Worte: noch zu kindisch, um persönlich angestrengt und ausdauernd am grünen Tische zu arbeiten. Aber wo ich noch am Geschäfte Theil nahm, sah man mich gern: denn ich bin nicht unglücklich in Bekanntschaf- ten mit reichen Muttersöhnen, die leicht Behagen an mir finden und dann wie Fliegen an mir hängen. Lämmer zu entdecken und zuzuführen, darin such' ich meines Gleichen."
König aller Barone! rief Schmutzel wahrhaft begeistert aus.
Anton verneigte sich dankend, wußte jedoch keines- weges, wofür er die Huldigung empfangen. Diese Stelle aus seiner Rolle hatte er wörtlich memoriret, ohne ihre Bedeutung recht zu verstehen; -- wie dies ja auch manchen Schauspielern widerfahren soll!
Er war also doppelt froh, daß die Konversation durch Bärbels Eintritt unterbrochen wurde. Diese trat völlig unbefangen auf, erleichterte durch ihr Da- zwischenkommen seine verfängliche und drückende Stel- lung und ging, nachdem sie die herkömmlichen Dank- sagungsformeln für gestern noch einmal abgethan, in ihrer Dreistigkeit, -- um nicht Unverschämtheit zu sagen, -- so weit, Theodor aufmerksam zu machen auf die merkwürdige Aehnlichkeit des Herrn Baron
Worte: noch zu kindiſch, um perſoͤnlich angeſtrengt und ausdauernd am gruͤnen Tiſche zu arbeiten. Aber wo ich noch am Geſchaͤfte Theil nahm, ſah man mich gern: denn ich bin nicht ungluͤcklich in Bekanntſchaf- ten mit reichen Mutterſoͤhnen, die leicht Behagen an mir finden und dann wie Fliegen an mir haͤngen. Laͤmmer zu entdecken und zuzufuͤhren, darin ſuch’ ich meines Gleichen.“
Koͤnig aller Barone! rief Schmutzel wahrhaft begeiſtert aus.
Anton verneigte ſich dankend, wußte jedoch keines- weges, wofuͤr er die Huldigung empfangen. Dieſe Stelle aus ſeiner Rolle hatte er woͤrtlich memoriret, ohne ihre Bedeutung recht zu verſtehen; — wie dies ja auch manchen Schauſpielern widerfahren ſoll!
Er war alſo doppelt froh, daß die Konverſation durch Baͤrbels Eintritt unterbrochen wurde. Dieſe trat voͤllig unbefangen auf, erleichterte durch ihr Da- zwiſchenkommen ſeine verfaͤngliche und druͤckende Stel- lung und ging, nachdem ſie die herkoͤmmlichen Dank- ſagungsformeln fuͤr geſtern noch einmal abgethan, in ihrer Dreiſtigkeit, — um nicht Unverſchaͤmtheit zu ſagen, — ſo weit, Theodor aufmerkſam zu machen auf die merkwuͤrdige Aehnlichkeit des Herrn Baron
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0299"n="297"/>
Worte: noch zu kindiſch, um perſoͤnlich angeſtrengt<lb/>
und ausdauernd am gruͤnen Tiſche zu arbeiten. Aber<lb/>
wo ich noch am Geſchaͤfte Theil nahm, ſah man mich<lb/>
gern: denn ich bin nicht ungluͤcklich in Bekanntſchaf-<lb/>
ten mit reichen Mutterſoͤhnen, die leicht Behagen an<lb/>
mir finden und dann wie Fliegen an mir haͤngen.<lb/><hirendition="#g">Laͤmmer</hi> zu entdecken und zuzufuͤhren, darin ſuch’<lb/>
ich meines Gleichen.“</p><lb/><p>Koͤnig aller Barone! rief Schmutzel wahrhaft<lb/>
begeiſtert aus.</p><lb/><p>Anton verneigte ſich dankend, wußte jedoch keines-<lb/>
weges, wofuͤr er die Huldigung empfangen. Dieſe<lb/>
Stelle aus ſeiner Rolle hatte er woͤrtlich memoriret,<lb/>
ohne ihre Bedeutung recht zu verſtehen; — wie dies<lb/>
ja auch manchen Schauſpielern widerfahren ſoll!</p><lb/><p>Er war alſo doppelt froh, daß die Konverſation<lb/>
durch Baͤrbels Eintritt unterbrochen wurde. Dieſe<lb/>
trat voͤllig unbefangen auf, erleichterte durch ihr Da-<lb/>
zwiſchenkommen ſeine verfaͤngliche und druͤckende Stel-<lb/>
lung und ging, nachdem ſie die herkoͤmmlichen Dank-<lb/>ſagungsformeln fuͤr geſtern noch einmal abgethan, in<lb/>
ihrer Dreiſtigkeit, — um nicht Unverſchaͤmtheit zu<lb/>ſagen, —ſo weit, Theodor aufmerkſam zu machen<lb/>
auf die merkwuͤrdige Aehnlichkeit des Herrn Baron<lb/></p></div></body></text></TEI>
[297/0299]
Worte: noch zu kindiſch, um perſoͤnlich angeſtrengt
und ausdauernd am gruͤnen Tiſche zu arbeiten. Aber
wo ich noch am Geſchaͤfte Theil nahm, ſah man mich
gern: denn ich bin nicht ungluͤcklich in Bekanntſchaf-
ten mit reichen Mutterſoͤhnen, die leicht Behagen an
mir finden und dann wie Fliegen an mir haͤngen.
Laͤmmer zu entdecken und zuzufuͤhren, darin ſuch’
ich meines Gleichen.“
Koͤnig aller Barone! rief Schmutzel wahrhaft
begeiſtert aus.
Anton verneigte ſich dankend, wußte jedoch keines-
weges, wofuͤr er die Huldigung empfangen. Dieſe
Stelle aus ſeiner Rolle hatte er woͤrtlich memoriret,
ohne ihre Bedeutung recht zu verſtehen; — wie dies
ja auch manchen Schauſpielern widerfahren ſoll!
Er war alſo doppelt froh, daß die Konverſation
durch Baͤrbels Eintritt unterbrochen wurde. Dieſe
trat voͤllig unbefangen auf, erleichterte durch ihr Da-
zwiſchenkommen ſeine verfaͤngliche und druͤckende Stel-
lung und ging, nachdem ſie die herkoͤmmlichen Dank-
ſagungsformeln fuͤr geſtern noch einmal abgethan, in
ihrer Dreiſtigkeit, — um nicht Unverſchaͤmtheit zu
ſagen, — ſo weit, Theodor aufmerkſam zu machen
auf die merkwuͤrdige Aehnlichkeit des Herrn Baron
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/299>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.