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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Begräbniß-Gedichte.
Aus dem ein trüber rauch mit diesen worten fuhr:
Je weniger ich bin/ ie höher will ich steigen.
Der zierrath ihrer brust/ war von corallen zweigen;
Denn dieses kraut und wir sind einerley natur;
Weil seine rancken bloß von kühler lufft der erden/
Die durch den hochmuths-wind zu harten steinen werden.

Die andre übertraff das gantze Morgenland/
Durch ihren kleider-schmuck an perlen und rubinen:
Die schuh bedeckte gold/ die stirne diamant/
Die haare muste Rom mit puder selbst bedienen;
Der mund stieß einen dampff von amber-kugeln aus/
Zur seiten aber stund ein tisch von helffenbeine/
Und neben dem ein faß mit Syracuser weine/
Die speise selber war ein grosses zucker-hauß/
Ein Indisch vogel-nest und eine Scarus-leber/
Mit dieser überschrifft: Der seelen todten-gräber.
Hier siehstu (fing indem die sünde wieder an)
Drey frauen/ lieber sohn/ die alle welt bethören:
Die erste zeiget ihr der wollust süsse bahn;
Die andre ist der geist der hoffart und der ehren;
Die dritte wohnet meist der reichen jugend bey/
Und läst/ dem nahmen nach/ sich die verschwendung nennen:
Die kinder geben dir hingegen zu erkennen/
Daß iede missethat klein und verächtlich sey/
Biß hölle/ furcht und tod das rechte bild gebähren/
Und ihren mücken-kopff in elephanten kehren.
Diß sagte sie/ und flog/ als wie ein plitz davon/
Die kinder folgten ihr/ die frauen aber blieben/
Und einer ieden ward durch ihren dürren sohn
Ein gantzer zeddel voll zu schaffen vorgeschrieben.
Die erste probe nahm die wollust über sich/
Allein ihr witz bestund wie butter an der sonne:
Denn unsre selige schlieff voller lust und wonne;
Weil GOttes engel nicht von ihrer seiten wich/
Und alles/ was diß weib an träumen nur erdachte/
Wie warme lufft den schnee/ zu schaum und wasser machte.
Der morgen zeigte kaum das lichte rosen-tuch/
So fieng das zauber-aß schon wieder an zu spücken:
Denn bald versuchte sie durch ein verliebtes buch/
Bald durch ein nacktes bild die seele zu berücken;
Bald

Begraͤbniß-Gedichte.
Aus dem ein truͤber rauch mit dieſen worten fuhr:
Je weniger ich bin/ ie hoͤher will ich ſteigen.
Der zierrath ihrer bruſt/ war von corallen zweigen;
Denn dieſes kraut und wir ſind einerley natur;
Weil ſeine rancken bloß von kuͤhler lufft der erden/
Die durch den hochmuths-wind zu harten ſteinen werden.

Die andre uͤbertraff das gantze Morgenland/
Durch ihren kleider-ſchmuck an perlen und rubinen:
Die ſchuh bedeckte gold/ die ſtirne diamant/
Die haare muſte Rom mit puder ſelbſt bedienen;
Der mund ſtieß einen dampff von amber-kugeln aus/
Zur ſeiten aber ſtund ein tiſch von helffenbeine/
Und neben dem ein faß mit Syracuſer weine/
Die ſpeiſe ſelber war ein groſſes zucker-hauß/
Ein Indiſch vogel-neſt und eine Scarus-leber/
Mit dieſer uͤberſchrifft: Der ſeelen todten-graͤber.
Hier ſiehſtu (fing indem die ſuͤnde wieder an)
Drey frauen/ lieber ſohn/ die alle welt bethoͤren:
Die erſte zeiget ihr der wolluſt ſuͤſſe bahn;
Die andre iſt der geiſt der hoffart und der ehren;
Die dritte wohnet meiſt der reichen jugend bey/
Und laͤſt/ dem nahmen nach/ ſich die verſchwendung nennen:
Die kinder geben dir hingegen zu erkennen/
Daß iede miſſethat klein und veraͤchtlich ſey/
Biß hoͤlle/ furcht und tod das rechte bild gebaͤhren/
Und ihren muͤcken-kopff in elephanten kehren.
Diß ſagte ſie/ und flog/ als wie ein plitz davon/
Die kinder folgten ihr/ die frauen aber blieben/
Und einer ieden ward durch ihren duͤrren ſohn
Ein gantzer zeddel voll zu ſchaffen vorgeſchrieben.
Die erſte probe nahm die wolluſt uͤber ſich/
Allein ihr witz beſtund wie butter an der ſonne:
Denn unſre ſelige ſchlieff voller luſt und wonne;
Weil GOttes engel nicht von ihrer ſeiten wich/
Und alles/ was diß weib an traͤumen nur erdachte/
Wie warme lufft den ſchnee/ zu ſchaum und waſſer machte.
Der morgen zeigte kaum das lichte roſen-tuch/
So fieng das zauber-aß ſchon wieder an zu ſpuͤcken:
Denn bald verſuchte ſie durch ein verliebtes buch/
Bald durch ein nacktes bild die ſeele zu beruͤcken;
Bald
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[138/0182] Begraͤbniß-Gedichte. Aus dem ein truͤber rauch mit dieſen worten fuhr: Je weniger ich bin/ ie hoͤher will ich ſteigen. Der zierrath ihrer bruſt/ war von corallen zweigen; Denn dieſes kraut und wir ſind einerley natur; Weil ſeine rancken bloß von kuͤhler lufft der erden/ Die durch den hochmuths-wind zu harten ſteinen werden. Die andre uͤbertraff das gantze Morgenland/ Durch ihren kleider-ſchmuck an perlen und rubinen: Die ſchuh bedeckte gold/ die ſtirne diamant/ Die haare muſte Rom mit puder ſelbſt bedienen; Der mund ſtieß einen dampff von amber-kugeln aus/ Zur ſeiten aber ſtund ein tiſch von helffenbeine/ Und neben dem ein faß mit Syracuſer weine/ Die ſpeiſe ſelber war ein groſſes zucker-hauß/ Ein Indiſch vogel-neſt und eine Scarus-leber/ Mit dieſer uͤberſchrifft: Der ſeelen todten-graͤber. Hier ſiehſtu (fing indem die ſuͤnde wieder an) Drey frauen/ lieber ſohn/ die alle welt bethoͤren: Die erſte zeiget ihr der wolluſt ſuͤſſe bahn; Die andre iſt der geiſt der hoffart und der ehren; Die dritte wohnet meiſt der reichen jugend bey/ Und laͤſt/ dem nahmen nach/ ſich die verſchwendung nennen: Die kinder geben dir hingegen zu erkennen/ Daß iede miſſethat klein und veraͤchtlich ſey/ Biß hoͤlle/ furcht und tod das rechte bild gebaͤhren/ Und ihren muͤcken-kopff in elephanten kehren. Diß ſagte ſie/ und flog/ als wie ein plitz davon/ Die kinder folgten ihr/ die frauen aber blieben/ Und einer ieden ward durch ihren duͤrren ſohn Ein gantzer zeddel voll zu ſchaffen vorgeſchrieben. Die erſte probe nahm die wolluſt uͤber ſich/ Allein ihr witz beſtund wie butter an der ſonne: Denn unſre ſelige ſchlieff voller luſt und wonne; Weil GOttes engel nicht von ihrer ſeiten wich/ Und alles/ was diß weib an traͤumen nur erdachte/ Wie warme lufft den ſchnee/ zu ſchaum und waſſer machte. Der morgen zeigte kaum das lichte roſen-tuch/ So fieng das zauber-aß ſchon wieder an zu ſpuͤcken: Denn bald verſuchte ſie durch ein verliebtes buch/ Bald durch ein nacktes bild die ſeele zu beruͤcken; Bald

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/182>, abgerufen am 18.12.2024.