Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Doch du, um die in ewgem Schwunge Die Welt sich dreht, o Poesie, O, lege Gold auf meine Zunge Und in mein Herz gieß Melodie! In ewge Lieder laß mich weben, Wie du das Herz mir süß erhellt, Und wie so köstlich doch das Leben Und wie so wunderschön die Welt! Noch gährt's von Blinden und von Tauben Und mehr als ein Herz ward zum Stein, Ich aber lehre sie wieder glauben, Ich will der neue Johannes sein! In deine Wunder will ich wiegen Die Sehnsucht ihres kranken Seins, In deine Arme will ich sie schmiegen, Denn ich, du, sie ... o, wir alle sind Eins!" So lag ich träumend einst im Walde,
Wenn tiefblau rings der Himmel hing, Bis draußen hinter grüner Halde Die Sonne blutroth unterging. Doch du, um die in ewgem Schwunge Die Welt ſich dreht, o Poeſie, O, lege Gold auf meine Zunge Und in mein Herz gieß Melodie! In ewge Lieder laß mich weben, Wie du das Herz mir ſüß erhellt, Und wie ſo köſtlich doch das Leben Und wie ſo wunderſchön die Welt! Noch gährt's von Blinden und von Tauben Und mehr als ein Herz ward zum Stein, Ich aber lehre ſie wieder glauben, Ich will der neue Johannes ſein! In deine Wunder will ich wiegen Die Sehnſucht ihres kranken Seins, In deine Arme will ich ſie ſchmiegen, Denn ich, du, ſie ... o, wir alle ſind Eins!“ So lag ich träumend einſt im Walde,
Wenn tiefblau rings der Himmel hing, Bis draußen hinter grüner Halde Die Sonne blutroth unterging. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0276" n="254"/> <lg n="9"> <l>Doch du, um die in ewgem Schwunge</l><lb/> <l>Die Welt ſich dreht, o Poeſie,</l><lb/> <l>O, lege Gold auf meine Zunge</l><lb/> <l>Und in mein Herz gieß Melodie!</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>In ewge Lieder laß mich weben,</l><lb/> <l>Wie du das Herz mir ſüß erhellt,</l><lb/> <l>Und wie ſo köſtlich doch das Leben</l><lb/> <l>Und wie ſo wunderſchön die Welt!</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Noch gährt's von Blinden und von Tauben</l><lb/> <l>Und mehr als <hi rendition="#g">ein</hi> Herz ward zum Stein,</l><lb/> <l>Ich aber lehre ſie wieder glauben,</l><lb/> <l>Ich will der neue Johannes ſein!</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>In deine Wunder will ich wiegen</l><lb/> <l>Die Sehnſucht ihres kranken Seins,</l><lb/> <l>In deine Arme will ich ſie ſchmiegen,</l><lb/> <l>Denn ich, du, ſie ... o, wir alle ſind Eins!“</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>So lag ich träumend einſt im Walde,</l><lb/> <l>Wenn tiefblau rings der Himmel hing,</l><lb/> <l>Bis draußen hinter grüner Halde</l><lb/> <l>Die Sonne blutroth unterging.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0276]
Doch du, um die in ewgem Schwunge
Die Welt ſich dreht, o Poeſie,
O, lege Gold auf meine Zunge
Und in mein Herz gieß Melodie!
In ewge Lieder laß mich weben,
Wie du das Herz mir ſüß erhellt,
Und wie ſo köſtlich doch das Leben
Und wie ſo wunderſchön die Welt!
Noch gährt's von Blinden und von Tauben
Und mehr als ein Herz ward zum Stein,
Ich aber lehre ſie wieder glauben,
Ich will der neue Johannes ſein!
In deine Wunder will ich wiegen
Die Sehnſucht ihres kranken Seins,
In deine Arme will ich ſie ſchmiegen,
Denn ich, du, ſie ... o, wir alle ſind Eins!“
So lag ich träumend einſt im Walde,
Wenn tiefblau rings der Himmel hing,
Bis draußen hinter grüner Halde
Die Sonne blutroth unterging.
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