Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.
Es macht kein düstrer wald von ihrem lichte frey: Wie offters pflegt sie nicht die hölen zu durchkriechen? Denckt nicht, daß man vor ihr im wasser sicher sey? Vor diesem ließ sie sich einmahl ins wein-faß pichen; Doch dieses hätt ich mir wohl nimmermehr gedacht, Daß sie so offt quartier in badereyen macht. Das wasser lescht ja sonst der hitze flammen aus: Und wo die krancken sich im schmertz und blute baden, Da blüht wohl ordentlich kein süsser wollust-strauß: Es schickt sich rauch und dampff nicht in vergnügungs-laden; Wo feuer wider wunsch den matten leib erhitzt, Da wird der liebe krafft gar leichtlich ausgeschwitzt. Jedoch diß alles reißt den ersten schluß nicht ein: Man kan sie allerdings in krancken-stuben finden, Nachdem verliebte ja stets patienten seyn, Die sie als ärtztin muß mit heil und trost verbinden. Schlägt dieser hauffe nun wo einen wohn-platz auf; So bringt sie warlich auch da ihren kram zu kauf. Jhr krancken! die ihr euch den magen wo verderbt, Daß hitz und frost vermengt viel tremulanten schlagen, Und sich das angesicht bald roth bald anders färbt, Jhr dürfft mich nur hieher zu unsrer ärtztin tragen; Die trägt euch einen schatz von fieber-pillen an, Die kein Hippocrates so gut verschreiben kan. Weil
Es macht kein duͤſtrer wald von ihrem lichte frey: Wie offters pflegt ſie nicht die hoͤlen zu durchkriechen? Denckt nicht, daß man vor ihr im waſſer ſicher ſey? Vor dieſem ließ ſie ſich einmahl ins wein-faß pichen; Doch dieſes haͤtt ich mir wohl nimmermehr gedacht, Daß ſie ſo offt quartier in badereyen macht. Das waſſer leſcht ja ſonſt der hitze flammen aus: Und wo die krancken ſich im ſchmertz und blute baden, Da bluͤht wohl ordentlich kein ſuͤſſer wolluſt-ſtrauß: Es ſchickt ſich rauch und dampff nicht in vergnuͤgungs-laden; Wo feuer wider wunſch den matten leib erhitzt, Da wird der liebe krafft gar leichtlich ausgeſchwitzt. Jedoch diß alles reißt den erſten ſchluß nicht ein: Man kan ſie allerdings in krancken-ſtuben finden, Nachdem verliebte ja ſtets patienten ſeyn, Die ſie als aͤrtztin muß mit heil und troſt verbinden. Schlaͤgt dieſer hauffe nun wo einen wohn-platz auf; So bringt ſie warlich auch da ihren kram zu kauf. Jhr krancken! die ihr euch den magen wo verderbt, Daß hitz und froſt vermengt viel tremulanten ſchlagen, Und ſich das angeſicht bald roth bald anders faͤrbt, Jhr duͤrfft mich nur hieher zu unſrer aͤrtztin tragen; Die traͤgt euch einen ſchatz von fieber-pillen an, Die kein Hippocrates ſo gut verſchreiben kan. Weil
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Hochzeit-Getichte.
Und liefe ſchon ein Mohr biß an den norden-pol,
So wuͤrde ſie ihm doch wohl auf dem nacken ſtehen.
Denn wenn gleich alle welt die finſtre nacht bedeckt,
Wird doch der liebe glantz am meiſten angeſteckt.
Es macht kein duͤſtrer wald von ihrem lichte frey:
Wie offters pflegt ſie nicht die hoͤlen zu durchkriechen?
Denckt nicht, daß man vor ihr im waſſer ſicher ſey?
Vor dieſem ließ ſie ſich einmahl ins wein-faß pichen;
Doch dieſes haͤtt ich mir wohl nimmermehr gedacht,
Daß ſie ſo offt quartier in badereyen macht.
Das waſſer leſcht ja ſonſt der hitze flammen aus:
Und wo die krancken ſich im ſchmertz und blute baden,
Da bluͤht wohl ordentlich kein ſuͤſſer wolluſt-ſtrauß:
Es ſchickt ſich rauch und dampff nicht in vergnuͤgungs-laden;
Wo feuer wider wunſch den matten leib erhitzt,
Da wird der liebe krafft gar leichtlich ausgeſchwitzt.
Jedoch diß alles reißt den erſten ſchluß nicht ein:
Man kan ſie allerdings in krancken-ſtuben finden,
Nachdem verliebte ja ſtets patienten ſeyn,
Die ſie als aͤrtztin muß mit heil und troſt verbinden.
Schlaͤgt dieſer hauffe nun wo einen wohn-platz auf;
So bringt ſie warlich auch da ihren kram zu kauf.
Jhr krancken! die ihr euch den magen wo verderbt,
Daß hitz und froſt vermengt viel tremulanten ſchlagen,
Und ſich das angeſicht bald roth bald anders faͤrbt,
Jhr duͤrfft mich nur hieher zu unſrer aͤrtztin tragen;
Die traͤgt euch einen ſchatz von fieber-pillen an,
Die kein Hippocrates ſo gut verſchreiben kan.
Weil
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/158>, abgerufen am 16.02.2025. |