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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Verliebte Gedichte.
1.
ROselle schönstes licht/
So wilstu denn in thränen gantz zerfliessen/
Und will dein Angesicht
Von anders nichts als wasser-perlen wissen/
Bloß weil die zeit uns die gemeinschafft trennt/
Und deinem knecht ein ander bleiben nennt?
2.
Wird nicht der thränen macht
Die lieblichkeit der wangen gäntzlich bleichen?
Wird nicht die rosen-pracht
Durch dieses leid von deinen lippen weichen/
Ach stelle doch so herbes trauren ein/
Du weist/ der schluß muß nun vollzogen seyn.
3.
Wer hat wohl ie geliebt/
An dem sich nicht der himmel hat gerochen/
Daß er zuletzt betrübt
Hat lebe wohl/ und gute nacht gesprochen?
Doch dieser riß greifft nur die glieder an/
Den seelen hat die trennung nichts gethan.
4.
Kan kein candirter kuß
Nicht wie vorhin den heissen mund erquicken/
Und will das strenge muß
Den treuen leib aus deinen augen rücken/
Soll doch mein geist umb deine gräntzen stehn/
Und nicht mit mir in ferne lande gehn.
5.
Schau wie mein auge will
Das thränen-saltz den deinen zugesellen/
Weil das gesteckte ziel
Kein seufzer kan mit seinem winde fällen
Weil dieser schluß/ so mich verreisen heist/
Die sand-uhr leer/ die thore offen weist.
6. Man
Hofm. w. III. Th. G
Verliebte Gedichte.
1.
ROſelle ſchoͤnſtes licht/
So wilſtu denn in thraͤnen gantz zerflieſſen/
Und will dein Angeſicht
Von anders nichts als waſſer-perlen wiſſen/
Bloß weil die zeit uns die gemeinſchafft trennt/
Und deinem knecht ein ander bleiben nennt?
2.
Wird nicht der thraͤnen macht
Die lieblichkeit der wangen gaͤntzlich bleichen?
Wird nicht die roſen-pracht
Durch dieſes leid von deinen lippen weichen/
Ach ſtelle doch ſo herbes trauren ein/
Du weiſt/ der ſchluß muß nun vollzogen ſeyn.
3.
Wer hat wohl ie geliebt/
An dem ſich nicht der himmel hat gerochen/
Daß er zuletzt betruͤbt
Hat lebe wohl/ und gute nacht geſprochen?
Doch dieſer riß greifft nur die glieder an/
Den ſeelen hat die trennung nichts gethan.
4.
Kan kein candirter kuß
Nicht wie vorhin den heiſſen mund erquicken/
Und will das ſtrenge muß
Den treuen leib aus deinen augen ruͤcken/
Soll doch mein geiſt umb deine graͤntzen ſtehn/
Und nicht mit mir in ferne lande gehn.
5.
Schau wie mein auge will
Das thraͤnen-ſaltz den deinen zugeſellen/
Weil das geſteckte ziel
Kein ſeufzer kan mit ſeinem winde faͤllen
Weil dieſer ſchluß/ ſo mich verreiſen heiſt/
Die ſand-uhr leer/ die thore offen weiſt.
6. Man
Hofm. w. III. Th. G
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[95/0105] Verliebte Gedichte. 1. ROſelle ſchoͤnſtes licht/ So wilſtu denn in thraͤnen gantz zerflieſſen/ Und will dein Angeſicht Von anders nichts als waſſer-perlen wiſſen/ Bloß weil die zeit uns die gemeinſchafft trennt/ Und deinem knecht ein ander bleiben nennt? 2. Wird nicht der thraͤnen macht Die lieblichkeit der wangen gaͤntzlich bleichen? Wird nicht die roſen-pracht Durch dieſes leid von deinen lippen weichen/ Ach ſtelle doch ſo herbes trauren ein/ Du weiſt/ der ſchluß muß nun vollzogen ſeyn. 3. Wer hat wohl ie geliebt/ An dem ſich nicht der himmel hat gerochen/ Daß er zuletzt betruͤbt Hat lebe wohl/ und gute nacht geſprochen? Doch dieſer riß greifft nur die glieder an/ Den ſeelen hat die trennung nichts gethan. 4. Kan kein candirter kuß Nicht wie vorhin den heiſſen mund erquicken/ Und will das ſtrenge muß Den treuen leib aus deinen augen ruͤcken/ Soll doch mein geiſt umb deine graͤntzen ſtehn/ Und nicht mit mir in ferne lande gehn. 5. Schau wie mein auge will Das thraͤnen-ſaltz den deinen zugeſellen/ Weil das geſteckte ziel Kein ſeufzer kan mit ſeinem winde faͤllen Weil dieſer ſchluß/ ſo mich verreiſen heiſt/ Die ſand-uhr leer/ die thore offen weiſt. 6. Man Hofm. w. III. Th. G

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/105>, abgerufen am 23.11.2024.