Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Gedichte.
Laster.
DEn lastern must du dich/ weil du noch kanst/ entziehn/
Wenn sie gewurtzelt ein/ wirst du nicht leicht entfliehn.
Der breit- und schmale weg.
[Spaltenumbruch] ES ist ein breiter steg
Und wohlgebahnter weg/
Der zum verderben führet/
Den einer/ so doch blind/
Ohn allen anstoß sindt/
Ohn alles fühlen spühret.
[Spaltenumbruch] Der den die tugend kennt/
Wird allzeit schmal genennt/
Kein mensch kan selben finden/
Als der der tugend freund/
Der laster ärgster feind
Und nicht geblendt von sünden.
Gedult im leiden.
LEid ob es schon ist schwer und ungedult wil kommen/
Sprich nicht daß deine qual die allergröste sey/
Kein mensch ist auf der welt/ von allem kummer frey:
Das gröste leiden wird doch endlich weggenommen.
Seiden-Wurm.
DJeses was mir nahrung schafft/
Jst was mich von hinnen rafft/
Wil ich andern reichthum geben/
Bring ich mich selbst um das leben.
Wer hoch steigt/ fället hoch.
WAs für dich ist zu hoch/ das soltu billich fliehen/
Und deines wundsches seil mit fleiß zurücke ziehen.
Wer etwas grosses sucht und hoch hinaus begehrt/
Dem ist ein grosser fall und ungelück beschert.
Sauffen und buhlen.
WAß bringt die völlerey und buhlen wohl für früchte/
Als ungesunden leib/ ein tunckeles gesichte/
Der seeligkeit verlust/ ein übeles gerüchte?
Auf die Chloris.
CHloris wünscht dem schnee zu gleichen/
Doch das geld wil nicht zureichen.
Arm
J 2
Sinn-Gedichte.
Laſter.
DEn laſtern muſt du dich/ weil du noch kanſt/ entziehn/
Wenn ſie gewurtzelt ein/ wirſt du nicht leicht entfliehn.
Der breit- und ſchmale weg.
[Spaltenumbruch] ES iſt ein breiter ſteg
Und wohlgebahnter weg/
Der zum verderben fuͤhret/
Den einer/ ſo doch blind/
Ohn allen anſtoß ſindt/
Ohn alles fuͤhlen ſpuͤhret.
[Spaltenumbruch] Der den die tugend kennt/
Wird allzeit ſchmal genennt/
Kein menſch kan ſelben finden/
Als der der tugend freund/
Der laſter aͤrgſter feind
Und nicht geblendt von ſuͤnden.
Gedult im leiden.
LEid ob es ſchon iſt ſchwer und ungedult wil kommen/
Sprich nicht daß deine qual die allergroͤſte ſey/
Kein menſch iſt auf der welt/ von allem kummer frey:
Das groͤſte leiden wird doch endlich weggenommen.
Seiden-Wurm.
DJeſes was mir nahrung ſchafft/
Jſt was mich von hinnen rafft/
Wil ich andern reichthum geben/
Bring ich mich ſelbſt um das leben.
Wer hoch ſteigt/ faͤllet hoch.
WAs fuͤr dich iſt zu hoch/ das ſoltu billich fliehen/
Und deines wundſches ſeil mit fleiß zuruͤcke ziehen.
Wer etwas groſſes ſucht und hoch hinaus begehrt/
Dem iſt ein groſſer fall und ungeluͤck beſchert.
Sauffen und buhlen.
WAß bringt die voͤllerey und buhlen wohl fuͤr fruͤchte/
Als ungeſunden leib/ ein tunckeles geſichte/
Der ſeeligkeit verluſt/ ein uͤbeles geruͤchte?
Auf die Chloris.
CHloris wuͤnſcht dem ſchnee zu gleichen/
Doch das geld wil nicht zureichen.
Arm
J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0139" n="129"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">La&#x017F;ter.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>En la&#x017F;tern mu&#x017F;t du dich/ weil du noch kan&#x017F;t/ entziehn/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ie gewurtzelt ein/ wir&#x017F;t du nicht leicht entfliehn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der breit- und &#x017F;chmale weg.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <cb/>
            <l><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t ein breiter &#x017F;teg</l><lb/>
            <l>Und wohlgebahnter weg/</l><lb/>
            <l>Der zum verderben fu&#x0364;hret/</l><lb/>
            <l>Den einer/ &#x017F;o doch blind/</l><lb/>
            <l>Ohn allen an&#x017F;toß &#x017F;indt/</l><lb/>
            <l>Ohn alles fu&#x0364;hlen &#x017F;pu&#x0364;hret.</l><lb/>
            <cb/>
            <l>Der den die tugend kennt/</l><lb/>
            <l>Wird allzeit &#x017F;chmal genennt/</l><lb/>
            <l>Kein men&#x017F;ch kan &#x017F;elben finden/</l><lb/>
            <l>Als der der tugend freund/</l><lb/>
            <l>Der la&#x017F;ter a&#x0364;rg&#x017F;ter feind</l><lb/>
            <l>Und nicht geblendt von &#x017F;u&#x0364;nden.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Gedult im leiden.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">L</hi>Eid ob es &#x017F;chon i&#x017F;t &#x017F;chwer und ungedult wil kommen/</l><lb/>
            <l>Sprich nicht daß deine qual die allergro&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ey/</l><lb/>
            <l>Kein men&#x017F;ch i&#x017F;t auf der welt/ von allem kummer frey:</l><lb/>
            <l>Das gro&#x0364;&#x017F;te leiden wird doch endlich weggenommen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Seiden-Wurm.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>Je&#x017F;es was mir nahrung &#x017F;chafft/</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t was mich von hinnen rafft/</l><lb/>
            <l>Wil ich andern reichthum geben/</l><lb/>
            <l>Bring ich mich &#x017F;elb&#x017F;t um das leben.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Wer hoch &#x017F;teigt/ fa&#x0364;llet hoch.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>As fu&#x0364;r dich i&#x017F;t zu hoch/ das &#x017F;oltu billich fliehen/</l><lb/>
            <l>Und deines wund&#x017F;ches &#x017F;eil mit fleiß zuru&#x0364;cke ziehen.</l><lb/>
            <l>Wer etwas gro&#x017F;&#x017F;es &#x017F;ucht und hoch hinaus begehrt/</l><lb/>
            <l>Dem i&#x017F;t ein gro&#x017F;&#x017F;er fall und ungelu&#x0364;ck be&#x017F;chert.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Sauffen und buhlen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>Aß bringt die vo&#x0364;llerey und buhlen wohl fu&#x0364;r fru&#x0364;chte/</l><lb/>
            <l>Als unge&#x017F;unden leib/ ein tunckeles ge&#x017F;ichte/</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;eeligkeit verlu&#x017F;t/ ein u&#x0364;beles geru&#x0364;chte?</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Auf die Chloris.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">C</hi>Hloris wu&#x0364;n&#x017F;cht dem &#x017F;chnee zu gleichen/</l><lb/>
            <l>Doch das geld wil nicht zureichen.</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Arm</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0139] Sinn-Gedichte. Laſter. DEn laſtern muſt du dich/ weil du noch kanſt/ entziehn/ Wenn ſie gewurtzelt ein/ wirſt du nicht leicht entfliehn. Der breit- und ſchmale weg. ES iſt ein breiter ſteg Und wohlgebahnter weg/ Der zum verderben fuͤhret/ Den einer/ ſo doch blind/ Ohn allen anſtoß ſindt/ Ohn alles fuͤhlen ſpuͤhret. Der den die tugend kennt/ Wird allzeit ſchmal genennt/ Kein menſch kan ſelben finden/ Als der der tugend freund/ Der laſter aͤrgſter feind Und nicht geblendt von ſuͤnden. Gedult im leiden. LEid ob es ſchon iſt ſchwer und ungedult wil kommen/ Sprich nicht daß deine qual die allergroͤſte ſey/ Kein menſch iſt auf der welt/ von allem kummer frey: Das groͤſte leiden wird doch endlich weggenommen. Seiden-Wurm. DJeſes was mir nahrung ſchafft/ Jſt was mich von hinnen rafft/ Wil ich andern reichthum geben/ Bring ich mich ſelbſt um das leben. Wer hoch ſteigt/ faͤllet hoch. WAs fuͤr dich iſt zu hoch/ das ſoltu billich fliehen/ Und deines wundſches ſeil mit fleiß zuruͤcke ziehen. Wer etwas groſſes ſucht und hoch hinaus begehrt/ Dem iſt ein groſſer fall und ungeluͤck beſchert. Sauffen und buhlen. WAß bringt die voͤllerey und buhlen wohl fuͤr fruͤchte/ Als ungeſunden leib/ ein tunckeles geſichte/ Der ſeeligkeit verluſt/ ein uͤbeles geruͤchte? Auf die Chloris. CHloris wuͤnſcht dem ſchnee zu gleichen/ Doch das geld wil nicht zureichen. Arm J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/139
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/139>, abgerufen am 27.11.2024.