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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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Höchstes zu erreichen, das ist bereits sehr gewiß.
Und ein mittelmäßiger Kunstreiter ist doch wahrlich
noch elender, als ein mittelmäßiger Schauspieler?

"Wer sagt Jhnen das? Jch behaupte das Gegen-
theil. Ein Mensch, der sein Stück Arbeit auf dem
Pferde macht, ohne Jdeen, ohne Ansprüche auf Geist
und Gemüth, jedem höheren Streben entsagend, will
eben nichts Anderes sein, als was er ist. Jn seiner
Beschäftigung liegt sein Leben und wenn er nicht
vermag, als Kunstreiter zu glänzen, so bleibt ihm
gestattet, sich als tüchtiger Reiter und Pferdekenner
auszubilden; er giebt Unterricht; er nimmt zuletzt den
Rang eines Stallmeisters ein, der mit Pferden, auf Pfer-
den lebt und webt und wirkt, in seiner Art ein ganz tüch-
tiger Kerl sein kann. Jener Schauspieler jedoch, des-
sen Mittel und Fähigkeiten hinter seinen Ansprüchen,
dessen Darstellungsgaben hinter seinen Jntentionen
zurückbleiben, der fortdauernd, auch bei der geringsten
Rolle die man ihm anvertraut, aufgefordert wird, zu
denken, zu empfinden, in die Motive der bedeutende-
ren Schauspieler mit einzugehen, ihnen untergeordnet,
doch aufmerksam zur Seite stehen, .... duldet ein
solcher, wenn Ehrgeiz ihn anspornt, nicht fortwährende
Folterqualen? Kann es für ihn auch nur eine ruhige

Hoͤchſtes zu erreichen, das iſt bereits ſehr gewiß.
Und ein mittelmaͤßiger Kunſtreiter iſt doch wahrlich
noch elender, als ein mittelmaͤßiger Schauſpieler?

„Wer ſagt Jhnen das? Jch behaupte das Gegen-
theil. Ein Menſch, der ſein Stuͤck Arbeit auf dem
Pferde macht, ohne Jdeen, ohne Anſpruͤche auf Geiſt
und Gemuͤth, jedem hoͤheren Streben entſagend, will
eben nichts Anderes ſein, als was er iſt. Jn ſeiner
Beſchaͤftigung liegt ſein Leben und wenn er nicht
vermag, als Kunſtreiter zu glaͤnzen, ſo bleibt ihm
geſtattet, ſich als tuͤchtiger Reiter und Pferdekenner
auszubilden; er giebt Unterricht; er nimmt zuletzt den
Rang eines Stallmeiſters ein, der mit Pferden, auf Pfer-
den lebt und webt und wirkt, in ſeiner Art ein ganz tuͤch-
tiger Kerl ſein kann. Jener Schauſpieler jedoch, deſ-
ſen Mittel und Faͤhigkeiten hinter ſeinen Anſpruͤchen,
deſſen Darſtellungsgaben hinter ſeinen Jntentionen
zuruͤckbleiben, der fortdauernd, auch bei der geringſten
Rolle die man ihm anvertraut, aufgefordert wird, zu
denken, zu empfinden, in die Motive der bedeutende-
ren Schauſpieler mit einzugehen, ihnen untergeordnet,
doch aufmerkſam zur Seite ſtehen, .... duldet ein
ſolcher, wenn Ehrgeiz ihn anſpornt, nicht fortwaͤhrende
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[104/0106] Hoͤchſtes zu erreichen, das iſt bereits ſehr gewiß. Und ein mittelmaͤßiger Kunſtreiter iſt doch wahrlich noch elender, als ein mittelmaͤßiger Schauſpieler? „Wer ſagt Jhnen das? Jch behaupte das Gegen- theil. Ein Menſch, der ſein Stuͤck Arbeit auf dem Pferde macht, ohne Jdeen, ohne Anſpruͤche auf Geiſt und Gemuͤth, jedem hoͤheren Streben entſagend, will eben nichts Anderes ſein, als was er iſt. Jn ſeiner Beſchaͤftigung liegt ſein Leben und wenn er nicht vermag, als Kunſtreiter zu glaͤnzen, ſo bleibt ihm geſtattet, ſich als tuͤchtiger Reiter und Pferdekenner auszubilden; er giebt Unterricht; er nimmt zuletzt den Rang eines Stallmeiſters ein, der mit Pferden, auf Pfer- den lebt und webt und wirkt, in ſeiner Art ein ganz tuͤch- tiger Kerl ſein kann. Jener Schauſpieler jedoch, deſ- ſen Mittel und Faͤhigkeiten hinter ſeinen Anſpruͤchen, deſſen Darſtellungsgaben hinter ſeinen Jntentionen zuruͤckbleiben, der fortdauernd, auch bei der geringſten Rolle die man ihm anvertraut, aufgefordert wird, zu denken, zu empfinden, in die Motive der bedeutende- ren Schauſpieler mit einzugehen, ihnen untergeordnet, doch aufmerkſam zur Seite ſtehen, .... duldet ein ſolcher, wenn Ehrgeiz ihn anſpornt, nicht fortwaͤhrende Folterqualen? Kann es fuͤr ihn auch nur eine ruhige

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/106>, abgerufen am 23.11.2024.