Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Physiker, Chemiker, Techniker zu vollenden, wonach Phyſiker, Chemiker, Techniker zu vollenden, wonach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="16"/> Phyſiker, Chemiker, Techniker zu vollenden, wonach<lb/> er eine Stellung in Bruͤſſel, oder gar Paris zu finden<lb/> dachte. Er ſah mich und faßte fuͤr mich jene gluͤhende<lb/> Paſſion, die mit verderblicher Gewalt ſich bisweilen<lb/> eines jungen Mannes um ſo furchtbarer bemaͤchtiget,<lb/> wenn er ſelbſt noch ganz unverdorben iſt. Da er<lb/> keinen Begriff haben konnte von meiner Schlechtig-<lb/> keit, weil er uͤberhaupt nicht zu ahnen vermochte, daß<lb/> es Teufel meiner Gattung in dieſer Geſtalt und in ſo<lb/> zarter Jugend auf Erden gebe, ließ er kein Mittel<lb/> unverſucht, ſich mir zunaͤhern. Jch, ſeine Schuͤch-<lb/> ternheit durchſchauend, kam ihm ſittſam entgegen,<lb/> war ſchlau genug, ihn uͤber mich und meine Eigen-<lb/> ſchaften zu taͤuſchen, ſpielte die Vorwurfsfreie, die<lb/> nur aus Liebe fuͤr ihn ſich ſchwach zeige und ſchloß<lb/> auf dieſe Art ein Buͤndniß, welches ihn begluͤckte,<lb/> welches er fuͤr ein unaufloͤsliches betrachtete. Dies<lb/> that ich, weil ein ſolches Spiel mir neu war; anfaͤng-<lb/> lich ohne tiefere Empfindung. Ja, ich verſpottete<lb/> ſeine Leichtglaͤubigkeit, indem ich ihm Treue ſchwur.<lb/> Aber das dauerte nicht lange. Der wahren, aufrich-<lb/> tigen Feuergluth heißer Liebe widerſteht fuͤhlloſe Haͤrte<lb/> zuletzt doch auch nicht. Waͤhrend ich noch waͤhnte,<lb/> dies Verhaͤltniß zu beherrſchen und ihn von mir zu<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0020]
Phyſiker, Chemiker, Techniker zu vollenden, wonach
er eine Stellung in Bruͤſſel, oder gar Paris zu finden
dachte. Er ſah mich und faßte fuͤr mich jene gluͤhende
Paſſion, die mit verderblicher Gewalt ſich bisweilen
eines jungen Mannes um ſo furchtbarer bemaͤchtiget,
wenn er ſelbſt noch ganz unverdorben iſt. Da er
keinen Begriff haben konnte von meiner Schlechtig-
keit, weil er uͤberhaupt nicht zu ahnen vermochte, daß
es Teufel meiner Gattung in dieſer Geſtalt und in ſo
zarter Jugend auf Erden gebe, ließ er kein Mittel
unverſucht, ſich mir zunaͤhern. Jch, ſeine Schuͤch-
ternheit durchſchauend, kam ihm ſittſam entgegen,
war ſchlau genug, ihn uͤber mich und meine Eigen-
ſchaften zu taͤuſchen, ſpielte die Vorwurfsfreie, die
nur aus Liebe fuͤr ihn ſich ſchwach zeige und ſchloß
auf dieſe Art ein Buͤndniß, welches ihn begluͤckte,
welches er fuͤr ein unaufloͤsliches betrachtete. Dies
that ich, weil ein ſolches Spiel mir neu war; anfaͤng-
lich ohne tiefere Empfindung. Ja, ich verſpottete
ſeine Leichtglaͤubigkeit, indem ich ihm Treue ſchwur.
Aber das dauerte nicht lange. Der wahren, aufrich-
tigen Feuergluth heißer Liebe widerſteht fuͤhlloſe Haͤrte
zuletzt doch auch nicht. Waͤhrend ich noch waͤhnte,
dies Verhaͤltniß zu beherrſchen und ihn von mir zu
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