Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

So sieh' auf mich zurück.
Ach, schrei' in meinem Herzen,
Wenn ich kein Glied mehr rühr',
Und stell' in meinem Herzen
Mir nichts, als Jesum, für.

Jhr Engel, nehmt die Thränen
Von meinen Wangen an:
Jch weiß, daß Euer Sehnen,
Sonst nichts vergnügen kann.
Wenn Leib und Seele scheiden,
Tragt mich in Abra'ms Schoos,
So bin ich voller Freuden,
Und aller Thränen los.
Euch aber, meine Lieben,
Die ihr mich denn beweint, ...

(Hier stürzte Anton laut weinend nieder und legte
sein Gesicht an die Hände der Großmutter.)

Euch hab' ich was verschrieben:
Gott, euren besten Freund.
D'rum nehmt den letzten Segen,
Es wird gewiß gescheh'n,
Daß wir auf Zions Wegen
Einander wiederseh'n.
Zuletzt sei Dir, o Erde,
Mein blasser Leib vermacht,
Damit Dir wieder werde,
Was Du mir zugebracht.
Mach' ihn zu Asch' und Staube,
Bis Gottes Stimme ruft!

So ſieh’ auf mich zurück.
Ach, ſchrei’ in meinem Herzen,
Wenn ich kein Glied mehr rühr’,
Und ſtell’ in meinem Herzen
Mir nichts, als Jeſum, für.

Jhr Engel, nehmt die Thränen
Von meinen Wangen an:
Jch weiß, daß Euer Sehnen,
Sonſt nichts vergnügen kann.
Wenn Leib und Seele ſcheiden,
Tragt mich in Abra’ms Schoos,
So bin ich voller Freuden,
Und aller Thränen los.
Euch aber, meine Lieben,
Die ihr mich denn beweint, ...

(Hier ſtuͤrzte Anton laut weinend nieder und legte
ſein Geſicht an die Haͤnde der Großmutter.)

Euch hab’ ich was verſchrieben:
Gott, euren beſten Freund.
D’rum nehmt den letzten Segen,
Es wird gewiß geſcheh’n,
Daß wir auf Zions Wegen
Einander wiederſeh’n.
Zuletzt ſei Dir, o Erde,
Mein blaſſer Leib vermacht,
Damit Dir wieder werde,
Was Du mir zugebracht.
Mach’ ihn zu Aſch’ und Staube,
Bis Gottes Stimme ruft!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="4">
            <pb facs="#f0214" n="198"/>
            <l>So &#x017F;ieh&#x2019; auf mich zurück.</l><lb/>
            <l>Ach, &#x017F;chrei&#x2019; in meinem Herzen,</l><lb/>
            <l>Wenn ich kein Glied mehr rühr&#x2019;,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;tell&#x2019; in meinem Herzen</l><lb/>
            <l>Mir nichts, als Je&#x017F;um, für.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="5">
            <l>Jhr Engel, nehmt die Thränen</l><lb/>
            <l>Von meinen Wangen an:</l><lb/>
            <l>Jch weiß, daß Euer Sehnen,</l><lb/>
            <l>Son&#x017F;t nichts vergnügen kann.</l><lb/>
            <l>Wenn Leib und Seele &#x017F;cheiden,</l><lb/>
            <l>Tragt mich in Abra&#x2019;ms Schoos,</l><lb/>
            <l>So bin ich voller Freuden,</l><lb/>
            <l>Und aller Thränen los.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="6">
            <l>Euch aber, meine Lieben,</l><lb/>
            <l>Die ihr mich denn beweint, ...</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <p>(Hier &#x017F;tu&#x0364;rzte Anton laut weinend nieder und legte<lb/>
&#x017F;ein Ge&#x017F;icht an die Ha&#x0364;nde der Großmutter.)</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Euch hab&#x2019; ich was ver&#x017F;chrieben:</l><lb/>
            <l>Gott, euren be&#x017F;ten Freund.</l><lb/>
            <l>D&#x2019;rum nehmt den letzten Segen,</l><lb/>
            <l>Es wird gewiß ge&#x017F;cheh&#x2019;n,</l><lb/>
            <l>Daß wir auf Zions Wegen</l><lb/>
            <l>Einander wieder&#x017F;eh&#x2019;n.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Zuletzt &#x017F;ei Dir, o Erde,</l><lb/>
            <l>Mein bla&#x017F;&#x017F;er Leib vermacht,</l><lb/>
            <l>Damit Dir wieder werde,</l><lb/>
            <l>Was Du mir zugebracht.</l><lb/>
            <l>Mach&#x2019; ihn zu A&#x017F;ch&#x2019; und Staube,</l><lb/>
            <l>Bis Gottes Stimme ruft!</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198/0214] So ſieh’ auf mich zurück. Ach, ſchrei’ in meinem Herzen, Wenn ich kein Glied mehr rühr’, Und ſtell’ in meinem Herzen Mir nichts, als Jeſum, für. Jhr Engel, nehmt die Thränen Von meinen Wangen an: Jch weiß, daß Euer Sehnen, Sonſt nichts vergnügen kann. Wenn Leib und Seele ſcheiden, Tragt mich in Abra’ms Schoos, So bin ich voller Freuden, Und aller Thränen los. Euch aber, meine Lieben, Die ihr mich denn beweint, ... (Hier ſtuͤrzte Anton laut weinend nieder und legte ſein Geſicht an die Haͤnde der Großmutter.) Euch hab’ ich was verſchrieben: Gott, euren beſten Freund. D’rum nehmt den letzten Segen, Es wird gewiß geſcheh’n, Daß wir auf Zions Wegen Einander wiederſeh’n. Zuletzt ſei Dir, o Erde, Mein blaſſer Leib vermacht, Damit Dir wieder werde, Was Du mir zugebracht. Mach’ ihn zu Aſch’ und Staube, Bis Gottes Stimme ruft!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/214
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/214>, abgerufen am 09.11.2024.