Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebenundvierzigstes Kapitel.

Anton's Schutzgeist regt die Fittige, vermag aber noch nicht, sie zu entfalten,
weil Bärbels Bande zu fest sind.

Die meisten Spieler von Profession, mögen sie
noch so erpicht sein auf baaren Gewinn; mögen sie
schäbigen Wucherern gleich, oder hungernden Geiz
hälsen, sich am Glanze des Goldes letzen, sind mehr
oder weniger doch Verschwender, Schwelger, Schlem-
mer, jeder frivolen Laune des Augenbiicks fröhnend.
Selten findet sich einer, der schlau genug berechnete,
seiner Zukunft zu gedenken und wenigstens etwas von
dem mit Todesschweißen und Angstblut befleckten
Raube in Sicherheit zu bringen. Ein solcher gehörte
zu Theodors Umgebung. Der größte Theil der
Summen, die letzterer verlor, -- denn durch große
Verluste erkaufte seine Thorheit das beklagenswerthe
Glück, mit Rittern vom Stegereife durch Dick und
Dünn reiten zu dürfen, -- wanderte in die tiefen
Taschen des Herrn von Zwack; unter seines Gleichen
nur der "Wohlthäter" geheißen. Diesen tugendhaf-
ten Beinamen verdankte er seiner Herzlosigkeit; der
eisigen Kälte und Grausamkeit, womit er die Ver-
zweiflung unglücklicher Schlachtopfer zu belächeln

Siebenundvierzigſtes Kapitel.

Anton’s Schutzgeiſt regt die Fittige, vermag aber noch nicht, ſie zu entfalten,
weil Bärbels Bande zu feſt ſind.

Die meiſten Spieler von Profeſſion, moͤgen ſie
noch ſo erpicht ſein auf baaren Gewinn; moͤgen ſie
ſchaͤbigen Wucherern gleich, oder hungernden Geiz
haͤlſen, ſich am Glanze des Goldes letzen, ſind mehr
oder weniger doch Verſchwender, Schwelger, Schlem-
mer, jeder frivolen Laune des Augenbiicks froͤhnend.
Selten findet ſich einer, der ſchlau genug berechnete,
ſeiner Zukunft zu gedenken und wenigſtens etwas von
dem mit Todesſchweißen und Angſtblut befleckten
Raube in Sicherheit zu bringen. Ein ſolcher gehoͤrte
zu Theodors Umgebung. Der groͤßte Theil der
Summen, die letzterer verlor, — denn durch große
Verluſte erkaufte ſeine Thorheit das beklagenswerthe
Gluͤck, mit Rittern vom Stegereife durch Dick und
Duͤnn reiten zu duͤrfen, — wanderte in die tiefen
Taſchen des Herrn von Zwack; unter ſeines Gleichen
nur der „Wohlthaͤter“ geheißen. Dieſen tugendhaf-
ten Beinamen verdankte er ſeiner Herzloſigkeit; der
eiſigen Kaͤlte und Grauſamkeit, womit er die Ver-
zweiflung ungluͤcklicher Schlachtopfer zu belaͤcheln

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0301" n="299"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Siebenundvierzig&#x017F;tes Kapitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p> <hi rendition="#c">Anton&#x2019;s Schutzgei&#x017F;t regt die Fittige, vermag aber noch nicht, &#x017F;ie zu entfalten,<lb/>
weil Bärbels Bande zu fe&#x017F;t &#x017F;ind.</hi> </p>
        </argument><lb/>
        <p>Die mei&#x017F;ten Spieler von Profe&#x017F;&#x017F;ion, mo&#x0364;gen &#x017F;ie<lb/>
noch &#x017F;o erpicht &#x017F;ein auf baaren Gewinn; mo&#x0364;gen &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;bigen Wucherern gleich, oder hungernden Geiz<lb/>
ha&#x0364;l&#x017F;en, &#x017F;ich am Glanze des Goldes letzen, &#x017F;ind mehr<lb/>
oder weniger doch Ver&#x017F;chwender, Schwelger, Schlem-<lb/>
mer, jeder frivolen Laune des Augenbiicks fro&#x0364;hnend.<lb/>
Selten findet &#x017F;ich einer, der &#x017F;chlau genug berechnete,<lb/>
&#x017F;einer Zukunft zu gedenken und wenig&#x017F;tens etwas von<lb/>
dem mit Todes&#x017F;chweißen und Ang&#x017F;tblut befleckten<lb/>
Raube in Sicherheit zu bringen. <hi rendition="#g">Ein</hi> &#x017F;olcher geho&#x0364;rte<lb/>
zu Theodors Umgebung. Der gro&#x0364;ßte Theil der<lb/>
Summen, die letzterer verlor, &#x2014; denn durch große<lb/>
Verlu&#x017F;te erkaufte &#x017F;eine Thorheit das beklagenswerthe<lb/>
Glu&#x0364;ck, mit Rittern vom Stegereife durch Dick und<lb/>
Du&#x0364;nn reiten zu du&#x0364;rfen, &#x2014; wanderte in die tiefen<lb/>
Ta&#x017F;chen des Herrn von Zwack; unter &#x017F;eines Gleichen<lb/>
nur der &#x201E;Wohltha&#x0364;ter&#x201C; geheißen. Die&#x017F;en tugendhaf-<lb/>
ten Beinamen verdankte er &#x017F;einer Herzlo&#x017F;igkeit; der<lb/>
ei&#x017F;igen Ka&#x0364;lte und Grau&#x017F;amkeit, womit er die Ver-<lb/>
zweiflung unglu&#x0364;cklicher Schlachtopfer zu bela&#x0364;cheln<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0301] Siebenundvierzigſtes Kapitel. Anton’s Schutzgeiſt regt die Fittige, vermag aber noch nicht, ſie zu entfalten, weil Bärbels Bande zu feſt ſind. Die meiſten Spieler von Profeſſion, moͤgen ſie noch ſo erpicht ſein auf baaren Gewinn; moͤgen ſie ſchaͤbigen Wucherern gleich, oder hungernden Geiz haͤlſen, ſich am Glanze des Goldes letzen, ſind mehr oder weniger doch Verſchwender, Schwelger, Schlem- mer, jeder frivolen Laune des Augenbiicks froͤhnend. Selten findet ſich einer, der ſchlau genug berechnete, ſeiner Zukunft zu gedenken und wenigſtens etwas von dem mit Todesſchweißen und Angſtblut befleckten Raube in Sicherheit zu bringen. Ein ſolcher gehoͤrte zu Theodors Umgebung. Der groͤßte Theil der Summen, die letzterer verlor, — denn durch große Verluſte erkaufte ſeine Thorheit das beklagenswerthe Gluͤck, mit Rittern vom Stegereife durch Dick und Duͤnn reiten zu duͤrfen, — wanderte in die tiefen Taſchen des Herrn von Zwack; unter ſeines Gleichen nur der „Wohlthaͤter“ geheißen. Dieſen tugendhaf- ten Beinamen verdankte er ſeiner Herzloſigkeit; der eiſigen Kaͤlte und Grauſamkeit, womit er die Ver- zweiflung ungluͤcklicher Schlachtopfer zu belaͤcheln

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/301
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/301>, abgerufen am 18.05.2024.