Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Verliebte Arien.
Hier ist mein blut/ das treu und liebe weyht/
Die mich zuerst in sclaverey gestürtzet.
Was brachte mich um meine güldne zeit?
Wer hat den weg der freyheit abgekürtzet?
Der rauber war/ ach daß ichs sagen muß!
Ein eintzger kuß.
Ein eintzger kuß legt mir die ketten an/
So kan mich auch ein kuß davon entbinden.
Wiewohl der wunsch ist gantz umsonst gethan/
Mein seuffzer soll in tauber lufft verschwinden.
So muß mein hertz mit doppelt schwerer pein
Gestraffet seyn.
Gestraffet seyn/ und ohne missethat/
Wird auch kein gott vor recht und billig sprechen.
Doch weiß ich nicht/ wer mich gestraffet hat;
Vielleicht will sich der himmel an mir rächen.
Das macht/ du warst/ und mehr als er/ zugleich
Mein himmelreich.
Mein himmelreich wird mir zur höllen-pein.
Ich soll und muß/ ich will auch nur verderben;
Die freyheit wird in meinem grabe seyn;
Drum will ich gern als sclave grausam sterben.
Mein hertz giebt nur den seuffzer noch von sich:
Erbarme dich!

An die Livia.
MAcht kein funcke meiner flammen/
Livia/ dir einen brand?
Tausend schlagen offt zusammen/
Keiner nimmt doch überhand.
Du must kälter mir zur pein
Als ein Salamander seyn.
Ich
Verliebte Arien.
Hier iſt mein blut/ das treu und liebe weyht/
Die mich zuerſt in ſclaverey geſtuͤrtzet.
Was brachte mich um meine guͤldne zeit?
Wer hat den weg der freyheit abgekuͤrtzet?
Der rauber war/ ach daß ichs ſagen muß!
Ein eintzger kuß.
Ein eintzger kuß legt mir die ketten an/
So kan mich auch ein kuß davon entbinden.
Wiewohl der wunſch iſt gantz umſonſt gethan/
Mein ſeuffzer ſoll in tauber lufft verſchwinden.
So muß mein hertz mit doppelt ſchwerer pein
Geſtraffet ſeyn.
Geſtraffet ſeyn/ und ohne miſſethat/
Wird auch kein gott vor recht und billig ſprechen.
Doch weiß ich nicht/ wer mich geſtraffet hat;
Vielleicht will ſich der himmel an mir raͤchen.
Das macht/ du warſt/ und mehr als er/ zugleich
Mein himmelreich.
Mein himmelreich wird mir zur hoͤllen-pein.
Ich ſoll und muß/ ich will auch nur verderben;
Die freyheit wird in meinem grabe ſeyn;
Drum will ich gern als ſclave grauſam ſterben.
Mein hertz giebt nur den ſeuffzer noch von ſich:
Erbarme dich!

An die Livia.
MAcht kein funcke meiner flammen/
Livia/ dir einen brand?
Tauſend ſchlagen offt zuſammen/
Keiner nimmt doch uͤberhand.
Du muſt kaͤlter mir zur pein
Als ein Salamander ſeyn.
Ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0376" n="332"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Verliebte Arien.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Hier i&#x017F;t mein blut/ das treu und liebe weyht/</l><lb/>
            <l>Die mich zuer&#x017F;t in &#x017F;claverey ge&#x017F;tu&#x0364;rtzet.</l><lb/>
            <l>Was brachte mich um meine gu&#x0364;ldne zeit?</l><lb/>
            <l>Wer hat den weg der freyheit abgeku&#x0364;rtzet?</l><lb/>
            <l>Der rauber war/ ach daß ichs &#x017F;agen muß!</l><lb/>
            <l>Ein eintzger kuß.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Ein eintzger kuß legt mir die ketten an/</l><lb/>
            <l>So kan mich auch ein kuß davon entbinden.</l><lb/>
            <l>Wiewohl der wun&#x017F;ch i&#x017F;t gantz um&#x017F;on&#x017F;t gethan/</l><lb/>
            <l>Mein &#x017F;euffzer &#x017F;oll in tauber lufft ver&#x017F;chwinden.</l><lb/>
            <l>So muß mein hertz mit doppelt &#x017F;chwerer pein</l><lb/>
            <l>Ge&#x017F;traffet &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Ge&#x017F;traffet &#x017F;eyn/ und ohne mi&#x017F;&#x017F;ethat/</l><lb/>
            <l>Wird auch kein gott vor recht und billig &#x017F;prechen.</l><lb/>
            <l>Doch weiß ich nicht/ wer mich ge&#x017F;traffet hat;</l><lb/>
            <l>Vielleicht will &#x017F;ich der himmel an mir ra&#x0364;chen.</l><lb/>
            <l>Das macht/ du war&#x017F;t/ und mehr als er/ zugleich</l><lb/>
            <l>Mein himmelreich.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="7">
            <l>Mein himmelreich wird mir zur ho&#x0364;llen-pein.</l><lb/>
            <l>Ich &#x017F;oll und muß/ ich will auch nur verderben;</l><lb/>
            <l>Die freyheit wird in meinem grabe &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Drum will ich gern als &#x017F;clave grau&#x017F;am &#x017F;terben.</l><lb/>
            <l>Mein hertz giebt nur den &#x017F;euffzer noch von &#x017F;ich:</l><lb/>
            <l>Erbarme dich!</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">An die Livia.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">M</hi>Acht kein funcke meiner flammen/</l><lb/>
            <l>Livia/ dir einen brand?</l><lb/>
            <l>Tau&#x017F;end &#x017F;chlagen offt zu&#x017F;ammen/</l><lb/>
            <l>Keiner nimmt doch u&#x0364;berhand.</l><lb/>
            <l>Du mu&#x017F;t ka&#x0364;lter mir zur pein</l><lb/>
            <l>Als ein Salamander &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0376] Verliebte Arien. Hier iſt mein blut/ das treu und liebe weyht/ Die mich zuerſt in ſclaverey geſtuͤrtzet. Was brachte mich um meine guͤldne zeit? Wer hat den weg der freyheit abgekuͤrtzet? Der rauber war/ ach daß ichs ſagen muß! Ein eintzger kuß. Ein eintzger kuß legt mir die ketten an/ So kan mich auch ein kuß davon entbinden. Wiewohl der wunſch iſt gantz umſonſt gethan/ Mein ſeuffzer ſoll in tauber lufft verſchwinden. So muß mein hertz mit doppelt ſchwerer pein Geſtraffet ſeyn. Geſtraffet ſeyn/ und ohne miſſethat/ Wird auch kein gott vor recht und billig ſprechen. Doch weiß ich nicht/ wer mich geſtraffet hat; Vielleicht will ſich der himmel an mir raͤchen. Das macht/ du warſt/ und mehr als er/ zugleich Mein himmelreich. Mein himmelreich wird mir zur hoͤllen-pein. Ich ſoll und muß/ ich will auch nur verderben; Die freyheit wird in meinem grabe ſeyn; Drum will ich gern als ſclave grauſam ſterben. Mein hertz giebt nur den ſeuffzer noch von ſich: Erbarme dich! An die Livia. MAcht kein funcke meiner flammen/ Livia/ dir einen brand? Tauſend ſchlagen offt zuſammen/ Keiner nimmt doch uͤberhand. Du muſt kaͤlter mir zur pein Als ein Salamander ſeyn. Ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/376
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/376>, abgerufen am 18.06.2024.