ohnedies nicht, fügte man hinzu) -- habe sich zur Zufriedenheit des Wirthes nach einer anderen umgethan; und in dieser ihn ausfindig zu machen, dürfte Bedenklichkeiten haben, da der windige Musikant solche unfehlbar so ausgesucht hätte, wie sie seinen Gläubigern auf das Längste unzugänglich bleiben könne.
Nun wohlan, sprach Anton, ich treibe mich so lange in den Straßen umher, bis ich ihn doch einmal begegne!
Das öfters erwähnte Tagebuch enthält aus dieser Periode sehr ausführliche Schilderungen. Eben weil dieselben des Schreibers innerliche Zustände auf's Genaueste darstellen und von äußern Begebenheiten wenig oder nichts zu melden haben, bieten sie dem Gange der Handlung keinen Stoff, dringen nur in's Seelenleben. Jhren ganzen Verfolg mitzutheilen spinnen sie sich zu sehr in die Breite; einzelne Sätze aus dem Zusammenhange gerissen würden unklar bleiben. Bewundernswürdig aber erscheint die geistige Kraft, mit fester Hand und sicherer Feder auf's Papier zu stellen, wie nach und nach jede Freude am Dasein, jede Hoffnung auf wiederkehrendes Glück im Herzen eines jungen Menschen erstirbt; wie Man-
ohnedies nicht, fuͤgte man hinzu) — habe ſich zur Zufriedenheit des Wirthes nach einer anderen umgethan; und in dieſer ihn ausfindig zu machen, duͤrfte Bedenklichkeiten haben, da der windige Muſikant ſolche unfehlbar ſo ausgeſucht haͤtte, wie ſie ſeinen Glaͤubigern auf das Laͤngſte unzugaͤnglich bleiben koͤnne.
Nun wohlan, ſprach Anton, ich treibe mich ſo lange in den Straßen umher, bis ich ihn doch einmal begegne!
Das oͤfters erwaͤhnte Tagebuch enthaͤlt aus dieſer Periode ſehr ausfuͤhrliche Schilderungen. Eben weil dieſelben des Schreibers innerliche Zuſtaͤnde auf’s Genaueſte darſtellen und von aͤußern Begebenheiten wenig oder nichts zu melden haben, bieten ſie dem Gange der Handlung keinen Stoff, dringen nur in’s Seelenleben. Jhren ganzen Verfolg mitzutheilen ſpinnen ſie ſich zu ſehr in die Breite; einzelne Saͤtze aus dem Zuſammenhange geriſſen wuͤrden unklar bleiben. Bewundernswuͤrdig aber erſcheint die geiſtige Kraft, mit feſter Hand und ſicherer Feder auf’s Papier zu ſtellen, wie nach und nach jede Freude am Daſein, jede Hoffnung auf wiederkehrendes Gluͤck im Herzen eines jungen Menſchen erſtirbt; wie Man-
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ohnedies nicht, fuͤgte man hinzu) — habe ſich zur
Zufriedenheit des Wirthes nach einer anderen
umgethan; und in dieſer ihn ausfindig zu machen,
duͤrfte Bedenklichkeiten haben, da der windige
Muſikant ſolche unfehlbar ſo ausgeſucht haͤtte, wie ſie
ſeinen Glaͤubigern auf das Laͤngſte unzugaͤnglich
bleiben koͤnne.
Nun wohlan, ſprach Anton, ich treibe mich ſo
lange in den Straßen umher, bis ich ihn doch einmal
begegne!
Das oͤfters erwaͤhnte Tagebuch enthaͤlt aus dieſer
Periode ſehr ausfuͤhrliche Schilderungen. Eben weil
dieſelben des Schreibers innerliche Zuſtaͤnde auf’s
Genaueſte darſtellen und von aͤußern Begebenheiten
wenig oder nichts zu melden haben, bieten ſie dem
Gange der Handlung keinen Stoff, dringen nur in’s
Seelenleben. Jhren ganzen Verfolg mitzutheilen
ſpinnen ſie ſich zu ſehr in die Breite; einzelne Saͤtze
aus dem Zuſammenhange geriſſen wuͤrden unklar
bleiben. Bewundernswuͤrdig aber erſcheint die
geiſtige Kraft, mit feſter Hand und ſicherer Feder
auf’s Papier zu ſtellen, wie nach und nach jede Freude
am Daſein, jede Hoffnung auf wiederkehrendes Gluͤck
im Herzen eines jungen Menſchen erſtirbt; wie Man-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/336>, abgerufen am 27.11.2024.
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