Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] zu andern edlen Früchten gewiesen/ und daselbst den
Winter durch erhalten werden.

Es verlanget eine fruchtbare/ leichte/ mürbe und
feuchte Erden/ die muß ihm gegeben/ und das Wasser ja
nicht gesparet werden. Die Wartung der Zuckerrohr
ist dieser Orten mehr neu als beschwerlich/ daher sich
viel befleissen/ es in ihre Gärten zu ziegeln. Es verglei-
chet sich dem gemeinen Rohr am Stamm und Blät-
tern/ ausser daß es nicht so hoch aufwachse; es wird durch
die Wurtzen und Knollen vermehret/ und dieses/ weil
solches sehr hart ist/ und es etliche Zeit also ausdauret/
macht diese Sach desto leichter/ daß man es von fernen
kan herbringen lassen/ wann es nur sauber und wol ein-
gemacht ist; wann es nun ein Jahr in der Erden ge-
standen/ kan man solches durch die Beyschößling ver-
mehren; wann es in dem Winter-Haus in der Erden ste-
het; dann wo man es nur in Kisten erhält/ gibt dieses
der enge Platz nicht zu.

Der Zucker wächst inwendig in der Röhren/ und
ist gleichsam ihr Marck; diesen nun einzusammlen/ wer-
den die Röhren um den halben September/ nahend an
der Erden abgeschnitten/ darnach zu vier Finger- oder
einen halben Schuch langen Stucken zerhackt/ in einem
Kessel mit klaren Wasser gesotten/ biß alle Substanz
sich heraus gezogen; das Wasser wird hernach so lang
[Spaltenumbruch] eingesotten/ biß es alles gantz und gar verdünstet
hat/ und der Zucker allein im Kessel übrig verbleibet.
Oder man nimmt die Stücke von den Röhren nur in
den Mund/ und saugt den Zucker-Safft nach und nach
heraus/ und dieses Abschneiden der Röhren nahend am
Erdboden/ erleichtert die Erhaltung dieses Gewächses.
Und was noch an der Wurtzen bleibt/ mag man leicht-
lich mit auf kleine Pfäler gelegten Decken verhüllen/
damit die Wurtzen bey bösem und kalten Gewitter/ Frost
oder Regen versichert/ und von dem aufgetragenen Mist
erwärmet/ die böse Beschaffenheit der Zeit nicht fühlen
oder empfinden könne. Sind also (weil allein die Wur-
tzen zu verwahren) besser und leichter durch den Win-
ter zu bringen/ als die fremden Welschen Bäume/
da zugleich auf den Stamm als auf die Wurtzen Ob-
acht zu nehmen.

So bald nun die Kälte vorbey/ wird das Gewächs
wieder entblöset; da es dann wieder antreibt/ und
wächst nach ihrer natürlichen Anmuth. Sie werden
auch/ wann sie hart bey der Wurtzen abgeschnitten und
eingelegt sind/ wann man sie vor des Winters Kälte
beschirmet/ fortgepflantzt. Lobelius in Adversariis sa-
get/ daß diese Wurtzen/ gedörrt/ gemahlen und gestos-
sen ein Mehl gebe/ daraus Brod gebacken wird/ nicht
unangenehm/ und von etlichen Völckern an Brodes statt
gebraucht wird.

Nun folgen die Gewächse/ die den Winter über
heraussen bleiben; als:

Cap. XLV.
Clematis, Colutea,
gefullte Kerschen/ Pfersich und Heidelbeer.
[Spaltenumbruch]

CLematis, Waldreben/ was vornehme Gärten
sind/ werden allein zweyerley geachtet/ als erstlich
die mit der Purpurblauen/ und andere mit der
leibfarben dicken Blühe/ die sich wie eine Reben an die
Geländer und Lusthäuser aufziehen; wiewol man in Er-
manglung dieser auch die einfachen brauchet/ die vier
Blätter haben wie ein Creutz/ und wachsen mit
den Zweigen heraus/ wie an dem Epheu/ und sind allein
an dem einen Ende mit einem Schnitt oder zwey gespal-
ten/ der Saame von der einfachen ist scharff und bren-
nend/ wie auch die Wurtzen; der dicke erfordert guten
Grund/ und will des Winters an seinen schlancken Re-
ben mit Stroh eingemacht und verwahret werden.

Die andere Clematis, die man in den Gärten pfle-
get zu hegen/ heisset die Ungerische mit grossen blauen
Blumen; diß Gewächs stehet aufrecht in dem Feld/ und
neiget allein ihre am Gübel stehende/ und in der Mitten
mit wollechtem braunlechtem Haar gefüllte Blumen ein
wenig abwärts/ kommen allzeit etliche Goldgelbe vier-
eckichte Stengel aus einer Blumen/ bleibt über Win-
ter im Land/ und treibet Auswärts von neuem wieder
aus/ will einen guten Grund; das Kraut wird alle Herbst
gantz abgeschnitten.

Colutea, Linsenbaum/ die Franzosen heissen es Ba-
guenaudier,
hat Blätter wie die Sena, und blühet gelb
schier wie die Genester/ aber ohne sonderlichen Geruch/
darauf folgen runde aufgeblasene erstlich grüne/ darnach
rothbräunlichte Schotten/ die wann sie gähe zusammen
[Spaltenumbruch] gedruckt sind/ einen Knall von sich geben/ darinnen
wächst ein Saame/ wie die Linsen/ diese Blasen blei-
ben das gantze Jahr am Strauch hangen/ biß wieder
andere wachsen; vom Saamen gesäet/ bekommt er in
den ersten dreyen Jahren mehr nicht/ als einen eintzigen
Stamm/ im vierdten seine Aeste/ und wird folgendes
zu einem mittlern Bäumlein; vor dreyen Jahren muß
die Brut mit keinem Messer beschnitten werden/ sonst
verdirbet er/ hernach aber kan man seinen Gipffel beneh-
men/ so blühet er gleich darauf in folgendem Jahr;
wächst fast in allen Gärten/ die jungen Schößlinge aber
muß man mit Stroh vor der Kälte verwahren. Der
Saame purgirt den Menschen mit Beschwerung/ aber
die Schaaf werden von diesem Gewächse gemästet/ da-
her sie auch Schaaf-Linsen heissen.

Noch ist eine Art/ Colutea Siliquosa seu Scorpioi-
des major,
hat kleinere und dunckelgrünere Blätter/
trägt seinen Saamen in krummen gelenckichten Schot-
ten/ die Blühe davon riechet lieblich/ diese aber muß im
Winter beygesetzt werden/ wird durch Zertheilung der
Stöcke/ auch vom Saamen/ vermehrt.

Beederley Arten/ wann sie das dritte Jahr über-
stehen/ können hernach die Kälte wol ausdauren/ und
heraussen im Land bleiben/ vorher aber muß man sie
einsetzen/ fordern guten Grund und fleissige Begies-
sung.

Die Weichsel oder vielmehr Amarellen/ denen
sie an der Farb und Geschmack gleichen/ ohne daß die

Frucht

Des Adelichen Land- und Feld-Lebens
[Spaltenumbruch] zu andern edlen Fruͤchten gewieſen/ und daſelbſt den
Winter durch erhalten werden.

Es verlanget eine fruchtbare/ leichte/ muͤrbe und
feuchte Erden/ die muß ihm gegeben/ und das Waſſer ja
nicht geſparet werden. Die Wartung der Zuckerrohr
iſt dieſer Orten mehr neu als beſchwerlich/ daher ſich
viel befleiſſen/ es in ihre Gaͤrten zu ziegeln. Es verglei-
chet ſich dem gemeinen Rohr am Stamm und Blaͤt-
tern/ auſſer daß es nicht ſo hoch aufwachſe; es wird durch
die Wurtzen und Knollen vermehret/ und dieſes/ weil
ſolches ſehr hart iſt/ und es etliche Zeit alſo ausdauret/
macht dieſe Sach deſto leichter/ daß man es von fernen
kan herbringen laſſen/ wann es nur ſauber und wol ein-
gemacht iſt; wann es nun ein Jahr in der Erden ge-
ſtanden/ kan man ſolches durch die Beyſchoͤßling ver-
mehren; wann es in dem Winter-Haus in der Erden ſte-
het; dann wo man es nur in Kiſten erhaͤlt/ gibt dieſes
der enge Platz nicht zu.

Der Zucker waͤchſt inwendig in der Roͤhren/ und
iſt gleichſam ihr Marck; dieſen nun einzuſammlen/ wer-
den die Roͤhren um den halben September/ nahend an
der Erden abgeſchnitten/ darnach zu vier Finger- oder
einen halben Schuch langen Stucken zerhackt/ in einem
Keſſel mit klaren Waſſer geſotten/ biß alle Subſtanz
ſich heraus gezogen; das Waſſer wird hernach ſo lang
[Spaltenumbruch] eingeſotten/ biß es alles gantz und gar verduͤnſtet
hat/ und der Zucker allein im Keſſel uͤbrig verbleibet.
Oder man nimmt die Stuͤcke von den Roͤhren nur in
den Mund/ und ſaugt den Zucker-Safft nach und nach
heraus/ und dieſes Abſchneiden der Roͤhren nahend am
Erdboden/ erleichtert die Erhaltung dieſes Gewaͤchſes.
Und was noch an der Wurtzen bleibt/ mag man leicht-
lich mit auf kleine Pfaͤler gelegten Decken verhuͤllen/
damit die Wurtzen bey boͤſem und kalten Gewitter/ Froſt
oder Regen verſichert/ und von dem aufgetragenen Miſt
erwaͤrmet/ die boͤſe Beſchaffenheit der Zeit nicht fuͤhlen
oder empfinden koͤnne. Sind alſo (weil allein die Wur-
tzen zu verwahren) beſſer und leichter durch den Win-
ter zu bringen/ als die fremden Welſchen Baͤume/
da zugleich auf den Stamm als auf die Wurtzen Ob-
acht zu nehmen.

So bald nun die Kaͤlte vorbey/ wird das Gewaͤchs
wieder entbloͤſet; da es dann wieder antreibt/ und
waͤchſt nach ihrer natuͤrlichen Anmuth. Sie werden
auch/ wann ſie hart bey der Wurtzen abgeſchnitten und
eingelegt ſind/ wann man ſie vor des Winters Kaͤlte
beſchirmet/ fortgepflantzt. Lobelius in Adverſariis ſa-
get/ daß dieſe Wurtzen/ gedoͤrrt/ gemahlen und geſtoſ-
ſen ein Mehl gebe/ daraus Brod gebacken wird/ nicht
unangenehm/ und von etlichen Voͤlckern an Brodes ſtatt
gebraucht wird.

Nun folgen die Gewaͤchſe/ die den Winter uͤber
herauſſen bleiben; als:

Cap. XLV.
Clematis, Colutea,
gefůllte Kerſchen/ Pferſich und Heidelbeer.
[Spaltenumbruch]

CLematis, Waldreben/ was vornehme Gaͤrten
ſind/ werden allein zweyerley geachtet/ als erſtlich
die mit der Purpurblauen/ und andere mit der
leibfarben dicken Bluͤhe/ die ſich wie eine Reben an die
Gelaͤnder und Luſthaͤuſer aufziehen; wiewol man in Er-
manglung dieſer auch die einfachen brauchet/ die vier
Blaͤtter haben wie ein Creutz/ und wachſen mit
den Zweigen heraus/ wie an dem Epheu/ und ſind allein
an dem einen Ende mit einem Schnitt oder zwey geſpal-
ten/ der Saame von der einfachen iſt ſcharff und bren-
nend/ wie auch die Wurtzen; der dicke erfordert guten
Grund/ und will des Winters an ſeinen ſchlancken Re-
ben mit Stroh eingemacht und verwahret werden.

Die andere Clematis, die man in den Gaͤrten pfle-
get zu hegen/ heiſſet die Ungeriſche mit groſſen blauen
Blumen; diß Gewaͤchs ſtehet aufrecht in dem Feld/ und
neiget allein ihre am Guͤbel ſtehende/ und in der Mitten
mit wollechtem braunlechtem Haar gefuͤllte Blumen ein
wenig abwaͤrts/ kommen allzeit etliche Goldgelbe vier-
eckichte Stengel aus einer Blumen/ bleibt uͤber Win-
ter im Land/ und treibet Auswaͤrts von neuem wieder
aus/ will einen guten Grund; das Kraut wird alle Herbſt
gantz abgeſchnitten.

Colutea, Linſenbaum/ die Franzoſen heiſſen es Ba-
guenaudier,
hat Blaͤtter wie die Sena, und bluͤhet gelb
ſchier wie die Geneſter/ aber ohne ſonderlichen Geruch/
darauf folgen runde aufgeblaſene erſtlich gruͤne/ darnach
rothbraͤunlichte Schotten/ die wann ſie gaͤhe zuſammen
[Spaltenumbruch] gedruckt ſind/ einen Knall von ſich geben/ darinnen
waͤchſt ein Saame/ wie die Linſen/ dieſe Blaſen blei-
ben das gantze Jahr am Strauch hangen/ biß wieder
andere wachſen; vom Saamen geſaͤet/ bekommt er in
den erſten dreyen Jahren mehr nicht/ als einen eintzigen
Stamm/ im vierdten ſeine Aeſte/ und wird folgendes
zu einem mittlern Baͤumlein; vor dreyen Jahren muß
die Brut mit keinem Meſſer beſchnitten werden/ ſonſt
verdirbet er/ hernach aber kan man ſeinen Gipffel beneh-
men/ ſo bluͤhet er gleich darauf in folgendem Jahr;
waͤchſt faſt in allen Gaͤrten/ die jungen Schoͤßlinge aber
muß man mit Stroh vor der Kaͤlte verwahren. Der
Saame purgirt den Menſchen mit Beſchwerung/ aber
die Schaaf werden von dieſem Gewaͤchſe gemaͤſtet/ da-
her ſie auch Schaaf-Linſen heiſſen.

Noch iſt eine Art/ Colutea Siliquoſa ſeu Scorpioi-
des major,
hat kleinere und dunckelgruͤnere Blaͤtter/
traͤgt ſeinen Saamen in krummen gelenckichten Schot-
ten/ die Bluͤhe davon riechet lieblich/ dieſe aber muß im
Winter beygeſetzt werden/ wird durch Zertheilung der
Stoͤcke/ auch vom Saamen/ vermehrt.

Beederley Arten/ wann ſie das dritte Jahr uͤber-
ſtehen/ koͤnnen hernach die Kaͤlte wol ausdauren/ und
herauſſen im Land bleiben/ vorher aber muß man ſie
einſetzen/ fordern guten Grund und fleiſſige Begieſ-
ſung.

Die Weichſel oder vielmehr Amarellen/ denen
ſie an der Farb und Geſchmack gleichen/ ohne daß die

Frucht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0662" n="626[624]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Adelichen Land- und Feld-Lebens</hi></fw><lb/><cb/>
zu andern edlen Fru&#x0364;chten gewie&#x017F;en/ und da&#x017F;elb&#x017F;t den<lb/>
Winter durch erhalten werden.</p><lb/>
            <p>Es verlanget eine fruchtbare/ leichte/ mu&#x0364;rbe und<lb/>
feuchte Erden/ die muß ihm gegeben/ und das Wa&#x017F;&#x017F;er ja<lb/>
nicht ge&#x017F;paret werden. Die Wartung der Zuckerrohr<lb/>
i&#x017F;t die&#x017F;er Orten mehr neu als be&#x017F;chwerlich/ daher &#x017F;ich<lb/>
viel beflei&#x017F;&#x017F;en/ es in ihre Ga&#x0364;rten zu ziegeln. Es verglei-<lb/>
chet &#x017F;ich dem gemeinen Rohr am Stamm und Bla&#x0364;t-<lb/>
tern/ au&#x017F;&#x017F;er daß es nicht &#x017F;o hoch aufwach&#x017F;e; es wird durch<lb/>
die Wurtzen und Knollen vermehret/ und die&#x017F;es/ weil<lb/>
&#x017F;olches &#x017F;ehr hart i&#x017F;t/ und es etliche Zeit al&#x017F;o ausdauret/<lb/>
macht die&#x017F;e Sach de&#x017F;to leichter/ daß man es von fernen<lb/>
kan herbringen la&#x017F;&#x017F;en/ wann es nur &#x017F;auber und wol ein-<lb/>
gemacht i&#x017F;t; wann es nun ein Jahr in der Erden ge-<lb/>
&#x017F;tanden/ kan man &#x017F;olches durch die Bey&#x017F;cho&#x0364;ßling ver-<lb/>
mehren; wann es in dem Winter-Haus in der Erden &#x017F;te-<lb/>
het; dann wo man es nur in Ki&#x017F;ten erha&#x0364;lt/ gibt die&#x017F;es<lb/>
der enge Platz nicht zu.</p><lb/>
            <p>Der Zucker wa&#x0364;ch&#x017F;t inwendig in der Ro&#x0364;hren/ und<lb/>
i&#x017F;t gleich&#x017F;am ihr Marck; die&#x017F;en nun einzu&#x017F;ammlen/ wer-<lb/>
den die Ro&#x0364;hren um den halben September/ nahend an<lb/>
der Erden abge&#x017F;chnitten/ darnach zu vier Finger- oder<lb/>
einen halben Schuch langen Stucken zerhackt/ in einem<lb/>
Ke&#x017F;&#x017F;el mit klaren Wa&#x017F;&#x017F;er ge&#x017F;otten/ biß alle <hi rendition="#aq">Sub&#x017F;tanz</hi><lb/>
&#x017F;ich heraus gezogen; das Wa&#x017F;&#x017F;er wird hernach &#x017F;o lang<lb/><cb/>
einge&#x017F;otten/ biß es alles gantz und gar verdu&#x0364;n&#x017F;tet<lb/>
hat/ und der Zucker allein im Ke&#x017F;&#x017F;el u&#x0364;brig verbleibet.<lb/>
Oder man nimmt die Stu&#x0364;cke von den Ro&#x0364;hren nur in<lb/>
den Mund/ und &#x017F;augt den Zucker-Safft nach und nach<lb/>
heraus/ und die&#x017F;es Ab&#x017F;chneiden der Ro&#x0364;hren nahend am<lb/>
Erdboden/ erleichtert die Erhaltung die&#x017F;es Gewa&#x0364;ch&#x017F;es.<lb/>
Und was noch an der Wurtzen bleibt/ mag man leicht-<lb/>
lich mit auf kleine Pfa&#x0364;ler gelegten Decken verhu&#x0364;llen/<lb/>
damit die Wurtzen bey bo&#x0364;&#x017F;em und kalten Gewitter/ Fro&#x017F;t<lb/>
oder Regen ver&#x017F;ichert/ und von dem aufgetragenen Mi&#x017F;t<lb/>
erwa&#x0364;rmet/ die bo&#x0364;&#x017F;e Be&#x017F;chaffenheit der Zeit nicht fu&#x0364;hlen<lb/>
oder empfinden ko&#x0364;nne. Sind al&#x017F;o (weil allein die Wur-<lb/>
tzen zu verwahren) be&#x017F;&#x017F;er und leichter durch den Win-<lb/>
ter zu bringen/ als die fremden Wel&#x017F;chen Ba&#x0364;ume/<lb/>
da zugleich auf den Stamm als auf die Wurtzen Ob-<lb/>
acht zu nehmen.</p><lb/>
            <p>So bald nun die Ka&#x0364;lte vorbey/ wird das Gewa&#x0364;chs<lb/>
wieder entblo&#x0364;&#x017F;et; da es dann wieder antreibt/ und<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t nach ihrer natu&#x0364;rlichen Anmuth. Sie werden<lb/>
auch/ wann &#x017F;ie hart bey der Wurtzen abge&#x017F;chnitten und<lb/>
eingelegt &#x017F;ind/ wann man &#x017F;ie vor des Winters Ka&#x0364;lte<lb/>
be&#x017F;chirmet/ fortgepflantzt. <hi rendition="#aq">Lobelius</hi> in <hi rendition="#aq">Adver&#x017F;ariis</hi> &#x017F;a-<lb/>
get/ daß die&#x017F;e Wurtzen/ gedo&#x0364;rrt/ gemahlen und ge&#x017F;to&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ein Mehl gebe/ daraus Brod gebacken wird/ nicht<lb/>
unangenehm/ und von etlichen Vo&#x0364;lckern an Brodes &#x017F;tatt<lb/>
gebraucht wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr">Nun folgen die Gewa&#x0364;ch&#x017F;e/ die den Winter u&#x0364;ber<lb/>
herau&#x017F;&#x017F;en bleiben; als:</hi><lb/> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> XLV.</hi><lb/>
Clematis, Colutea,</hi> <hi rendition="#fr">gef&#x016F;llte Ker&#x017F;chen/ Pfer&#x017F;ich und Heidelbeer.</hi> </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">C</hi>Lematis,</hi> Waldreben/ was vornehme Ga&#x0364;rten<lb/>
&#x017F;ind/ werden allein zweyerley geachtet/ als er&#x017F;tlich<lb/>
die mit der Purpurblauen/ und andere mit der<lb/>
leibfarben dicken Blu&#x0364;he/ die &#x017F;ich wie eine Reben an die<lb/>
Gela&#x0364;nder und Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;er aufziehen; wiewol man in Er-<lb/>
manglung die&#x017F;er auch die einfachen brauchet/ die vier<lb/>
Bla&#x0364;tter haben wie ein Creutz/ und wach&#x017F;en mit<lb/>
den Zweigen heraus/ wie an dem Epheu/ und &#x017F;ind allein<lb/>
an dem einen Ende mit einem Schnitt oder zwey ge&#x017F;pal-<lb/>
ten/ der Saame von der einfachen i&#x017F;t &#x017F;charff und bren-<lb/>
nend/ wie auch die Wurtzen; der dicke erfordert guten<lb/>
Grund/ und will des Winters an &#x017F;einen &#x017F;chlancken Re-<lb/>
ben mit Stroh eingemacht und verwahret werden.</p><lb/>
            <p>Die andere <hi rendition="#aq">Clematis,</hi> die man in den Ga&#x0364;rten pfle-<lb/>
get zu hegen/ hei&#x017F;&#x017F;et die Ungeri&#x017F;che mit gro&#x017F;&#x017F;en blauen<lb/>
Blumen; diß Gewa&#x0364;chs &#x017F;tehet aufrecht in dem Feld/ und<lb/>
neiget allein ihre am Gu&#x0364;bel &#x017F;tehende/ und in der Mitten<lb/>
mit wollechtem braunlechtem Haar gefu&#x0364;llte Blumen ein<lb/>
wenig abwa&#x0364;rts/ kommen allzeit etliche Goldgelbe vier-<lb/>
eckichte Stengel aus einer Blumen/ bleibt u&#x0364;ber Win-<lb/>
ter im Land/ und treibet Auswa&#x0364;rts von neuem wieder<lb/>
aus/ will einen guten Grund; das Kraut wird alle Herb&#x017F;t<lb/>
gantz abge&#x017F;chnitten.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Colutea,</hi> Lin&#x017F;enbaum/ die Franzo&#x017F;en hei&#x017F;&#x017F;en es <hi rendition="#aq">Ba-<lb/>
guenaudier,</hi> hat Bla&#x0364;tter wie die <hi rendition="#aq">Sena,</hi> und blu&#x0364;het gelb<lb/>
&#x017F;chier wie die Gene&#x017F;ter/ aber ohne &#x017F;onderlichen Geruch/<lb/>
darauf folgen runde aufgebla&#x017F;ene er&#x017F;tlich gru&#x0364;ne/ darnach<lb/>
rothbra&#x0364;unlichte Schotten/ die wann &#x017F;ie ga&#x0364;he zu&#x017F;ammen<lb/><cb/>
gedruckt &#x017F;ind/ einen Knall von &#x017F;ich geben/ darinnen<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t ein Saame/ wie die Lin&#x017F;en/ die&#x017F;e Bla&#x017F;en blei-<lb/>
ben das gantze Jahr am Strauch hangen/ biß wieder<lb/>
andere wach&#x017F;en; vom Saamen ge&#x017F;a&#x0364;et/ bekommt er in<lb/>
den er&#x017F;ten dreyen Jahren mehr nicht/ als einen eintzigen<lb/>
Stamm/ im vierdten &#x017F;eine Ae&#x017F;te/ und wird folgendes<lb/>
zu einem mittlern Ba&#x0364;umlein; vor dreyen Jahren muß<lb/>
die Brut mit keinem Me&#x017F;&#x017F;er be&#x017F;chnitten werden/ &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
verdirbet er/ hernach aber kan man &#x017F;einen Gipffel beneh-<lb/>
men/ &#x017F;o blu&#x0364;het er gleich darauf in folgendem Jahr;<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t fa&#x017F;t in allen Ga&#x0364;rten/ die jungen Scho&#x0364;ßlinge aber<lb/>
muß man mit Stroh vor der Ka&#x0364;lte verwahren. Der<lb/>
Saame purgirt den Men&#x017F;chen mit Be&#x017F;chwerung/ aber<lb/>
die Schaaf werden von die&#x017F;em Gewa&#x0364;ch&#x017F;e gema&#x0364;&#x017F;tet/ da-<lb/>
her &#x017F;ie auch Schaaf-Lin&#x017F;en hei&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Noch i&#x017F;t eine Art/ <hi rendition="#aq">Colutea Siliquo&#x017F;a &#x017F;eu Scorpioi-<lb/>
des major,</hi> hat kleinere und dunckelgru&#x0364;nere Bla&#x0364;tter/<lb/>
tra&#x0364;gt &#x017F;einen Saamen in krummen gelenckichten Schot-<lb/>
ten/ die Blu&#x0364;he davon riechet lieblich/ die&#x017F;e aber muß im<lb/>
Winter beyge&#x017F;etzt werden/ wird durch Zertheilung der<lb/>
Sto&#x0364;cke/ auch vom Saamen/ vermehrt.</p><lb/>
            <p>Beederley Arten/ wann &#x017F;ie das dritte Jahr u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;tehen/ ko&#x0364;nnen hernach die Ka&#x0364;lte wol ausdauren/ und<lb/>
herau&#x017F;&#x017F;en im Land bleiben/ vorher aber muß man &#x017F;ie<lb/>
ein&#x017F;etzen/ fordern guten Grund und flei&#x017F;&#x017F;ige Begie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung.</p><lb/>
            <p>Die Weich&#x017F;el oder vielmehr Amarellen/ denen<lb/>
&#x017F;ie an der Farb und Ge&#x017F;chmack gleichen/ ohne daß die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Frucht</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[626[624]/0662] Des Adelichen Land- und Feld-Lebens zu andern edlen Fruͤchten gewieſen/ und daſelbſt den Winter durch erhalten werden. Es verlanget eine fruchtbare/ leichte/ muͤrbe und feuchte Erden/ die muß ihm gegeben/ und das Waſſer ja nicht geſparet werden. Die Wartung der Zuckerrohr iſt dieſer Orten mehr neu als beſchwerlich/ daher ſich viel befleiſſen/ es in ihre Gaͤrten zu ziegeln. Es verglei- chet ſich dem gemeinen Rohr am Stamm und Blaͤt- tern/ auſſer daß es nicht ſo hoch aufwachſe; es wird durch die Wurtzen und Knollen vermehret/ und dieſes/ weil ſolches ſehr hart iſt/ und es etliche Zeit alſo ausdauret/ macht dieſe Sach deſto leichter/ daß man es von fernen kan herbringen laſſen/ wann es nur ſauber und wol ein- gemacht iſt; wann es nun ein Jahr in der Erden ge- ſtanden/ kan man ſolches durch die Beyſchoͤßling ver- mehren; wann es in dem Winter-Haus in der Erden ſte- het; dann wo man es nur in Kiſten erhaͤlt/ gibt dieſes der enge Platz nicht zu. Der Zucker waͤchſt inwendig in der Roͤhren/ und iſt gleichſam ihr Marck; dieſen nun einzuſammlen/ wer- den die Roͤhren um den halben September/ nahend an der Erden abgeſchnitten/ darnach zu vier Finger- oder einen halben Schuch langen Stucken zerhackt/ in einem Keſſel mit klaren Waſſer geſotten/ biß alle Subſtanz ſich heraus gezogen; das Waſſer wird hernach ſo lang eingeſotten/ biß es alles gantz und gar verduͤnſtet hat/ und der Zucker allein im Keſſel uͤbrig verbleibet. Oder man nimmt die Stuͤcke von den Roͤhren nur in den Mund/ und ſaugt den Zucker-Safft nach und nach heraus/ und dieſes Abſchneiden der Roͤhren nahend am Erdboden/ erleichtert die Erhaltung dieſes Gewaͤchſes. Und was noch an der Wurtzen bleibt/ mag man leicht- lich mit auf kleine Pfaͤler gelegten Decken verhuͤllen/ damit die Wurtzen bey boͤſem und kalten Gewitter/ Froſt oder Regen verſichert/ und von dem aufgetragenen Miſt erwaͤrmet/ die boͤſe Beſchaffenheit der Zeit nicht fuͤhlen oder empfinden koͤnne. Sind alſo (weil allein die Wur- tzen zu verwahren) beſſer und leichter durch den Win- ter zu bringen/ als die fremden Welſchen Baͤume/ da zugleich auf den Stamm als auf die Wurtzen Ob- acht zu nehmen. So bald nun die Kaͤlte vorbey/ wird das Gewaͤchs wieder entbloͤſet; da es dann wieder antreibt/ und waͤchſt nach ihrer natuͤrlichen Anmuth. Sie werden auch/ wann ſie hart bey der Wurtzen abgeſchnitten und eingelegt ſind/ wann man ſie vor des Winters Kaͤlte beſchirmet/ fortgepflantzt. Lobelius in Adverſariis ſa- get/ daß dieſe Wurtzen/ gedoͤrrt/ gemahlen und geſtoſ- ſen ein Mehl gebe/ daraus Brod gebacken wird/ nicht unangenehm/ und von etlichen Voͤlckern an Brodes ſtatt gebraucht wird. Nun folgen die Gewaͤchſe/ die den Winter uͤber herauſſen bleiben; als: Cap. XLV. Clematis, Colutea, gefůllte Kerſchen/ Pferſich und Heidelbeer. CLematis, Waldreben/ was vornehme Gaͤrten ſind/ werden allein zweyerley geachtet/ als erſtlich die mit der Purpurblauen/ und andere mit der leibfarben dicken Bluͤhe/ die ſich wie eine Reben an die Gelaͤnder und Luſthaͤuſer aufziehen; wiewol man in Er- manglung dieſer auch die einfachen brauchet/ die vier Blaͤtter haben wie ein Creutz/ und wachſen mit den Zweigen heraus/ wie an dem Epheu/ und ſind allein an dem einen Ende mit einem Schnitt oder zwey geſpal- ten/ der Saame von der einfachen iſt ſcharff und bren- nend/ wie auch die Wurtzen; der dicke erfordert guten Grund/ und will des Winters an ſeinen ſchlancken Re- ben mit Stroh eingemacht und verwahret werden. Die andere Clematis, die man in den Gaͤrten pfle- get zu hegen/ heiſſet die Ungeriſche mit groſſen blauen Blumen; diß Gewaͤchs ſtehet aufrecht in dem Feld/ und neiget allein ihre am Guͤbel ſtehende/ und in der Mitten mit wollechtem braunlechtem Haar gefuͤllte Blumen ein wenig abwaͤrts/ kommen allzeit etliche Goldgelbe vier- eckichte Stengel aus einer Blumen/ bleibt uͤber Win- ter im Land/ und treibet Auswaͤrts von neuem wieder aus/ will einen guten Grund; das Kraut wird alle Herbſt gantz abgeſchnitten. Colutea, Linſenbaum/ die Franzoſen heiſſen es Ba- guenaudier, hat Blaͤtter wie die Sena, und bluͤhet gelb ſchier wie die Geneſter/ aber ohne ſonderlichen Geruch/ darauf folgen runde aufgeblaſene erſtlich gruͤne/ darnach rothbraͤunlichte Schotten/ die wann ſie gaͤhe zuſammen gedruckt ſind/ einen Knall von ſich geben/ darinnen waͤchſt ein Saame/ wie die Linſen/ dieſe Blaſen blei- ben das gantze Jahr am Strauch hangen/ biß wieder andere wachſen; vom Saamen geſaͤet/ bekommt er in den erſten dreyen Jahren mehr nicht/ als einen eintzigen Stamm/ im vierdten ſeine Aeſte/ und wird folgendes zu einem mittlern Baͤumlein; vor dreyen Jahren muß die Brut mit keinem Meſſer beſchnitten werden/ ſonſt verdirbet er/ hernach aber kan man ſeinen Gipffel beneh- men/ ſo bluͤhet er gleich darauf in folgendem Jahr; waͤchſt faſt in allen Gaͤrten/ die jungen Schoͤßlinge aber muß man mit Stroh vor der Kaͤlte verwahren. Der Saame purgirt den Menſchen mit Beſchwerung/ aber die Schaaf werden von dieſem Gewaͤchſe gemaͤſtet/ da- her ſie auch Schaaf-Linſen heiſſen. Noch iſt eine Art/ Colutea Siliquoſa ſeu Scorpioi- des major, hat kleinere und dunckelgruͤnere Blaͤtter/ traͤgt ſeinen Saamen in krummen gelenckichten Schot- ten/ die Bluͤhe davon riechet lieblich/ dieſe aber muß im Winter beygeſetzt werden/ wird durch Zertheilung der Stoͤcke/ auch vom Saamen/ vermehrt. Beederley Arten/ wann ſie das dritte Jahr uͤber- ſtehen/ koͤnnen hernach die Kaͤlte wol ausdauren/ und herauſſen im Land bleiben/ vorher aber muß man ſie einſetzen/ fordern guten Grund und fleiſſige Begieſ- ſung. Die Weichſel oder vielmehr Amarellen/ denen ſie an der Farb und Geſchmack gleichen/ ohne daß die Frucht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/662
Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 626[624]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/662>, abgerufen am 24.11.2024.