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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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verliebte Gedichte.
Es hat zwar Saladin sich offtermahls vermessen/
Er habe Lislichen vorlängsten schon vergessen/
Alleine diese schrifft/ die in den daum gehaun/
Läst seine regungen mich gar zu deutlich schaun.
Sie hieß: (ich weiß zwar nicht ob ich's noch werde wis-
sen/
Und ob die zeit sie mir nicht aus der acht gerissen)
Ach treuer Saladin! weil du so treu geliebt/
So wird auch deine brust so ungemein be-
trübt/
Du bist itzt anders wo/ und wirst in fremder
erden
Um deine Lisilis zur leiche müssen werden/
Jch weiß/ ich sterbe hier/ du aber/ liebster
baum
Gib meinen schatten denn/ wie diesen klagen
raum.
Was meynstu Saladin? ist dis nur ein gerüchte/
Wie du es sonst genennt? ach nein/ in dem gesichte
Da les' ich/ was ich nechst an jener eiche laß/
Du färbst dich und wirst blaß und ich erfahre was.
Nun ich beschwere dich bey allen hirten göttern/
Beym wunder-grossen Pan' und unsrer heerd' errettern/
Verhehle mir's nicht mehr/ bekenne/ was dich plagt/
Was du mir wirst vertraun/ das bleibt unnachgesagt.
Du hast ja/ Saladin/ von mehr als sieben jahren
Schon meinen treuen mund und freundschafft wohl er-
fahren/
Mich wundert/ daß du mir nicht dieses auch vertraut/
Da du sonst grosse stück' auf meine treu gebaut.
Hier fieng nun Saladin/ Milenen an zu bitten/
Er möcht' ihn doch nicht mehr mit kummer überschüt-
ten/
Er hätte vor genung gelitten und gehört/
Nun würd' auch seine last durch den verweiß gemehrt.

Mile-
F 2

verliebte Gedichte.
Es hat zwar Saladin ſich offtermahls vermeſſen/
Er habe Lislichen vorlaͤngſten ſchon vergeſſen/
Alleine dieſe ſchrifft/ die in den daum gehaun/
Laͤſt ſeine regungen mich gar zu deutlich ſchaun.
Sie hieß: (ich weiß zwar nicht ob ich’s noch werde wiſ-
ſen/
Und ob die zeit ſie mir nicht aus der acht geriſſen)
Ach treuer Saladin! weil du ſo treu geliebt/
So wird auch deine bruſt ſo ungemein be-
truͤbt/
Du biſt itzt anders wo/ und wirſt in fremder
erden
Um deine Liſilis zur leiche muͤſſen werden/
Jch weiß/ ich ſterbe hier/ du aber/ liebſter
baum
Gib meinen ſchatten denn/ wie dieſen klagen
raum.
Was meynſtu Saladin? iſt dis nur ein geruͤchte/
Wie du es ſonſt genennt? ach nein/ in dem geſichte
Da leſ’ ich/ was ich nechſt an jener eiche laß/
Du faͤrbſt dich und wirſt blaß und ich erfahre was.
Nun ich beſchwere dich bey allen hirten goͤttern/
Beym wunder-groſſen Pan’ und unſrer heerd’ errettern/
Verhehle mir’s nicht mehr/ bekenne/ was dich plagt/
Was du mir wirſt vertraun/ das bleibt unnachgeſagt.
Du haſt ja/ Saladin/ von mehr als ſieben jahren
Schon meinen treuen mund und freundſchafft wohl er-
fahren/
Mich wundert/ daß du mir nicht dieſes auch vertraut/
Da du ſonſt groſſe ſtuͤck’ auf meine treu gebaut.
Hier fieng nun Saladin/ Milenen an zu bitten/
Er moͤcht’ ihn doch nicht mehr mit kummer uͤberſchuͤt-
ten/
Er haͤtte vor genung gelitten und gehoͤrt/
Nun wuͤrd’ auch ſeine laſt durch den verweiß gemehrt.

Mile-
F 2
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[83/0085] verliebte Gedichte. Es hat zwar Saladin ſich offtermahls vermeſſen/ Er habe Lislichen vorlaͤngſten ſchon vergeſſen/ Alleine dieſe ſchrifft/ die in den daum gehaun/ Laͤſt ſeine regungen mich gar zu deutlich ſchaun. Sie hieß: (ich weiß zwar nicht ob ich’s noch werde wiſ- ſen/ Und ob die zeit ſie mir nicht aus der acht geriſſen) Ach treuer Saladin! weil du ſo treu geliebt/ So wird auch deine bruſt ſo ungemein be- truͤbt/ Du biſt itzt anders wo/ und wirſt in fremder erden Um deine Liſilis zur leiche muͤſſen werden/ Jch weiß/ ich ſterbe hier/ du aber/ liebſter baum Gib meinen ſchatten denn/ wie dieſen klagen raum. Was meynſtu Saladin? iſt dis nur ein geruͤchte/ Wie du es ſonſt genennt? ach nein/ in dem geſichte Da leſ’ ich/ was ich nechſt an jener eiche laß/ Du faͤrbſt dich und wirſt blaß und ich erfahre was. Nun ich beſchwere dich bey allen hirten goͤttern/ Beym wunder-groſſen Pan’ und unſrer heerd’ errettern/ Verhehle mir’s nicht mehr/ bekenne/ was dich plagt/ Was du mir wirſt vertraun/ das bleibt unnachgeſagt. Du haſt ja/ Saladin/ von mehr als ſieben jahren Schon meinen treuen mund und freundſchafft wohl er- fahren/ Mich wundert/ daß du mir nicht dieſes auch vertraut/ Da du ſonſt groſſe ſtuͤck’ auf meine treu gebaut. Hier fieng nun Saladin/ Milenen an zu bitten/ Er moͤcht’ ihn doch nicht mehr mit kummer uͤberſchuͤt- ten/ Er haͤtte vor genung gelitten und gehoͤrt/ Nun wuͤrd’ auch ſeine laſt durch den verweiß gemehrt. Mile- F 2

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/85>, abgerufen am 24.11.2024.