeschämet. Es schickt sich wohl daß priester väter sind/ Die lieb in keuscher eh' entweyht kein opffer nicht. Das heiligthum wird nur beflecket/ Wenn geile brunst im hertzen stecket: Die GOttes ordnung stör't/ und eh' und eydschwur bricht. Der schnöde mißbrauch böser brunst Ist unwerth/ daß er soll der liebe nahmen führen. Der lufft-gestirne falscher dunst Macht nicht/ daß stern und sonn' ihr wahres licht verliehren. Wenn jene fall'n zeräschert in den grund/ So gläntzen die ins himmels güldnen zimmern. Denn schwefel kan nicht wie die sternen schimmern. Verkehret doch der schlangen geifer-mund In wermuth-bittres gifft gesunder kräuter safft/ Woraus die bienen honig saugen: So kehrt der liebe tauben-augen Der boßheit zauber-kunst in basilisken-krafft. Der edlen rose perlen-haupt Wird/ ob die röthe sich schon ihrem schnee vermählet/ Der reinen zierde nicht beraubt. Die jungferschafft hat sie für ihren krantz erwehlet/ Bepurpert sie gleich Cythereens blut. Der keuschheit bild/ die lilje selbst/ empfindet Den süssen trieb/ der alle seelen bindet/ Den anmuths-reitz/ des liebens reine glut. Und welche blume gläntzt/ die dieser geist nicht rühr? Der thau zeigt ihre liebes-thränen/ Und ihr geruch das süsse sehnen/ Die röthe bildet gar verliebte flammen für. So
Hochzeit-Gedichte. Sind zu Jeruſalem ein ſtinckend Gottesdienſt.Ja die mit brunſt ſich unterſtehen In GOttes heiligthum zu gehen/ Bekommen fluch zu lohn/ und ſtraffe zu gewinſt. Wie iſt denn er/ vertrauter freund/ Der GOtte dienen muß und beym altare wachen/ Nicht auch der ſuͤſſen liebe feind? Schickt ſichs/ ein prieſter ſeyn/ und gleichwohl hochzeit machen? Ja ja! gar wol! was GOttes liebes kind/ Was die natur den ſeelen eingeſaͤmet/ Steh’t auch fuͤr GOtt im tempeln unbeſchaͤmet. Es ſchickt ſich wohl daß prieſter vaͤter ſind/ Die lieb in keuſcher eh’ entweyht kein opffer nicht. Das heiligthum wird nur beflecket/ Wenn geile brunſt im hertzen ſtecket: Die GOttes ordnung ſtoͤr’t/ und eh’ und eydſchwur bricht. Der ſchnoͤde mißbrauch boͤſer brunſt Iſt unwerth/ daß er ſoll der liebe nahmen fuͤhren. Der lufft-geſtirne falſcher dunſt Macht nicht/ daß ſtern und ſonn’ ihr wahres licht verliehren. Wenn jene fall’n zeraͤſchert in den grund/ So glaͤntzen die ins himmels guͤldnen zimmern. Denn ſchwefel kan nicht wie die ſternen ſchimmern. Verkehret doch der ſchlangen geifer-mund In wermuth-bittres gifft geſunder kraͤuter ſafft/ Woraus die bienen honig ſaugen: So kehrt der liebe tauben-augen Der boßheit zauber-kunſt in baſilisken-krafft. Der edlen roſe perlen-haupt Wird/ ob die roͤthe ſich ſchon ihrem ſchnee vermaͤhlet/ Der reinen zierde nicht beraubt. Die jungferſchafft hat ſie fuͤr ihren krantz erwehlet/ Bepurpert ſie gleich Cythereens blut. Der keuſchheit bild/ die lilje ſelbſt/ empfindet Den ſuͤſſen trieb/ der alle ſeelen bindet/ Den anmuths-reitz/ des liebens reine glut. Und welche blume glaͤntzt/ die dieſer geiſt nicht ruͤhr? Der thau zeigt ihre liebes-thraͤnen/ Und ihr geruch das ſuͤſſe ſehnen/ Die roͤthe bildet gar verliebte flammen fuͤr. So
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <pb facs="#f0152" n="108"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Sind zu Jeruſalem ein ſtinckend Gottesdienſt.</l><lb/> <l>Ja die mit brunſt ſich unterſtehen</l><lb/> <l>In GOttes heiligthum zu gehen/</l><lb/> <l>Bekommen fluch zu lohn/ und ſtraffe zu gewinſt.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Wie iſt denn er/ vertrauter freund/</l><lb/> <l>Der GOtte dienen muß und beym altare wachen/</l><lb/> <l>Nicht auch der ſuͤſſen liebe feind?</l><lb/> <l>Schickt ſichs/ ein prieſter ſeyn/ und gleichwohl hochzeit machen?</l><lb/> <l>Ja ja! gar wol! was GOttes liebes kind/</l><lb/> <l>Was die natur den ſeelen eingeſaͤmet/</l><lb/> <l>Steh’t auch fuͤr GOtt im tempeln unbeſchaͤmet.</l><lb/> <l>Es ſchickt ſich wohl daß prieſter vaͤter ſind/</l><lb/> <l>Die lieb in keuſcher eh’ entweyht kein opffer nicht.</l><lb/> <l>Das heiligthum wird nur beflecket/</l><lb/> <l>Wenn geile brunſt im hertzen ſtecket:</l><lb/> <l>Die GOttes ordnung ſtoͤr’t/ und eh’ und eydſchwur bricht.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Der ſchnoͤde mißbrauch boͤſer brunſt</l><lb/> <l>Iſt unwerth/ daß er ſoll der liebe nahmen fuͤhren.</l><lb/> <l>Der lufft-geſtirne falſcher dunſt</l><lb/> <l>Macht nicht/ daß ſtern und ſonn’ ihr wahres licht verliehren.</l><lb/> <l>Wenn jene fall’n zeraͤſchert in den grund/</l><lb/> <l>So glaͤntzen die ins himmels guͤldnen zimmern.</l><lb/> <l>Denn ſchwefel kan nicht wie die ſternen ſchimmern.</l><lb/> <l>Verkehret doch der ſchlangen geifer-mund</l><lb/> <l>In wermuth-bittres gifft geſunder kraͤuter ſafft/</l><lb/> <l>Woraus die bienen honig ſaugen:</l><lb/> <l>So kehrt der liebe tauben-augen</l><lb/> <l>Der boßheit zauber-kunſt in baſilisken-krafft.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Der edlen roſe perlen-haupt</l><lb/> <l>Wird/ ob die roͤthe ſich ſchon ihrem ſchnee vermaͤhlet/</l><lb/> <l>Der reinen zierde nicht beraubt.</l><lb/> <l>Die jungferſchafft hat ſie fuͤr ihren krantz erwehlet/</l><lb/> <l>Bepurpert ſie gleich Cythereens blut.</l><lb/> <l>Der keuſchheit bild/ die lilje ſelbſt/ empfindet</l><lb/> <l>Den ſuͤſſen trieb/ der alle ſeelen bindet/</l><lb/> <l>Den anmuths-reitz/ des liebens reine glut.</l><lb/> <l>Und welche blume glaͤntzt/ die dieſer geiſt nicht ruͤhr?</l><lb/> <l>Der thau zeigt ihre liebes-thraͤnen/</l><lb/> <l>Und ihr geruch das ſuͤſſe ſehnen/</l><lb/> <l>Die roͤthe bildet gar verliebte flammen fuͤr.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [108/0152]
Hochzeit-Gedichte.
Sind zu Jeruſalem ein ſtinckend Gottesdienſt.
Ja die mit brunſt ſich unterſtehen
In GOttes heiligthum zu gehen/
Bekommen fluch zu lohn/ und ſtraffe zu gewinſt.
Wie iſt denn er/ vertrauter freund/
Der GOtte dienen muß und beym altare wachen/
Nicht auch der ſuͤſſen liebe feind?
Schickt ſichs/ ein prieſter ſeyn/ und gleichwohl hochzeit machen?
Ja ja! gar wol! was GOttes liebes kind/
Was die natur den ſeelen eingeſaͤmet/
Steh’t auch fuͤr GOtt im tempeln unbeſchaͤmet.
Es ſchickt ſich wohl daß prieſter vaͤter ſind/
Die lieb in keuſcher eh’ entweyht kein opffer nicht.
Das heiligthum wird nur beflecket/
Wenn geile brunſt im hertzen ſtecket:
Die GOttes ordnung ſtoͤr’t/ und eh’ und eydſchwur bricht.
Der ſchnoͤde mißbrauch boͤſer brunſt
Iſt unwerth/ daß er ſoll der liebe nahmen fuͤhren.
Der lufft-geſtirne falſcher dunſt
Macht nicht/ daß ſtern und ſonn’ ihr wahres licht verliehren.
Wenn jene fall’n zeraͤſchert in den grund/
So glaͤntzen die ins himmels guͤldnen zimmern.
Denn ſchwefel kan nicht wie die ſternen ſchimmern.
Verkehret doch der ſchlangen geifer-mund
In wermuth-bittres gifft geſunder kraͤuter ſafft/
Woraus die bienen honig ſaugen:
So kehrt der liebe tauben-augen
Der boßheit zauber-kunſt in baſilisken-krafft.
Der edlen roſe perlen-haupt
Wird/ ob die roͤthe ſich ſchon ihrem ſchnee vermaͤhlet/
Der reinen zierde nicht beraubt.
Die jungferſchafft hat ſie fuͤr ihren krantz erwehlet/
Bepurpert ſie gleich Cythereens blut.
Der keuſchheit bild/ die lilje ſelbſt/ empfindet
Den ſuͤſſen trieb/ der alle ſeelen bindet/
Den anmuths-reitz/ des liebens reine glut.
Und welche blume glaͤntzt/ die dieſer geiſt nicht ruͤhr?
Der thau zeigt ihre liebes-thraͤnen/
Und ihr geruch das ſuͤſſe ſehnen/
Die roͤthe bildet gar verliebte flammen fuͤr.
So
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |