men mußte, von albernen Stutzern, die frei umher- laufen durften, während unsere armen Affen einge- sperrt waren. Jhnen, meine theure Mutter, mißfiel das nicht, wenn der Schwarm der Anbeter mich um- lagerte, weil es Jhre Kasse schwerer machen half. Mir blieben sie alle gleichgültig, ich langweilte mich zum Sterben, -- aus kindlichem Gehorsam. Da schickt mir der Himmel, oder ich weiß nicht wer sonst? Diesen! und ich liebe ihn. Kann ich dafür! c'est plus fort que moi!
Was Sie dagegen einzuwenden wissen, hab' ich mir ein Jahr lang selbst gesagt. Am Ende half nichts mehr. Jch wurde mit mir einig, -- und mit ihm! Was kümmern mich die Andern. Und daß in ver- gangener Nacht solches Unheil über uns kam, ist nicht meine, ist noch weniger seine, ist nicht die Schuld unserer Liebe; nein, es ist die Schuld derjenigen, die mich verhindern wollte glücklich zu sein. Mich, die ich so wenig Glück erlebte, seitdem ich athme; mich, der man wohl ein Bischen Glück gönnen dürfte! Hätten Sie mich gezwungen ihn zu meiden, so wär' ich nicht entwichen, ihn zu suchen. Doch das versteht sich: der Schade den ich verursacht, trifft mich allein.
men mußte, von albernen Stutzern, die frei umher- laufen durften, waͤhrend unſere armen Affen einge- ſperrt waren. Jhnen, meine theure Mutter, mißfiel das nicht, wenn der Schwarm der Anbeter mich um- lagerte, weil es Jhre Kaſſe ſchwerer machen half. Mir blieben ſie alle gleichguͤltig, ich langweilte mich zum Sterben, — aus kindlichem Gehorſam. Da ſchickt mir der Himmel, oder ich weiß nicht wer ſonſt? Dieſen! und ich liebe ihn. Kann ich dafuͤr! c’est plus fort que moi!
Was Sie dagegen einzuwenden wiſſen, hab’ ich mir ein Jahr lang ſelbſt geſagt. Am Ende half nichts mehr. Jch wurde mit mir einig, — und mit ihm! Was kuͤmmern mich die Andern. Und daß in ver- gangener Nacht ſolches Unheil uͤber uns kam, iſt nicht meine, iſt noch weniger ſeine, iſt nicht die Schuld unſerer Liebe; nein, es iſt die Schuld derjenigen, die mich verhindern wollte gluͤcklich zu ſein. Mich, die ich ſo wenig Gluͤck erlebte, ſeitdem ich athme; mich, der man wohl ein Bischen Gluͤck goͤnnen duͤrfte! Haͤtten Sie mich gezwungen ihn zu meiden, ſo waͤr’ ich nicht entwichen, ihn zu ſuchen. Doch das verſteht ſich: der Schade den ich verurſacht, trifft mich allein.
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men mußte, von albernen Stutzern, die frei umher-
laufen durften, waͤhrend unſere armen Affen einge-
ſperrt waren. Jhnen, meine theure Mutter, mißfiel
das nicht, wenn der Schwarm der Anbeter mich um-
lagerte, weil es Jhre Kaſſe ſchwerer machen half.
Mir blieben ſie alle gleichguͤltig, ich langweilte mich
zum Sterben, — aus kindlichem Gehorſam. Da
ſchickt mir der Himmel, oder ich weiß nicht wer
ſonſt? Dieſen! und ich liebe ihn. Kann ich dafuͤr!
c’est plus fort que moi!
Was Sie dagegen einzuwenden wiſſen, hab’ ich
mir ein Jahr lang ſelbſt geſagt. Am Ende half nichts
mehr. Jch wurde mit mir einig, — und mit ihm!
Was kuͤmmern mich die Andern. Und daß in ver-
gangener Nacht ſolches Unheil uͤber uns kam, iſt
nicht meine, iſt noch weniger ſeine, iſt nicht die Schuld
unſerer Liebe; nein, es iſt die Schuld derjenigen, die
mich verhindern wollte gluͤcklich zu ſein. Mich, die
ich ſo wenig Gluͤck erlebte, ſeitdem ich athme; mich,
der man wohl ein Bischen Gluͤck goͤnnen duͤrfte!
Haͤtten Sie mich gezwungen ihn zu meiden, ſo waͤr’
ich nicht entwichen, ihn zu ſuchen. Doch das verſteht
ſich: der Schade den ich verurſacht, trifft mich allein.
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/345>, abgerufen am 24.11.2024.
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