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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703.

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Begräbniß-Gedichte.
Und seltne güte mir vor wucher eingetragen.
Da nun/ du Ceder-baum/ nach unsers GOttes schluß
Auf deinen schönsten zweig ein schweres wetter blitzet/
Was wunder ist es denn/ daß der erschrecken muß/
Der so geruhiglich in deinem schatten sitzet?
Jch stimme ja mit recht in deine seuffzer ein/
Jch ruffe billich aus: Du hast zu viel verlohren.
Diß war der sohn/ durch den du woltest glücklich seyn/
Jtzt scheint es/ daß er dir zum unglück sey gebohren.
Gewiß/ wer iemahls nur hat deinen sohn gekennt/
Wem sein gelehrtes pfund nicht unbewust gewesen/
Der hat auch darumb dich bißher beglückt genennt/
Weil du gewohnt von ihm/ nur freuden-frucht zu lesen.
Die gaben der natur/ der sitten artigkeit/
Die seltne wissenschafft/ die wohl vollbrachte reisen/
Der fleiß/ den mund und hand der jugend hat geweyht/
Und hundert sachen mehr sind nicht genug zu preisen.
Daher war er bereits mit würden angethan/
Der hoffnung grüner berg war fast nunmehr erstiegen;
Er setzte schon den fuß auff seinen gipffel an;
Und muß doch leider ietzt gestürtzt im grunde liegen.
Er fällt/ da ihn das glück am meisten soll erhöhn/
Er sincket/ da er soll des vaters stütze werden;
Und nun die rosen itzt in vollem purpur stehn/
Begräbt sein purpur sich in kühlen schooß der erden.
Hier wünscht' ich mir nicht mehr/ als daß/ gleich wie du mich
Bey meiner tauffe halffst befreyn von sünden-ketten/
Jch itzt hingegen auch/ hochtheurer gönner/ dich
Aus dieser creutzes-fluth durch trösten könte retten;
Allein diß thue GOtt. Jch will dir nur anitzt
Nebst jener seligkeit diß zu bedencken geben/
Daß/ wie dein stamm sich einst auff dich allein gestützt/
So könn er wieder auch durch einen sich erheben.


Weh-
Hofm. w. III. Th. P
Begraͤbniß-Gedichte.
Und ſeltne guͤte mir vor wucher eingetragen.
Da nun/ du Ceder-baum/ nach unſers GOttes ſchluß
Auf deinen ſchoͤnſten zweig ein ſchweres wetter blitzet/
Was wunder iſt es denn/ daß der erſchrecken muß/
Der ſo geruhiglich in deinem ſchatten ſitzet?
Jch ſtimme ja mit recht in deine ſeuffzer ein/
Jch ruffe billich aus: Du haſt zu viel verlohren.
Diß war der ſohn/ durch den du wolteſt gluͤcklich ſeyn/
Jtzt ſcheint es/ daß er dir zum ungluͤck ſey gebohren.
Gewiß/ wer iemahls nur hat deinen ſohn gekennt/
Wem ſein gelehrtes pfund nicht unbewuſt geweſen/
Der hat auch darumb dich bißher begluͤckt genennt/
Weil du gewohnt von ihm/ nur freuden-frucht zu leſen.
Die gaben der natur/ der ſitten artigkeit/
Die ſeltne wiſſenſchafft/ die wohl vollbrachte reiſen/
Der fleiß/ den mund und hand der jugend hat geweyht/
Und hundert ſachen mehr ſind nicht genug zu preiſen.
Daher war er bereits mit wuͤrden angethan/
Der hoffnung gruͤner berg war faſt nunmehr erſtiegen;
Er ſetzte ſchon den fuß auff ſeinen gipffel an;
Und muß doch leider ietzt geſtuͤrtzt im grunde liegen.
Er faͤllt/ da ihn das gluͤck am meiſten ſoll erhoͤhn/
Er ſincket/ da er ſoll des vaters ſtuͤtze werden;
Und nun die roſen itzt in vollem purpur ſtehn/
Begraͤbt ſein purpur ſich in kuͤhlen ſchooß der erden.
Hier wuͤnſcht’ ich mir nicht mehr/ als daß/ gleich wie du mich
Bey meiner tauffe halffſt befreyn von ſuͤnden-ketten/
Jch itzt hingegen auch/ hochtheurer goͤnner/ dich
Aus dieſer creutzes-fluth durch troͤſten koͤnte retten;
Allein diß thue GOtt. Jch will dir nur anitzt
Nebſt jener ſeligkeit diß zu bedencken geben/
Daß/ wie dein ſtamm ſich einſt auff dich allein geſtuͤtzt/
So koͤnn er wieder auch durch einen ſich erheben.


Weh-
Hofm. w. III. Th. P
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[223/0233] Begraͤbniß-Gedichte. Und ſeltne guͤte mir vor wucher eingetragen. Da nun/ du Ceder-baum/ nach unſers GOttes ſchluß Auf deinen ſchoͤnſten zweig ein ſchweres wetter blitzet/ Was wunder iſt es denn/ daß der erſchrecken muß/ Der ſo geruhiglich in deinem ſchatten ſitzet? Jch ſtimme ja mit recht in deine ſeuffzer ein/ Jch ruffe billich aus: Du haſt zu viel verlohren. Diß war der ſohn/ durch den du wolteſt gluͤcklich ſeyn/ Jtzt ſcheint es/ daß er dir zum ungluͤck ſey gebohren. Gewiß/ wer iemahls nur hat deinen ſohn gekennt/ Wem ſein gelehrtes pfund nicht unbewuſt geweſen/ Der hat auch darumb dich bißher begluͤckt genennt/ Weil du gewohnt von ihm/ nur freuden-frucht zu leſen. Die gaben der natur/ der ſitten artigkeit/ Die ſeltne wiſſenſchafft/ die wohl vollbrachte reiſen/ Der fleiß/ den mund und hand der jugend hat geweyht/ Und hundert ſachen mehr ſind nicht genug zu preiſen. Daher war er bereits mit wuͤrden angethan/ Der hoffnung gruͤner berg war faſt nunmehr erſtiegen; Er ſetzte ſchon den fuß auff ſeinen gipffel an; Und muß doch leider ietzt geſtuͤrtzt im grunde liegen. Er faͤllt/ da ihn das gluͤck am meiſten ſoll erhoͤhn/ Er ſincket/ da er ſoll des vaters ſtuͤtze werden; Und nun die roſen itzt in vollem purpur ſtehn/ Begraͤbt ſein purpur ſich in kuͤhlen ſchooß der erden. Hier wuͤnſcht’ ich mir nicht mehr/ als daß/ gleich wie du mich Bey meiner tauffe halffſt befreyn von ſuͤnden-ketten/ Jch itzt hingegen auch/ hochtheurer goͤnner/ dich Aus dieſer creutzes-fluth durch troͤſten koͤnte retten; Allein diß thue GOtt. Jch will dir nur anitzt Nebſt jener ſeligkeit diß zu bedencken geben/ Daß/ wie dein ſtamm ſich einſt auff dich allein geſtuͤtzt/ So koͤnn er wieder auch durch einen ſich erheben. Weh- Hofm. w. III. Th. P

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 3. Leipzig, 1703, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte03_1703/233>, abgerufen am 25.11.2024.