Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

fallen, wobei er die Dame anblickte, und bemerkte,
daß sie ihn schon vorher auf eine fast zudringliche
Weise anstarre, als ob sie ihn mit ihren Augen ver-
schlingen wolle. So, daß er beschämt die seinigen
senkte und sich einen Schritt von ihr zurückzog. Wes-
halb er die wenigen leise-fragenden Worte, die sie an
ihn zu richten suchte, nicht deutlich vernahm. Schon
stand sie im Begriffe das eben Gesagte noch einmal
zu wiederholen, als über Anton's Schulter hinweg
eine Hand nach dem Hute langte und einige Gold-
stücke hineinfallen ließ. Zugleich fühlte er sich von
einer anderen Hand am Rockschoß gezupft; wendete
sich, einen ungeschickten Taschendieb argwöhnend,
rasch um, und erkannte .... die Dame die er im
Theater gesehen und seitdem vergeblich aufgesucht!
Jhr Begleiter, der die Goldstücke gespendet, führte
sie jetzt, -- zog sie vielmehr an seinem Arme aus dem
Gedränge fort! --

Keine Frage, daß sie es gewesen!

Und sie hatte ihm ihre Nähe heimlich kund geben
wollen!?

Er gedachte nicht mehr der Frau, die so gern sich
ihm verständlich gemacht hätte; er vergaß den fast
bittenden Blick, womit sie ihn betrachtet hatte; er

fallen, wobei er die Dame anblickte, und bemerkte,
daß ſie ihn ſchon vorher auf eine faſt zudringliche
Weiſe anſtarre, als ob ſie ihn mit ihren Augen ver-
ſchlingen wolle. So, daß er beſchaͤmt die ſeinigen
ſenkte und ſich einen Schritt von ihr zuruͤckzog. Wes-
halb er die wenigen leiſe-fragenden Worte, die ſie an
ihn zu richten ſuchte, nicht deutlich vernahm. Schon
ſtand ſie im Begriffe das eben Geſagte noch einmal
zu wiederholen, als uͤber Anton’s Schulter hinweg
eine Hand nach dem Hute langte und einige Gold-
ſtuͤcke hineinfallen ließ. Zugleich fuͤhlte er ſich von
einer anderen Hand am Rockſchoß gezupft; wendete
ſich, einen ungeſchickten Taſchendieb argwoͤhnend,
raſch um, und erkannte .... die Dame die er im
Theater geſehen und ſeitdem vergeblich aufgeſucht!
Jhr Begleiter, der die Goldſtuͤcke geſpendet, fuͤhrte
ſie jetzt, — zog ſie vielmehr an ſeinem Arme aus dem
Gedraͤnge fort! —

Keine Frage, daß ſie es geweſen!

Und ſie hatte ihm ihre Naͤhe heimlich kund geben
wollen!?

Er gedachte nicht mehr der Frau, die ſo gern ſich
ihm verſtaͤndlich gemacht haͤtte; er vergaß den faſt
bittenden Blick, womit ſie ihn betrachtet hatte; er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="272"/>
fallen, wobei er die Dame anblickte, und bemerkte,<lb/>
daß &#x017F;ie ihn &#x017F;chon vorher auf eine fa&#x017F;t zudringliche<lb/>
Wei&#x017F;e an&#x017F;tarre, als ob &#x017F;ie ihn mit ihren Augen ver-<lb/>
&#x017F;chlingen wolle. So, daß er be&#x017F;cha&#x0364;mt die &#x017F;einigen<lb/>
&#x017F;enkte und &#x017F;ich einen Schritt von ihr zuru&#x0364;ckzog. Wes-<lb/>
halb er die wenigen lei&#x017F;e-fragenden Worte, die &#x017F;ie an<lb/>
ihn zu richten &#x017F;uchte, nicht deutlich vernahm. Schon<lb/>
&#x017F;tand &#x017F;ie im Begriffe das eben Ge&#x017F;agte noch einmal<lb/>
zu wiederholen, als u&#x0364;ber Anton&#x2019;s Schulter hinweg<lb/>
eine Hand nach dem Hute langte und einige Gold-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;cke hineinfallen ließ. Zugleich fu&#x0364;hlte er &#x017F;ich von<lb/>
einer anderen Hand am Rock&#x017F;choß gezupft; wendete<lb/>
&#x017F;ich, einen unge&#x017F;chickten Ta&#x017F;chendieb argwo&#x0364;hnend,<lb/>
ra&#x017F;ch um, und erkannte .... die Dame die er im<lb/>
Theater ge&#x017F;ehen und &#x017F;eitdem vergeblich aufge&#x017F;ucht!<lb/>
Jhr Begleiter, der die Gold&#x017F;tu&#x0364;cke ge&#x017F;pendet, fu&#x0364;hrte<lb/>
&#x017F;ie jetzt, &#x2014; zog &#x017F;ie vielmehr an &#x017F;einem Arme aus dem<lb/>
Gedra&#x0364;nge fort! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Keine Frage, daß <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> es gewe&#x017F;en!</p><lb/>
        <p>Und &#x017F;ie hatte <hi rendition="#g">ihm</hi> ihre Na&#x0364;he heimlich kund geben<lb/>
wollen!?</p><lb/>
        <p>Er gedachte nicht mehr der Frau, die &#x017F;o gern &#x017F;ich<lb/>
ihm ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich gemacht ha&#x0364;tte; er vergaß den fa&#x017F;t<lb/>
bittenden Blick, womit &#x017F;ie ihn betrachtet hatte; er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0274] fallen, wobei er die Dame anblickte, und bemerkte, daß ſie ihn ſchon vorher auf eine faſt zudringliche Weiſe anſtarre, als ob ſie ihn mit ihren Augen ver- ſchlingen wolle. So, daß er beſchaͤmt die ſeinigen ſenkte und ſich einen Schritt von ihr zuruͤckzog. Wes- halb er die wenigen leiſe-fragenden Worte, die ſie an ihn zu richten ſuchte, nicht deutlich vernahm. Schon ſtand ſie im Begriffe das eben Geſagte noch einmal zu wiederholen, als uͤber Anton’s Schulter hinweg eine Hand nach dem Hute langte und einige Gold- ſtuͤcke hineinfallen ließ. Zugleich fuͤhlte er ſich von einer anderen Hand am Rockſchoß gezupft; wendete ſich, einen ungeſchickten Taſchendieb argwoͤhnend, raſch um, und erkannte .... die Dame die er im Theater geſehen und ſeitdem vergeblich aufgeſucht! Jhr Begleiter, der die Goldſtuͤcke geſpendet, fuͤhrte ſie jetzt, — zog ſie vielmehr an ſeinem Arme aus dem Gedraͤnge fort! — Keine Frage, daß ſie es geweſen! Und ſie hatte ihm ihre Naͤhe heimlich kund geben wollen!? Er gedachte nicht mehr der Frau, die ſo gern ſich ihm verſtaͤndlich gemacht haͤtte; er vergaß den faſt bittenden Blick, womit ſie ihn betrachtet hatte; er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/274
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/274>, abgerufen am 24.11.2024.