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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

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und kann noch länger halten, als mir lieb ist. Klock
fünf geh' ich um den Sarg. Nur bei'm harten Tha-
ler muß es bleiben, sonst keinen Schritt nicht." --

Sie sagen immer, nichts auf Erden sei umsonst,
außer der Tod? brummte Anton, wie er zur Groß-
mutter zurückkehrte; doch das ist auch eine Lüge. Der
Tod kostet genug.

"Jawohl," erwiederte Mutter Goksch, "nur mit dem
Unterschiede, daß der Todte die Unkosten nicht zu tra-
gen hat, sondern seine Hinterbliebenen. Diesmal
trifft es uns und an einer Erbschaft werden wir uns
nicht entschädigen."

Doch, Großmutter. Mir hat er viel hinterlas-
sen, der schwarze Wolfgang. So lang' ich lebe, werd'
ich ihn vor Augen haben, als Leiche. Und sobald mich
Uebermuth, oder Thorheit verlocken will zu dummen
Streichen, werd' ich denken: Was hilft's, junges
Blut? Du bist auch einmal solch' ein starres, langes,
blasses, lebloses Stück Leichnam! -- Das ist eine
tüchtige Lehre! --

Bis gegen fünf Uhr arbeitete Anton unverdrossen.
Dann ging er in's kleine Gärtchen, flocht einen Strauß
von Rosmarin und Nelken, wendete sich zu des Tisch-
lers Wohnung, der Wort gehalten und wartete dort

und kann noch laͤnger halten, als mir lieb iſt. Klock
fuͤnf geh’ ich um den Sarg. Nur bei’m harten Tha-
ler muß es bleiben, ſonſt keinen Schritt nicht.“ —

Sie ſagen immer, nichts auf Erden ſei umſonſt,
außer der Tod? brummte Anton, wie er zur Groß-
mutter zuruͤckkehrte; doch das iſt auch eine Luͤge. Der
Tod koſtet genug.

„Jawohl,“ erwiederte Mutter Gokſch, „nur mit dem
Unterſchiede, daß der Todte die Unkoſten nicht zu tra-
gen hat, ſondern ſeine Hinterbliebenen. Diesmal
trifft es uns und an einer Erbſchaft werden wir uns
nicht entſchaͤdigen.“

Doch, Großmutter. Mir hat er viel hinterlaſ-
ſen, der ſchwarze Wolfgang. So lang’ ich lebe, werd’
ich ihn vor Augen haben, als Leiche. Und ſobald mich
Uebermuth, oder Thorheit verlocken will zu dummen
Streichen, werd’ ich denken: Was hilft’s, junges
Blut? Du biſt auch einmal ſolch’ ein ſtarres, langes,
blaſſes, lebloſes Stuͤck Leichnam! — Das iſt eine
tuͤchtige Lehre! —

Bis gegen fuͤnf Uhr arbeitete Anton unverdroſſen.
Dann ging er in’s kleine Gaͤrtchen, flocht einen Strauß
von Rosmarin und Nelken, wendete ſich zu des Tiſch-
lers Wohnung, der Wort gehalten und wartete dort

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[153/0169] und kann noch laͤnger halten, als mir lieb iſt. Klock fuͤnf geh’ ich um den Sarg. Nur bei’m harten Tha- ler muß es bleiben, ſonſt keinen Schritt nicht.“ — Sie ſagen immer, nichts auf Erden ſei umſonſt, außer der Tod? brummte Anton, wie er zur Groß- mutter zuruͤckkehrte; doch das iſt auch eine Luͤge. Der Tod koſtet genug. „Jawohl,“ erwiederte Mutter Gokſch, „nur mit dem Unterſchiede, daß der Todte die Unkoſten nicht zu tra- gen hat, ſondern ſeine Hinterbliebenen. Diesmal trifft es uns und an einer Erbſchaft werden wir uns nicht entſchaͤdigen.“ Doch, Großmutter. Mir hat er viel hinterlaſ- ſen, der ſchwarze Wolfgang. So lang’ ich lebe, werd’ ich ihn vor Augen haben, als Leiche. Und ſobald mich Uebermuth, oder Thorheit verlocken will zu dummen Streichen, werd’ ich denken: Was hilft’s, junges Blut? Du biſt auch einmal ſolch’ ein ſtarres, langes, blaſſes, lebloſes Stuͤck Leichnam! — Das iſt eine tuͤchtige Lehre! — Bis gegen fuͤnf Uhr arbeitete Anton unverdroſſen. Dann ging er in’s kleine Gaͤrtchen, flocht einen Strauß von Rosmarin und Nelken, wendete ſich zu des Tiſch- lers Wohnung, der Wort gehalten und wartete dort

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/169>, abgerufen am 21.11.2024.