Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Sinn-Getichte. An den alten Chremes. MAn fragt dich immerfort: Wenn wird die tochter freyn?Du sprichst: Es ist schon zeit, wenn sie wird mannbar seyn. Du narr! sie straft dich selbst mit worten und gebärden; Gieb ihr nur einen mann, sie wird schon mannbar werden. Auf ein artiges hündgen. LAbelle! du bist werth, daß England dich gezeugt,Daß dich Bolonien mit seiner milch gesäugt. Ja wär nicht allbereit am himmel ein solch zeichen, So soltest du zu erst dergleichen stell erreichen. Auf eine sehr blos gekleidete. DJe wahrheit pflegt man sonst gantz nackt und blos zu kleiden;Euch beyde muß man doch darinnen unterscheiden, Daß jener blöse zeigt, was sie rechtschaffen ist; Du aber nackt verräthst das, was du nicht mehr bist. Auf einen abgedanckten soldaten. DJe beute, die du hast, sind schrammen im gesicht,Sind steltzen an dem bein, und krücken an den händen. Doch wundere dich nicht! So gehts an allen enden: Wo krieg und krüge seynd, da fehlts an scherben nicht. Das goldne kalb. WJe reimt sich gold und gott? das gienge wohl noch hin;Allein ein kalb darzu, das ist ein toller sinn. Hat man auch jemahls wohl dergleichen ding gelesen? Die dieses kalb verehrt, sind ochsen gar gewesen. Grab-
Sinn-Getichte. An den alten Chremes. MAn fragt dich immerfort: Wenn wird die tochter freyn?Du ſprichſt: Es iſt ſchon zeit, wenn ſie wird mannbar ſeyn. Du narꝛ! ſie ſtraft dich ſelbſt mit worten und gebaͤrden; Gieb ihr nur einen mann, ſie wird ſchon mannbar werden. Auf ein artiges huͤndgen. LAbelle! du biſt werth, daß England dich gezeugt,Daß dich Bolonien mit ſeiner milch geſaͤugt. Ja waͤr nicht allbereit am himmel ein ſolch zeichen, So ſolteſt du zu erſt dergleichen ſtell erreichen. Auf eine ſehr blos gekleidete. DJe wahrheit pflegt man ſonſt gantz nackt und blos zu kleiden;Euch beyde muß man doch darinnen unterſcheiden, Daß jener bloͤſe zeigt, was ſie rechtſchaffen iſt; Du aber nackt verraͤthſt das, was du nicht mehr biſt. Auf einen abgedanckten ſoldaten. DJe beute, die du haſt, ſind ſchrammen im geſicht,Sind ſteltzen an dem bein, und kruͤcken an den haͤnden. Doch wundere dich nicht! So gehts an allen enden: Wo krieg und kruͤge ſeynd, da fehlts an ſcherben nicht. Das goldne kalb. WJe reimt ſich gold und gott? das gienge wohl noch hin;Allein ein kalb darzu, das iſt ein toller ſinn. Hat man auch jemahls wohl dergleichen ding geleſen? Die dieſes kalb verehrt, ſind ochſen gar geweſen. Grab-
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Sinn-Getichte.
An den alten Chremes.
MAn fragt dich immerfort: Wenn wird die tochter freyn?
Du ſprichſt: Es iſt ſchon zeit, wenn ſie wird mannbar
ſeyn.
Du narꝛ! ſie ſtraft dich ſelbſt mit worten und gebaͤrden;
Gieb ihr nur einen mann, ſie wird ſchon mannbar werden.
Auf ein artiges huͤndgen.
LAbelle! du biſt werth, daß England dich gezeugt,
Daß dich Bolonien mit ſeiner milch geſaͤugt.
Ja waͤr nicht allbereit am himmel ein ſolch zeichen,
So ſolteſt du zu erſt dergleichen ſtell erreichen.
Auf eine ſehr blos gekleidete.
DJe wahrheit pflegt man ſonſt gantz nackt und blos zu kleiden;
Euch beyde muß man doch darinnen unterſcheiden,
Daß jener bloͤſe zeigt, was ſie rechtſchaffen iſt;
Du aber nackt verraͤthſt das, was du nicht mehr biſt.
Auf einen abgedanckten ſoldaten.
DJe beute, die du haſt, ſind ſchrammen im geſicht,
Sind ſteltzen an dem bein, und kruͤcken an den haͤnden.
Doch wundere dich nicht! So gehts an allen enden:
Wo krieg und kruͤge ſeynd, da fehlts an ſcherben nicht.
Das goldne kalb.
WJe reimt ſich gold und gott? das gienge wohl noch hin;
Allein ein kalb darzu, das iſt ein toller ſinn.
Hat man auch jemahls wohl dergleichen ding geleſen?
Die dieſes kalb verehrt, ſind ochſen gar geweſen.
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