Auch nicht? Armer schwarzer Wolfgang! Aber doch Verwandte?
"Niemand. Meine Mutter ist im Zuchthause gestorben, eh' ich sechs Jahr' alt wurde. Mein Vater ward in Böhmen gehenkt."
Gott erbarme sich, das ist ja schrecklich!
"Warum denn schrecklich? Lustig ist's. Sie wis- sen nirgend, was sie mit mir anfangen sollen, weil ich nirgend eine Heimath habe. Jch bin hinter'm Zaune auf die Welt gekommen, wie eine Katze. Neulich hat mich der Landdragoner festgenommen, hat mich an seines Pferdes Schwanz gebunden und hinein auf's Amt geliefert. Der Landrath lachte, wie er mich erkannte, und sprach: was soll ich mit dem anfangen? Wohin ich ihn mit dem Schub schicke, wird er mir ewig wieder zurückgestellt; sie behalten ihn an keinem Orte, weil er an keinem Orte zu Hause ist. Es ist einmal unser Vagabunde; laßt ihn laufen! -- ha, so lauf' ich nu!"
Ach wie unglücklich mußt Du sein! rief Anton, der seine theilnehmende Rührung kaum zurückdrän- gen konnte.
"Unglücklich? Daß ich nicht wüßte. Jch kenn's ja nicht anders. War's doch von jeher so mit mir be-
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Auch nicht? Armer ſchwarzer Wolfgang! Aber doch Verwandte?
„Niemand. Meine Mutter iſt im Zuchthauſe geſtorben, eh’ ich ſechs Jahr’ alt wurde. Mein Vater ward in Boͤhmen gehenkt.“
Gott erbarme ſich, das iſt ja ſchrecklich!
„Warum denn ſchrecklich? Luſtig iſt’s. Sie wiſ- ſen nirgend, was ſie mit mir anfangen ſollen, weil ich nirgend eine Heimath habe. Jch bin hinter’m Zaune auf die Welt gekommen, wie eine Katze. Neulich hat mich der Landdragoner feſtgenommen, hat mich an ſeines Pferdes Schwanz gebunden und hinein auf’s Amt geliefert. Der Landrath lachte, wie er mich erkannte, und ſprach: was ſoll ich mit dem anfangen? Wohin ich ihn mit dem Schub ſchicke, wird er mir ewig wieder zuruͤckgeſtellt; ſie behalten ihn an keinem Orte, weil er an keinem Orte zu Hauſe iſt. Es iſt einmal unſer Vagabunde; laßt ihn laufen! — ha, ſo lauf’ ich nu!“
Ach wie ungluͤcklich mußt Du ſein! rief Anton, der ſeine theilnehmende Ruͤhrung kaum zuruͤckdraͤn- gen konnte.
„Ungluͤcklich? Daß ich nicht wuͤßte. Jch kenn’s ja nicht anders. War’s doch von jeher ſo mit mir be-
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Auch nicht? Armer ſchwarzer Wolfgang! Aber
doch Verwandte?
„Niemand. Meine Mutter iſt im Zuchthauſe
geſtorben, eh’ ich ſechs Jahr’ alt wurde. Mein Vater
ward in Boͤhmen gehenkt.“
Gott erbarme ſich, das iſt ja ſchrecklich!
„Warum denn ſchrecklich? Luſtig iſt’s. Sie wiſ-
ſen nirgend, was ſie mit mir anfangen ſollen, weil ich
nirgend eine Heimath habe. Jch bin hinter’m Zaune
auf die Welt gekommen, wie eine Katze. Neulich hat
mich der Landdragoner feſtgenommen, hat mich an
ſeines Pferdes Schwanz gebunden und hinein auf’s
Amt geliefert. Der Landrath lachte, wie er mich
erkannte, und ſprach: was ſoll ich mit dem anfangen?
Wohin ich ihn mit dem Schub ſchicke, wird er mir
ewig wieder zuruͤckgeſtellt; ſie behalten ihn an keinem
Orte, weil er an keinem Orte zu Hauſe iſt. Es iſt
einmal unſer Vagabunde; laßt ihn laufen! — ha, ſo
lauf’ ich nu!“
Ach wie ungluͤcklich mußt Du ſein! rief Anton,
der ſeine theilnehmende Ruͤhrung kaum zuruͤckdraͤn-
gen konnte.
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 1. Breslau, 1852, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden01_1852/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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