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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.

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Der sterbende
verbrennen oder verscharren siehet/ mich unbeson-
nener Weise beklagete/ als wenn mir groß Weh
geschehe/ oder etwan bey dem Leichbegängniß aus-
gebe/ daß man den Socrates zu Grabe trüge und
begrübe. Du must auch wissen Criton/ daß der/
so auf diese Weise redet/ nicht allein besagter mas-
sen irret/ sondern auch unseren Geistern ungleich
thut: Und solst nun nichts anders sagen/ als daß
man meinen Leib nach deinem Gefallen begra-
ben werde. Als er dieses geredet/ so stund er
auf/ und gieng in eine Cammer sich zu waschen;
Criton begleitet ihn/ und bat uns anderen etwas zu
verziehen. Wir sprachen mitlerzeit/ und wieder-
holten/ was wir zuvor mit mehrem vernommen/
nicht ohne Erwegung unsers Ungelücks/ in dem wir
nunmehr unser aller Vatern verliehren/ und also
gleichsam zu Wäisen werden solten. Nach dem
sich nun Socrates gewaschen/ so brachte man ihm
seine Söhne; Dann er hatte zwey kleinere/ und
einen zimlich erwachsenen; Es kamen auch etliche
Frauen/ seine Bekanten/ ihn zu besuchen. Als So-
crates in Gegenwart des Critons mit ihnen gere-
det/ und was sein Belieben angeordnet/ so befahl er
ihnen/ wie auch seinen Söhnen/ auf die Seite zu
gehen/ und kam darauf zu uns/ ungefehr mit der
Sonnen Untergang; Dann er war zimlich lang
in der Cammer gewesen. Als er nun/ nach dem er
sich gewaschen/ wiederum zu uns gelanget/ so satzte
er sich/ und ehe er noch ein Wort gegen uns aufbrin-
gen konte/ so tratt der Scharffrichter zu ihn mit fol-
gen-
Der ſterbende
verbrennen oder verſcharren ſiehet/ mich unbeſon-
nener Weiſe beklagete/ als wenn mir groß Weh
geſchehe/ oder etwan bey dem Leichbegaͤngniß aus-
gebe/ daß man den Socrates zu Grabe truͤge und
begruͤbe. Du muſt auch wiſſen Criton/ daß der/
ſo auf dieſe Weiſe redet/ nicht allein beſagter maſ-
ſen irret/ ſondern auch unſeren Geiſtern ungleich
thut: Und ſolſt nun nichts anders ſagen/ als daß
man meinen Leib nach deinem Gefallen begra-
ben werde. Als er dieſes geredet/ ſo ſtund er
auf/ und gieng in eine Cammer ſich zu waſchen;
Criton begleitet ihn/ und bat uns anderen etwas zu
verziehen. Wir ſprachen mitlerzeit/ und wieder-
holten/ was wir zuvor mit mehrem vernommen/
nicht ohne Erwegung unſers Ungeluͤcks/ in dem wir
nunmehr unſer aller Vatern verliehren/ und alſo
gleichſam zu Waͤiſen werden ſolten. Nach dem
ſich nun Socrates gewaſchen/ ſo brachte man ihm
ſeine Soͤhne; Dann er hatte zwey kleinere/ und
einen zimlich erwachſenen; Es kamen auch etliche
Frauen/ ſeine Bekanten/ ihn zu beſuchen. Als So-
crates in Gegenwart des Critons mit ihnen gere-
det/ und was ſein Belieben angeordnet/ ſo befahl er
ihnen/ wie auch ſeinen Soͤhnen/ auf die Seite zu
gehen/ und kam darauf zu uns/ ungefehr mit der
Sonnen Untergang; Dann er war zimlich lang
in der Cammer geweſen. Als er nun/ nach dem er
ſich gewaſchen/ wiederum zu uns gelanget/ ſo ſatzte
er ſich/ und ehe er noch ein Wort gegen uns aufbrin-
gen konte/ ſo tratt der Scharffrichter zu ihn mit fol-
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[146/0404] Der ſterbende verbrennen oder verſcharren ſiehet/ mich unbeſon- nener Weiſe beklagete/ als wenn mir groß Weh geſchehe/ oder etwan bey dem Leichbegaͤngniß aus- gebe/ daß man den Socrates zu Grabe truͤge und begruͤbe. Du muſt auch wiſſen Criton/ daß der/ ſo auf dieſe Weiſe redet/ nicht allein beſagter maſ- ſen irret/ ſondern auch unſeren Geiſtern ungleich thut: Und ſolſt nun nichts anders ſagen/ als daß man meinen Leib nach deinem Gefallen begra- ben werde. Als er dieſes geredet/ ſo ſtund er auf/ und gieng in eine Cammer ſich zu waſchen; Criton begleitet ihn/ und bat uns anderen etwas zu verziehen. Wir ſprachen mitlerzeit/ und wieder- holten/ was wir zuvor mit mehrem vernommen/ nicht ohne Erwegung unſers Ungeluͤcks/ in dem wir nunmehr unſer aller Vatern verliehren/ und alſo gleichſam zu Waͤiſen werden ſolten. Nach dem ſich nun Socrates gewaſchen/ ſo brachte man ihm ſeine Soͤhne; Dann er hatte zwey kleinere/ und einen zimlich erwachſenen; Es kamen auch etliche Frauen/ ſeine Bekanten/ ihn zu beſuchen. Als So- crates in Gegenwart des Critons mit ihnen gere- det/ und was ſein Belieben angeordnet/ ſo befahl er ihnen/ wie auch ſeinen Soͤhnen/ auf die Seite zu gehen/ und kam darauf zu uns/ ungefehr mit der Sonnen Untergang; Dann er war zimlich lang in der Cammer geweſen. Als er nun/ nach dem er ſich gewaſchen/ wiederum zu uns gelanget/ ſo ſatzte er ſich/ und ehe er noch ein Wort gegen uns aufbrin- gen konte/ ſo tratt der Scharffrichter zu ihn mit fol- gen-

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/404>, abgerufen am 24.11.2024.