Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

mit jenem Korbmacherjungen aus Liebenau, der an
dem "bewußten ersten Abend" beim Erndtekranzfeste
zugegen gewesen!

Richtig, sagte Theodor, das ist's! Wußt' ich
doch gar nicht, wo ich die Aehnlichkeit suchen sollte,
die mir gleich beim ersten Anblick des Barons auf-
fiel!? Richtig, der Liebenauer Korbmacher! Entschul-
digen Sie, theurer Baron, daß Sie einem solchen
gemeinen Bengel ähnlich sehen. -- Was war doch
aus ihm geworden, meine Gute? Wie? Jst er nicht
davon gelaufen? Jch dächte meine Beamten hätten
mir davon gesprochen?

"Freilich," entgegnete Bärbel, "davon gelaufen
bei Nacht und Nebel. Und längst gestorben und ver-
dorben; man hat nichts mehr von ihm vernommen.
Gott hab' ihn selig."

Durch diese kühne Wendung hatte das schlaue
Weib auch die letzte Bedenklichkeit beseitiget, welche
Theodors Argwohn gegen einen Baron von ihrer
Fabrik vielleicht hätte erregen können!

Von jetzt an gehörte Anton unter die schlechte
Gesellschaft, welche sich bisweilen die gute nennt.



mit jenem Korbmacherjungen aus Liebenau, der an
dem „bewußten erſten Abend“ beim Erndtekranzfeſte
zugegen geweſen!

Richtig, ſagte Theodor, das iſt’s! Wußt’ ich
doch gar nicht, wo ich die Aehnlichkeit ſuchen ſollte,
die mir gleich beim erſten Anblick des Barons auf-
fiel!? Richtig, der Liebenauer Korbmacher! Entſchul-
digen Sie, theurer Baron, daß Sie einem ſolchen
gemeinen Bengel aͤhnlich ſehen. — Was war doch
aus ihm geworden, meine Gute? Wie? Jſt er nicht
davon gelaufen? Jch daͤchte meine Beamten haͤtten
mir davon geſprochen?

„Freilich,“ entgegnete Baͤrbel, „davon gelaufen
bei Nacht und Nebel. Und laͤngſt geſtorben und ver-
dorben; man hat nichts mehr von ihm vernommen.
Gott hab’ ihn ſelig.“

Durch dieſe kuͤhne Wendung hatte das ſchlaue
Weib auch die letzte Bedenklichkeit beſeitiget, welche
Theodors Argwohn gegen einen Baron von ihrer
Fabrik vielleicht haͤtte erregen koͤnnen!

Von jetzt an gehoͤrte Anton unter die ſchlechte
Geſellſchaft, welche ſich bisweilen die gute nennt.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0300" n="298"/>
mit jenem Korbmacherjungen aus Liebenau, der an<lb/>
dem &#x201E;bewußten er&#x017F;ten Abend&#x201C; beim Erndtekranzfe&#x017F;te<lb/>
zugegen gewe&#x017F;en!</p><lb/>
        <p>Richtig, &#x017F;agte Theodor, das i&#x017F;t&#x2019;s! Wußt&#x2019; ich<lb/>
doch gar nicht, wo ich die Aehnlichkeit &#x017F;uchen &#x017F;ollte,<lb/>
die mir gleich beim er&#x017F;ten Anblick des Barons auf-<lb/>
fiel!? Richtig, der Liebenauer Korbmacher! Ent&#x017F;chul-<lb/>
digen Sie, theurer Baron, daß Sie einem &#x017F;olchen<lb/>
gemeinen Bengel a&#x0364;hnlich &#x017F;ehen. &#x2014; Was war doch<lb/>
aus ihm geworden, meine Gute? Wie? J&#x017F;t er nicht<lb/>
davon gelaufen? Jch da&#x0364;chte meine Beamten ha&#x0364;tten<lb/>
mir davon ge&#x017F;prochen?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Freilich,&#x201C; entgegnete Ba&#x0364;rbel, &#x201E;davon gelaufen<lb/>
bei Nacht und Nebel. Und la&#x0364;ng&#x017F;t ge&#x017F;torben und ver-<lb/>
dorben; man hat nichts mehr von ihm vernommen.<lb/>
Gott hab&#x2019; ihn &#x017F;elig.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Durch die&#x017F;e ku&#x0364;hne Wendung hatte das &#x017F;chlaue<lb/>
Weib auch die letzte Bedenklichkeit be&#x017F;eitiget, welche<lb/>
Theodors Argwohn gegen einen Baron von ihrer<lb/>
Fabrik vielleicht ha&#x0364;tte erregen ko&#x0364;nnen!</p><lb/>
        <p>Von jetzt an geho&#x0364;rte Anton unter die &#x017F;chlechte<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, welche &#x017F;ich bisweilen die gute nennt.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0300] mit jenem Korbmacherjungen aus Liebenau, der an dem „bewußten erſten Abend“ beim Erndtekranzfeſte zugegen geweſen! Richtig, ſagte Theodor, das iſt’s! Wußt’ ich doch gar nicht, wo ich die Aehnlichkeit ſuchen ſollte, die mir gleich beim erſten Anblick des Barons auf- fiel!? Richtig, der Liebenauer Korbmacher! Entſchul- digen Sie, theurer Baron, daß Sie einem ſolchen gemeinen Bengel aͤhnlich ſehen. — Was war doch aus ihm geworden, meine Gute? Wie? Jſt er nicht davon gelaufen? Jch daͤchte meine Beamten haͤtten mir davon geſprochen? „Freilich,“ entgegnete Baͤrbel, „davon gelaufen bei Nacht und Nebel. Und laͤngſt geſtorben und ver- dorben; man hat nichts mehr von ihm vernommen. Gott hab’ ihn ſelig.“ Durch dieſe kuͤhne Wendung hatte das ſchlaue Weib auch die letzte Bedenklichkeit beſeitiget, welche Theodors Argwohn gegen einen Baron von ihrer Fabrik vielleicht haͤtte erregen koͤnnen! Von jetzt an gehoͤrte Anton unter die ſchlechte Geſellſchaft, welche ſich bisweilen die gute nennt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/300
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/300>, abgerufen am 25.06.2024.