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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Hochzeit-Gedichte.
Und welches dürffte wol von diesem wildpret allen/
Der göttinn und auch dir am besten wohlgefallen?
Er nahm den stein zur hand/ und strich damit sein
Rohr:
Und alsdenn stellt er sich damit behertzt hervor:
Von allen aber/ so allhier beysammen waren/
Gefiel ihm nur ein stück/ so wunderschön von haaren.
Ach! dacht' er/ dieses ist/ was hertz und sinn begehrt:
Das fell ist kostbahr und der schönsten perlen wehrt:
Jch hoffe daß der schuß auf solches wird gelücken/
Jch wil auf dieses nur im nahmen GOttes drücken.
Kaum aber drückte er die schnelle büchse loß:
So sah man daß er ihm recht nach dem hertzen schoß:
Und eh man kaum gehört des pulvers donner knallen/
So muste dieses wild ihm in die armen fallen.
Es sah ihn unverwandt mit starren augen an.
Ach! dacht' er bey sich selbst: Was hab ich doch ge-
than?
Daß ich das blut soll sehn von diesem thiere flüssen/
Da ich es tausendmahl viel lieber wolte küssen.
Er sah an seinem fell wol seine hertzens-lust/
Und drückt es immdar mit seufftzen an die brust:
Ja als er ohngefehr aus seinen schönen augen/
Ein süsses liebes-gifft begunte einzusaugen:
Da stellte sich alsbald Cupido wieder ein/
Und wolte nicht gar weit von dieser beute seyn.
Ach! sprach er/ Melidor/ was wird die göttinn sagen/
Wenn du so kostbahr wild ihr wirst ins jagt-haus tra-
gen?
Er führt ihn alsofort zu seiner mutter hin/
Und sprach: Ach göttinn! schau welch wunderschön ge-
winn
Dir nun der Melidor zu deinen füssen leget:
Daß einem muht und sinn/ ja aug' und hertz beweget?
Hier sah die Venus ihn vergnügt und freundlich an/
Und sprach: Nun halt ich dich vor einen weide-mann/
Von dir mag ich mir auch nunmehro gutes hoffen/

Du

Hochzeit-Gedichte.
Und welches duͤrffte wol von dieſem wildpret allen/
Der goͤttinn und auch dir am beſten wohlgefallen?
Er nahm den ſtein zur hand/ und ſtrich damit ſein
Rohr:
Und alsdenn ſtellt er ſich damit behertzt hervor:
Von allen aber/ ſo allhier beyſammen waren/
Gefiel ihm nur ein ſtuͤck/ ſo wunderſchoͤn von haaren.
Ach! dacht’ er/ dieſes iſt/ was hertz und ſinn begehrt:
Das fell iſt koſtbahr und der ſchoͤnſten perlen wehrt:
Jch hoffe daß der ſchuß auf ſolches wird geluͤcken/
Jch wil auf dieſes nur im nahmen GOttes druͤcken.
Kaum aber druͤckte er die ſchnelle buͤchſe loß:
So ſah man daß er ihm recht nach dem hertzen ſchoß:
Und eh man kaum gehoͤrt des pulvers donner knallen/
So muſte dieſes wild ihm in die armen fallen.
Es ſah ihn unverwandt mit ſtarren augen an.
Ach! dacht’ er bey ſich ſelbſt: Was hab ich doch ge-
than?
Daß ich das blut ſoll ſehn von dieſem thiere fluͤſſen/
Da ich es tauſendmahl viel lieber wolte kuͤſſen.
Er ſah an ſeinem fell wol ſeine hertzens-luſt/
Und druͤckt es immdar mit ſeufftzen an die bruſt:
Ja als er ohngefehr aus ſeinen ſchoͤnen augen/
Ein ſuͤſſes liebes-gifft begunte einzuſaugen:
Da ſtellte ſich alsbald Cupido wieder ein/
Und wolte nicht gar weit von dieſer beute ſeyn.
Ach! ſprach er/ Melidor/ was wird die goͤttinn ſagen/
Wenn du ſo koſtbahr wild ihr wirſt ins jagt-haus tra-
gen?
Er fuͤhrt ihn alſofort zu ſeiner mutter hin/
Und ſprach: Ach goͤttinn! ſchau welch wunderſchoͤn ge-
winn
Dir nun der Melidor zu deinen fuͤſſen leget:
Daß einem muht und ſinn/ ja aug’ und hertz beweget?
Hier ſah die Venus ihn vergnuͤgt und freundlich an/
Und ſprach: Nun halt ich dich vor einen weide-mann/
Von dir mag ich mir auch nunmehro gutes hoffen/

Du
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[210/0212] Hochzeit-Gedichte. Und welches duͤrffte wol von dieſem wildpret allen/ Der goͤttinn und auch dir am beſten wohlgefallen? Er nahm den ſtein zur hand/ und ſtrich damit ſein Rohr: Und alsdenn ſtellt er ſich damit behertzt hervor: Von allen aber/ ſo allhier beyſammen waren/ Gefiel ihm nur ein ſtuͤck/ ſo wunderſchoͤn von haaren. Ach! dacht’ er/ dieſes iſt/ was hertz und ſinn begehrt: Das fell iſt koſtbahr und der ſchoͤnſten perlen wehrt: Jch hoffe daß der ſchuß auf ſolches wird geluͤcken/ Jch wil auf dieſes nur im nahmen GOttes druͤcken. Kaum aber druͤckte er die ſchnelle buͤchſe loß: So ſah man daß er ihm recht nach dem hertzen ſchoß: Und eh man kaum gehoͤrt des pulvers donner knallen/ So muſte dieſes wild ihm in die armen fallen. Es ſah ihn unverwandt mit ſtarren augen an. Ach! dacht’ er bey ſich ſelbſt: Was hab ich doch ge- than? Daß ich das blut ſoll ſehn von dieſem thiere fluͤſſen/ Da ich es tauſendmahl viel lieber wolte kuͤſſen. Er ſah an ſeinem fell wol ſeine hertzens-luſt/ Und druͤckt es immdar mit ſeufftzen an die bruſt: Ja als er ohngefehr aus ſeinen ſchoͤnen augen/ Ein ſuͤſſes liebes-gifft begunte einzuſaugen: Da ſtellte ſich alsbald Cupido wieder ein/ Und wolte nicht gar weit von dieſer beute ſeyn. Ach! ſprach er/ Melidor/ was wird die goͤttinn ſagen/ Wenn du ſo koſtbahr wild ihr wirſt ins jagt-haus tra- gen? Er fuͤhrt ihn alſofort zu ſeiner mutter hin/ Und ſprach: Ach goͤttinn! ſchau welch wunderſchoͤn ge- winn Dir nun der Melidor zu deinen fuͤſſen leget: Daß einem muht und ſinn/ ja aug’ und hertz beweget? Hier ſah die Venus ihn vergnuͤgt und freundlich an/ Und ſprach: Nun halt ich dich vor einen weide-mann/ Von dir mag ich mir auch nunmehro gutes hoffen/ Du

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/212>, abgerufen am 15.05.2024.