seine Person um sich haben; sein Aeußeres, seine bescheidene Anmuth, waren für sie das Aushängeschild, womit sie junge Fremdlinge, denen das Pariser Stein- pflaster unter den Füßen und ihre Mutterpfennige in den Taschen brannten, und die ihnen der Mühe werth schienen, anzulocken suchten. Der Baron machte leicht Bekanntschaften, führte diese ihnen zu, ohne zu überlegen, was er that? Und wenn die Aermsten, dem liebenswürdigen, treuherzigen Jüng- linge vertrauend, in die Raubhöhle abgeliefert waren, bemächtigte sich seiner jene Zaub'rerin, welche dort waltend, im Stillen ihr Wesen trieb. Einmal beim Kartenspiele, vergaß Theodor Alles, sogar Bärbels Reize, und Bärbel benützte jede Stunde für sich und ihre Zwecke.
Nur ausnahmsweise geschah es, daß bei Theodor auch Damen gesehen wurden. Bärbel liebte das nicht. Denn, äußerte sie ganz richtig gegen Anton. auf wen können wir rechnen? Nur auf meines Glei- chen! Und meines Gleichen macht sich nicht besonders gut in großer Gesellschaft. Wir sind besser unter uns? Nicht wahr, Anton?
Desto häufiger wurden kleine Souper's gegeben, bei denen sie als Frau vom Hause unter laüter Män-
ſeine Perſon um ſich haben; ſein Aeußeres, ſeine beſcheidene Anmuth, waren fuͤr ſie das Aushaͤngeſchild, womit ſie junge Fremdlinge, denen das Pariſer Stein- pflaſter unter den Fuͤßen und ihre Mutterpfennige in den Taſchen brannten, und die ihnen der Muͤhe werth ſchienen, anzulocken ſuchten. Der Baron machte leicht Bekanntſchaften, fuͤhrte dieſe ihnen zu, ohne zu uͤberlegen, was er that? Und wenn die Aermſten, dem liebenswuͤrdigen, treuherzigen Juͤng- linge vertrauend, in die Raubhoͤhle abgeliefert waren, bemaͤchtigte ſich ſeiner jene Zaub’rerin, welche dort waltend, im Stillen ihr Weſen trieb. Einmal beim Kartenſpiele, vergaß Theodor Alles, ſogar Baͤrbels Reize, und Baͤrbel benuͤtzte jede Stunde fuͤr ſich und ihre Zwecke.
Nur ausnahmsweiſe geſchah es, daß bei Theodor auch Damen geſehen wurden. Baͤrbel liebte das nicht. Denn, aͤußerte ſie ganz richtig gegen Anton. auf wen koͤnnen wir rechnen? Nur auf meines Glei- chen! Und meines Gleichen macht ſich nicht beſonders gut in großer Geſellſchaft. Wir ſind beſſer unter uns? Nicht wahr, Anton?
Deſto haͤufiger wurden kleine Souper’s gegeben, bei denen ſie als Frau vom Hauſe unter lauͤter Maͤn-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0306"n="304"/>ſeine Perſon um ſich haben; ſein Aeußeres, ſeine<lb/>
beſcheidene Anmuth, waren fuͤr ſie das Aushaͤngeſchild,<lb/>
womit ſie junge Fremdlinge, denen das Pariſer Stein-<lb/>
pflaſter unter den Fuͤßen und ihre Mutterpfennige<lb/>
in den Taſchen brannten, und die ihnen der Muͤhe<lb/>
werth ſchienen, anzulocken ſuchten. Der Baron<lb/>
machte leicht Bekanntſchaften, fuͤhrte dieſe ihnen zu,<lb/>
ohne zu uͤberlegen, was er that? Und wenn die<lb/>
Aermſten, dem liebenswuͤrdigen, treuherzigen Juͤng-<lb/>
linge vertrauend, in die Raubhoͤhle abgeliefert waren,<lb/>
bemaͤchtigte ſich <hirendition="#g">ſeiner</hi> jene Zaub’rerin, welche dort<lb/>
waltend, im Stillen ihr Weſen trieb. Einmal beim<lb/>
Kartenſpiele, vergaß Theodor Alles, ſogar Baͤrbels<lb/>
Reize, und Baͤrbel benuͤtzte jede Stunde fuͤr ſich und<lb/>
ihre Zwecke.</p><lb/><p>Nur ausnahmsweiſe geſchah es, daß bei Theodor<lb/>
auch Damen geſehen wurden. Baͤrbel liebte das<lb/>
nicht. Denn, aͤußerte ſie ganz richtig gegen Anton.<lb/>
auf wen koͤnnen <hirendition="#g">wir</hi> rechnen? Nur auf meines Glei-<lb/>
chen! Und meines Gleichen macht ſich nicht beſonders<lb/>
gut in großer Geſellſchaft. Wir ſind beſſer unter<lb/>
uns? Nicht wahr, Anton?</p><lb/><p>Deſto haͤufiger wurden kleine Souper’s gegeben,<lb/>
bei denen ſie als Frau vom Hauſe unter lauͤter Maͤn-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[304/0306]
ſeine Perſon um ſich haben; ſein Aeußeres, ſeine
beſcheidene Anmuth, waren fuͤr ſie das Aushaͤngeſchild,
womit ſie junge Fremdlinge, denen das Pariſer Stein-
pflaſter unter den Fuͤßen und ihre Mutterpfennige
in den Taſchen brannten, und die ihnen der Muͤhe
werth ſchienen, anzulocken ſuchten. Der Baron
machte leicht Bekanntſchaften, fuͤhrte dieſe ihnen zu,
ohne zu uͤberlegen, was er that? Und wenn die
Aermſten, dem liebenswuͤrdigen, treuherzigen Juͤng-
linge vertrauend, in die Raubhoͤhle abgeliefert waren,
bemaͤchtigte ſich ſeiner jene Zaub’rerin, welche dort
waltend, im Stillen ihr Weſen trieb. Einmal beim
Kartenſpiele, vergaß Theodor Alles, ſogar Baͤrbels
Reize, und Baͤrbel benuͤtzte jede Stunde fuͤr ſich und
ihre Zwecke.
Nur ausnahmsweiſe geſchah es, daß bei Theodor
auch Damen geſehen wurden. Baͤrbel liebte das
nicht. Denn, aͤußerte ſie ganz richtig gegen Anton.
auf wen koͤnnen wir rechnen? Nur auf meines Glei-
chen! Und meines Gleichen macht ſich nicht beſonders
gut in großer Geſellſchaft. Wir ſind beſſer unter
uns? Nicht wahr, Anton?
Deſto haͤufiger wurden kleine Souper’s gegeben,
bei denen ſie als Frau vom Hauſe unter lauͤter Maͤn-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/306>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.