pflegte, denen, wenn sie aus seinen kunstfertigen Hän- den kamen, gewöhnlich nur die Wahl blieb zwischen Arbeitshaus und Selbstmord. Dieser Wohlthäter der Menschheit konnte wie Rosenkranz nicht ohne Gül- denstern und Güldenstern nicht ohne Rosenkranz, so nicht ohne Herrn von Schmutzel gedacht werden; sie ergänzten sich gegenseitig auf ihren Kunstreisen. Und wie zwei Personen jenes Kalibers in Shakespear's Augen dazu erforderlich schienen, einen faden Hof- kavalier abzugeben, so gehörten zwei ganze Schurken zusammen, um nach Wohlthäters Meinung einen vollständigen Chevalier der Jndustrie zu bilden: er lieferte das vollwangige, rothe, mild-lächelnde, Ver- trauen-einflößende Biedermannsgesicht; Schmutzel seinerseits gab den derben, kräftigen, soldatischen Ver- treter bei allen Ehren-Sachen und Schande-Händeln. Der Wohlthäter handhabte die Karten, Herr von Schmutzel führte die Pistolen, wenn vielleicht ein Voreiliger naseweis genug gewesen sein sollte, sich zu verwundern, daß die Karten immer fielen, wie sie fallen sollten!
Den größten Beweis, wie sehr Wohlthäter seinen erhabenen Ruf und Beinamen verdiente, gab wohl die innige Verbindung mit Theodor, dem sie eingere-
pflegte, denen, wenn ſie aus ſeinen kunſtfertigen Haͤn- den kamen, gewoͤhnlich nur die Wahl blieb zwiſchen Arbeitshaus und Selbſtmord. Dieſer Wohlthaͤter der Menſchheit konnte wie Roſenkranz nicht ohne Guͤl- denſtern und Guͤldenſtern nicht ohne Roſenkranz, ſo nicht ohne Herrn von Schmutzel gedacht werden; ſie ergaͤnzten ſich gegenſeitig auf ihren Kunſtreiſen. Und wie zwei Perſonen jenes Kalibers in Shakeſpear’s Augen dazu erforderlich ſchienen, einen faden Hof- kavalier abzugeben, ſo gehoͤrten zwei ganze Schurken zuſammen, um nach Wohlthaͤters Meinung einen vollſtaͤndigen Chevalier der Jnduſtrie zu bilden: er lieferte das vollwangige, rothe, mild-laͤchelnde, Ver- trauen-einfloͤßende Biedermannsgeſicht; Schmutzel ſeinerſeits gab den derben, kraͤftigen, ſoldatiſchen Ver- treter bei allen Ehren-Sachen und Schande-Haͤndeln. Der Wohlthaͤter handhabte die Karten, Herr von Schmutzel fuͤhrte die Piſtolen, wenn vielleicht ein Voreiliger naſeweis genug geweſen ſein ſollte, ſich zu verwundern, daß die Karten immer fielen, wie ſie fallen ſollten!
Den groͤßten Beweis, wie ſehr Wohlthaͤter ſeinen erhabenen Ruf und Beinamen verdiente, gab wohl die innige Verbindung mit Theodor, dem ſie eingere-
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pflegte, denen, wenn ſie aus ſeinen kunſtfertigen Haͤn-
den kamen, gewoͤhnlich nur die Wahl blieb zwiſchen
Arbeitshaus und Selbſtmord. Dieſer Wohlthaͤter der
Menſchheit konnte wie Roſenkranz nicht ohne Guͤl-
denſtern und Guͤldenſtern nicht ohne Roſenkranz, ſo
nicht ohne Herrn von Schmutzel gedacht werden; ſie
ergaͤnzten ſich gegenſeitig auf ihren Kunſtreiſen. Und
wie zwei Perſonen jenes Kalibers in Shakeſpear’s
Augen dazu erforderlich ſchienen, einen faden Hof-
kavalier abzugeben, ſo gehoͤrten zwei ganze Schurken
zuſammen, um nach Wohlthaͤters Meinung einen
vollſtaͤndigen Chevalier der Jnduſtrie zu bilden: er
lieferte das vollwangige, rothe, mild-laͤchelnde, Ver-
trauen-einfloͤßende Biedermannsgeſicht; Schmutzel
ſeinerſeits gab den derben, kraͤftigen, ſoldatiſchen Ver-
treter bei allen Ehren-Sachen und Schande-Haͤndeln.
Der Wohlthaͤter handhabte die Karten, Herr von
Schmutzel fuͤhrte die Piſtolen, wenn vielleicht ein
Voreiliger naſeweis genug geweſen ſein ſollte, ſich zu
verwundern, daß die Karten immer fielen, wie ſie
fallen ſollten!
Den groͤßten Beweis, wie ſehr Wohlthaͤter ſeinen
erhabenen Ruf und Beinamen verdiente, gab wohl
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/302>, abgerufen am 24.11.2024.
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