Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.stoßen, sobald es mir nöthig scheinen würde, war Die Vagabunden. IV. 2
ſtoßen, ſobald es mir noͤthig ſcheinen wuͤrde, war Die Vagabunden. IV. 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="17"/> ſtoßen, ſobald es mir noͤthig ſcheinen wuͤrde, war<lb/> Reinhard ſchon der Herr meines Willens geworden.<lb/> Jch ging ernſtlich mit mir zu Rathe und ich entdeckte,<lb/> daß ich fuͤr ihn empfand, was ich noch nie empfunden.<lb/> Zuerſt erſchrak ich vor mir und meinen Gefuͤhlen: ſah<lb/> ich doch meine wilde Freiheit gefaͤhrdet! Jch wollte<lb/> mich losreißen; ich verſuchte, ihm untreu zu werden.<lb/> Vergebliche Muͤhe! Die Wahrheit brach durch, das<lb/> Reich der Luͤge war zerſtoͤrt, die Suͤnde lag blos und<lb/> nackt in ihrem Schlamme zu meinen Fuͤßen — ich<lb/> gehoͤrte <hi rendition="#g">ihm!</hi> Doch zugleich begriff ich, daß ich ſeiner<lb/> Achtung, ſeiner Treue, daß ich <hi rendition="#g">Seiner</hi> nicht wuͤrdig<lb/> ſei! Und dies durft’ ich ihm nicht verſchweigen. Der<lb/> Arme! Wie bleich und erſchuͤttert ſtand er vor mir,<lb/> als ich meine Bekenntniſſe ihm ablegte, als ich ihm<lb/> enthuͤllte, <hi rendition="#g">wen</hi> er Geliebte nenne!? Nein, ich ſchonte<lb/> mich nicht. Tritt mich in den Koth, aus dem Du<lb/> mich erhoben haſt, rief ich ihm zu; wirf mich zuruͤck<lb/> in den Pfuhl, dem ich entſtiegen bin, Deine reine<lb/> Seele durch den Hauch dieſes Athems zu beflecken;<lb/> toͤdte mich, — aber verzeihe mir! Und er hob mich<lb/> auf und ſagte nur: „Was Du warſt, bevor Du mich<lb/> kannteſt, darf ich nicht richten, noch verdammen; die<lb/> Frage iſt nur, was Du warſt, ſeitdem ich Dich liebe,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Die Vagabunden. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 2</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0021]
ſtoßen, ſobald es mir noͤthig ſcheinen wuͤrde, war
Reinhard ſchon der Herr meines Willens geworden.
Jch ging ernſtlich mit mir zu Rathe und ich entdeckte,
daß ich fuͤr ihn empfand, was ich noch nie empfunden.
Zuerſt erſchrak ich vor mir und meinen Gefuͤhlen: ſah
ich doch meine wilde Freiheit gefaͤhrdet! Jch wollte
mich losreißen; ich verſuchte, ihm untreu zu werden.
Vergebliche Muͤhe! Die Wahrheit brach durch, das
Reich der Luͤge war zerſtoͤrt, die Suͤnde lag blos und
nackt in ihrem Schlamme zu meinen Fuͤßen — ich
gehoͤrte ihm! Doch zugleich begriff ich, daß ich ſeiner
Achtung, ſeiner Treue, daß ich Seiner nicht wuͤrdig
ſei! Und dies durft’ ich ihm nicht verſchweigen. Der
Arme! Wie bleich und erſchuͤttert ſtand er vor mir,
als ich meine Bekenntniſſe ihm ablegte, als ich ihm
enthuͤllte, wen er Geliebte nenne!? Nein, ich ſchonte
mich nicht. Tritt mich in den Koth, aus dem Du
mich erhoben haſt, rief ich ihm zu; wirf mich zuruͤck
in den Pfuhl, dem ich entſtiegen bin, Deine reine
Seele durch den Hauch dieſes Athems zu beflecken;
toͤdte mich, — aber verzeihe mir! Und er hob mich
auf und ſagte nur: „Was Du warſt, bevor Du mich
kannteſt, darf ich nicht richten, noch verdammen; die
Frage iſt nur, was Du warſt, ſeitdem ich Dich liebe,
Die Vagabunden. IV. 2
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