Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

ist, nichts hören. Wenn sie mich nun unter die Sol-
daten nehmen? Wendete er mehrmals dagegen ein.

Das thun sie nicht, erwiederte beruhigt und be-
ruhigend Frau Hahn. Der gnädige Herr Major hat
mir's mit Hand und Mund versprochen und der ge-
strenge Herr Kreissekretair auch. Dich nehmen sie
nicht, weil sie Dich für einen stillen, fleißigen Jungen
kennen, der für mich arbeitet und sie haben mir's zu-
gesagt, so lange ich lebe, -- hier hielt sie erschrocken
inne.

Anton war schon im Begriff zu äußern: aber
wenn Du nun stirbst? Doch schluckte auch er dies
traurige Wort mit Macht hinunter.

Und wiederum hub die Alte an: soll dies aber
mein Letztes sein, Anton, hernach erbst Du ja das
Häuschen; hernach bist Du ja, trotz Deiner Jugend,
ein Hauswirth; und dann dürfen sie Dich gar nicht
einmal nehmen unter die Soldaten. Damit Du aber
vollkommen sicher bist, mußt Du halt heirathen und
das bei Zeiten!

"Großmutter," brummte Anton fast verdrüßlich,
"nun schweig' einmal davon! Wo sollt' ich denn eine
Frau finden, wie ich -- wie ich sie wünschte?"

Eine solche, sagte die unerschütterliche Ehestifterin

iſt, nichts hoͤren. Wenn ſie mich nun unter die Sol-
daten nehmen? Wendete er mehrmals dagegen ein.

Das thun ſie nicht, erwiederte beruhigt und be-
ruhigend Frau Hahn. Der gnaͤdige Herr Major hat
mir’s mit Hand und Mund verſprochen und der ge-
ſtrenge Herr Kreisſekretair auch. Dich nehmen ſie
nicht, weil ſie Dich fuͤr einen ſtillen, fleißigen Jungen
kennen, der fuͤr mich arbeitet und ſie haben mir’s zu-
geſagt, ſo lange ich lebe, — hier hielt ſie erſchrocken
inne.

Anton war ſchon im Begriff zu aͤußern: aber
wenn Du nun ſtirbſt? Doch ſchluckte auch er dies
traurige Wort mit Macht hinunter.

Und wiederum hub die Alte an: ſoll dies aber
mein Letztes ſein, Anton, hernach erbſt Du ja das
Haͤuschen; hernach biſt Du ja, trotz Deiner Jugend,
ein Hauswirth; und dann duͤrfen ſie Dich gar nicht
einmal nehmen unter die Soldaten. Damit Du aber
vollkommen ſicher biſt, mußt Du halt heirathen und
das bei Zeiten!

„Großmutter,“ brummte Anton faſt verdruͤßlich,
„nun ſchweig’ einmal davon! Wo ſollt’ ich denn eine
Frau finden, wie ich — wie ich ſie wuͤnſchte?“

Eine ſolche, ſagte die unerſchuͤtterliche Eheſtifterin

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0206" n="190"/>
i&#x017F;t, nichts ho&#x0364;ren. Wenn &#x017F;ie mich nun unter die Sol-<lb/>
daten nehmen? Wendete er mehrmals dagegen ein.</p><lb/>
        <p>Das thun &#x017F;ie nicht, erwiederte beruhigt und be-<lb/>
ruhigend Frau Hahn. Der gna&#x0364;dige Herr Major hat<lb/>
mir&#x2019;s mit Hand und Mund ver&#x017F;prochen und der ge-<lb/>
&#x017F;trenge Herr Kreis&#x017F;ekretair auch. Dich nehmen &#x017F;ie<lb/>
nicht, weil &#x017F;ie Dich fu&#x0364;r einen &#x017F;tillen, fleißigen Jungen<lb/>
kennen, der fu&#x0364;r mich arbeitet und &#x017F;ie haben mir&#x2019;s zu-<lb/>
ge&#x017F;agt, &#x017F;o lange ich lebe, &#x2014; hier hielt &#x017F;ie er&#x017F;chrocken<lb/>
inne.</p><lb/>
        <p>Anton war &#x017F;chon im Begriff zu a&#x0364;ußern: aber<lb/>
wenn Du nun &#x017F;tirb&#x017F;t? Doch &#x017F;chluckte auch er dies<lb/>
traurige Wort mit Macht hinunter.</p><lb/>
        <p>Und wiederum hub die Alte an: &#x017F;oll dies aber<lb/>
mein Letztes &#x017F;ein, Anton, hernach erb&#x017F;t Du ja das<lb/>
Ha&#x0364;uschen; hernach bi&#x017F;t Du ja, trotz Deiner Jugend,<lb/>
ein Hauswirth; und dann du&#x0364;rfen &#x017F;ie Dich gar nicht<lb/>
einmal nehmen unter die Soldaten. Damit Du aber<lb/>
vollkommen &#x017F;icher bi&#x017F;t, mußt Du halt heirathen und<lb/>
das bei Zeiten!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Großmutter,&#x201C; brummte Anton fa&#x017F;t verdru&#x0364;ßlich,<lb/>
&#x201E;nun &#x017F;chweig&#x2019; einmal davon! Wo &#x017F;ollt&#x2019; ich denn eine<lb/>
Frau finden, wie ich &#x2014; wie ich &#x017F;ie wu&#x0364;n&#x017F;chte?&#x201C;</p><lb/>
        <p>Eine &#x017F;olche, &#x017F;agte die uner&#x017F;chu&#x0364;tterliche Ehe&#x017F;tifterin<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0206] iſt, nichts hoͤren. Wenn ſie mich nun unter die Sol- daten nehmen? Wendete er mehrmals dagegen ein. Das thun ſie nicht, erwiederte beruhigt und be- ruhigend Frau Hahn. Der gnaͤdige Herr Major hat mir’s mit Hand und Mund verſprochen und der ge- ſtrenge Herr Kreisſekretair auch. Dich nehmen ſie nicht, weil ſie Dich fuͤr einen ſtillen, fleißigen Jungen kennen, der fuͤr mich arbeitet und ſie haben mir’s zu- geſagt, ſo lange ich lebe, — hier hielt ſie erſchrocken inne. Anton war ſchon im Begriff zu aͤußern: aber wenn Du nun ſtirbſt? Doch ſchluckte auch er dies traurige Wort mit Macht hinunter. Und wiederum hub die Alte an: ſoll dies aber mein Letztes ſein, Anton, hernach erbſt Du ja das Haͤuschen; hernach biſt Du ja, trotz Deiner Jugend, ein Hauswirth; und dann duͤrfen ſie Dich gar nicht einmal nehmen unter die Soldaten. Damit Du aber vollkommen ſicher biſt, mußt Du halt heirathen und das bei Zeiten! „Großmutter,“ brummte Anton faſt verdruͤßlich, „nun ſchweig’ einmal davon! Wo ſollt’ ich denn eine Frau finden, wie ich — wie ich ſie wuͤnſchte?“ Eine ſolche, ſagte die unerſchuͤtterliche Eheſtifterin

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/206
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/206>, abgerufen am 21.11.2024.